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Liebe und Gymnastik - Roman

Liebe und Gymnastik - Roman

Titel: Liebe und Gymnastik - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmondo de Amicis
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Bergsteigen verhält. Das anscheinend so konkrete und kompakte Thema verliert sich damit im Eifer der Propagatoren der Gymnastik immer wieder in einem gewaltigen Überbau von Ideen und in schier unabsehbaren Untergliederungen – eine diskursive Dynamik, die ihre eigene Komik hervorbringt.
    Jedes der Argumente, die hier hin- und hergewendet werden, ist ideologisch befrachtet. Wo für die katholische Amtskirche, die große Verliererin im nationalen Einigungsprozess, die Gymnastik nur von ernsthaften Studien abhalten und zur Unzucht verführen kann, begrüßten sie nationalliberale Kreise ob ihres Beitrags zur Wehrertüchtigung und Volksgesundheit. Ihnen hatte De Amicis zumindest bis in die späten Achtzigerjahre als Student der Militärakademie in Modena (1866–1870) und als Teilnehmer des Dritten Unabhängigkeitskriegs und der für Italien so desaströsen Schlacht von Custoza (1866) angehört. Der Armee des neuen italienischen Staats waren seine ersten literarischen Arbeiten gewidmet, darunter die Erzählungen und Skizzen von La vita militare (1868), in denen er immer wieder die Schönheit gymnastischer Übungen und ihre klassenübergreifende, einheitsstiftende Wirkung herausstrich. Hier konnte auch seine sozialistische Neuorientierung um 1890 anschließen: Der Körper des Fabrikarbeiters, unter den Bedingungen industrieller Produktion und kapitalistischer Ausbeutung von sich selbst entfremdet, bedarf in besonderer Weise der Gymnastik, um in Einklang mit sich selbst zu kommen, proletarische Solidarität in der gemeinschaftlichen Körperbewegung leibhaft zu erfahren und nicht zuletzt – wie Karl Kautsky 1900 auf dem Kongress der Sozialistischen Internationale in Paris proklamierte –, um für den revolutionären Kampf gerüstet zu sein. Ähnliche sozialistische Funktionszuschreibungen finden sich europaweit auch für das Radfahren: «Rote Radler» gab es eben nicht nur in Berlin, sondern auch, als «Ciclisti rossi», in Italien, hier auf Rädern der Marke «Avanti» («Vorwärts») mit Reifen der Marke «Carlo Marx». All dies zeigt, dass De Amicis’ Roman, bei aller Ironisierung der ausufernden Diskurse über die Leibeserziehung, so eng mit der Realgeschichte verknüpft ist, dass sich anhand dieser Erzählung allein die Geschichte der Gymnastik in ihren ideologischen Zusammenhängen rekonstruieren ließe. Keine geringe Leistung für ein so kurzes – und so amüsantes – Werk!
    Das Radfahren wie das Turnen und ebenso die Gymnastik waren zudem Körperpraktiken, mit denen die «Neue Frau» des feministischen Aufbruchs im späten 19. Jahrhundert, in Italien wie im übrigen Europa, ihre Autonomie und Ebenbürtigkeit demonstrierte. Pedani ist in dieser Hinsicht nicht nur eine sozialistische, sondern auch eine feministische Vorkämpferin der Gymnastik, die als Feministin das bürgerliche Rollenschema von Mann und Frau, von männlichen und weiblichen Verhaltensnormen in Frage stellt. Schon ihr Körper entspricht nicht den traditionellen Vorstellungen von weiblicher Schönheit: Sie ist «groß gewachsen» und «kräftig» von Statur, und ihr Gang und ihre Gesichtszüge waren «etwas zu männlich ausgefallen», wie es im einführenden Porträt heißt; sie spricht «mit männlicher Stimme»; sie hat das «Herz eines Mannes», und ihr maskuliner Charakter ist «jeder Weichheit und Süßlichkeit … abhold»; sie gilt als «ein mysteriöses Exemplar der Gattung Frau, unempfänglich für die Liebe und fast ohne Sexualtrieb». Entsprechend verschließt sich die «spartanische» Kriegerin in ihrem «Stolz einer wehrhaften Jungfräulichkeit» ganz dem gesellschaftlich vorgezeichneten weiblichen Lebenszweck von Ehe, Haushalt und Mutterschaft und zieht die Wohngemeinschaft mit ihrer Freundin Zibelli vor – eine Beziehung, in der sie deutlich die männliche Rolle spielt und die in der Tragikomik ihres schwierigen Zusammenlebens nicht frei von lesbischen Zügen ist. Kein Wunder, dass ihr Gymnastikapostel der energische Emilio Baumann ist, der den Zusammenhang zwischen Gymnastik und weiblicher Anmut verwarf und für die Mädchen eine «männlichere Schulung» forderte, während Zibelli, «ihrer mehr femininen Wesensart» folgend, es mit den sanfteren Methoden Rudolf Obermanns hält! Und kein Wunder auch, dass der Kuss, mit dem der Roman ausblendet, alle Konventionen weiblichen Anstands bricht: Nicht sie lässt sich küssen; sie selbst ergreift die Initiative und drückt ihm ihren Kuss auf.
    So handelt der Roman – wie so viele im

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