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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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des Verbandes. Ist das nicht toll?«
    » Ja, toll!«, sage ich anerkennend, obwohl ich nicht die leiseste Ahnung habe, was das für ein Verein sein soll, aber als ich Helenas böse blitzenden Augen sehe, wird mir schlagartig klar, dass diese Information ohnehin nur der Schwung für eine besonders fiese Linke ist.
    » Und, bei dir? Was macht der Job? Haben sie dir jetzt endlich mal eine richtige Festanstellung verpasst?«
    Ich könnte sie umbringen.
    » Na ja«, sage ich und lege mir ein frisches Lächeln auf. » Sagen wir so: Es sieht ganz danach aus, als würde sich mein Leben bald ganz dramatisch ändern!«
    Ich versuche ein Gesicht zu machen wie eine gewiefte Karrierefüchsin, die genau weiß, was sie will, abgebrüht und zugleich verschmitzt. Sophie von Hardenberg, eine Frau geht ihren Weg.
    » Wie?«, mischt sich jetzt wieder Lydia ein. » Das ist ja fantastisch! Hat Jan dir etwa einen Antrag gemacht?«
    Schnell, bitte, mein Riechsalz!
    » Nein, ich meinte das eher beruflich«, sage ich schnell. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass man mir die Wahrheit an der Nasenspitze ansieht. Ich habe keinen Freund mehr. Ich habe nur noch One-Night-Stands mit Männern, an deren Namen ich mich beim Aufwachen nicht mehr erinnern kann.
    » Wow, du machst Karriere«, seufzt Lydia in einem Tonfall, für den ich ihr gerne meine Vorspeisengabel in den Bauch rammen würde. » Dann interessiert dich ja vermutlich gar nicht, was in Großtante Johannas Testament verzeichnet ist?«
    Wie bitte? Wie widerwärtig ist das denn? Das Grab ist noch nicht ganz zugeschüttet, und schon geht es nur noch darum, sich möglichst schnell die Geldbörsen zu füllen. Und überhaupt: Alles, was Johanna besaß, war ihre Pension. Und ein klappriger, pinkfarbener Fiat Panda Allrad.

4
    Ihr Lieben,
    ich hatte ja bis zuletzt gehofft davonzukommen, jetzt hat es mich also doch erwischt. Wahrscheinlich seid ihr froh, mich los zu sein, was mir, das solltet ihr wissen, egal ist. Georg und ich haben ein herrliches Leben gehabt, mit Sonne und Frischluft und Liebe, auch wenn ihr mir das nicht glaubt.
    Na gut, na gut, ich will mich kurzfassen, Zeit ist schließlich Geld, was? Nun, ich habe von beidem nicht mehr viel. Wir haben es nie darauf angelegt, reich zu werden. Wir hatten Alrein, und das genügte.
    Ich weiß, wie viel die Pension und vor allem das Grundstück, auf dem sie steht, inzwischen wert sind, und ich weiß auch, dass es Leute gibt, die sofort bereit wären, diesen Betrag zu bezahlen, zur Not auch doppelt und dreifach. Deshalb vertraue ich Marianne und Gisela nicht. Ich will nicht, dass sie mein Lebenswerk, noch bevor mein Körper ausgekühlt ist, irgendeinem Immobilienhai zum Fraß vorwerfen – vor allem, weil Georgs Großvater uns das Grundstück damals unter einer Bedingung vererbt hat: Es muss in der Familie bleiben und zwar als ein einziges großes Stück Land. Es darf nicht aufgeteilt werden und muss ohne Zäune bleiben, offen für jeden Menschen und jedes Tier. Deshalb vererbe ich Alrein meiner Großnichte Sophie. Ich weiß, dass sie das Zeug dazu hat, die Pension weiterzuführen – wir haben es schließlich mit Gästen zu tun, die nicht nur ihre Rechnung begleichen, sondern sich bei uns auch wohl- und geborgen fühlen wollen.
    Liebe Sophie – ich vertraue darauf, dass Du etwas Besseres aus Alrein machen wirst als der Rest Deiner Familie es tun würde: dass Du das Haus und seine Tradition pflegst und erhältst und weiterführst. Ich hoffe, ihr könnt damit leben, ich will nämlich erst mal meine Ruhe da oben im Himmel oder wo auch immer ich jetzt bin.
    Ade, Johanna
    Der Notar verstummt, sieht einen Augenblick lang in die Runde, dann steckt er Tante Johannas Testament in die Aktenmappe zurück. Wir müssen irgendwelche Formulare unterschreiben, keiner von uns spricht.
    Als wir den Besprechungsraum des Hotel Atlantic verlassen und über dicke Teppichböden einen langen Flur zurück in Richtung Lobby stapfen, höre ich meine Mutter und Tante Marianne mühsam beherrscht miteinander flüstern. Ich verstehe nicht, was.
    Ich verstehe sowieso überhaupt nichts. Alrein? Ich?
    » Kommt, wir gehen noch einen Tee trinken«, schlägt Lydia plötzlich vor und marschiert, ohne auf die anderen zu warten, zum Café im Hotelatrium. Helena folgt ihr sogleich, Tante Marianne marschiert weiter in Richtung Ausgang, ohne sich noch einmal umzudrehen. Nur meine Eltern sind stehen geblieben.
    » Also, ehrlich gesagt, nach Tee ist mir im Augenblick nicht zumute«, sagt

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