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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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extra einen Abend ausgewählt, an dem sie frei hat. Es wäre mir wirklich wahnsinnig peinlich, hier so mit meinen Eltern zu sitzen, während sie in der Küche ein Piratentuch auf dem Kopf trägt und am ganzen Leib schwitzt.
    Die Kellner schweben davon, wir heben unsere Gläser. Meine Mutter sieht mich festlich und innig an, ich strahle zurück und nehme einen ordentlichen Schluck. Lecker. Als ich das Glas wieder senke, sehe ich, wie enttäuscht meine Mutter plötzlich ist. Oh weh. Sie hat sich wohl Hoffnungen gemacht, dass ich ihr endlich ihren allergrößten Wunsch erfülle: ein Baby von Jan.
    » Also, Sophie, was verschafft uns die Ehre?«, sagt mein Vater jetzt.
    » Tja, also.« Ich nehme noch einen Schluck, um meiner Mutter zu signalisieren, dass sie sich ihre Hoffnungen wirklich schenken kann. » Ich habe mir überlegt, dass ich gern nach Südtirol fahren würde, um Alrein wieder auf die Beine zu bringen. Helena und Lydia sagten, der Laden sei ziemlich heruntergewirtschaftet, und da habe ich gedacht …«
    » Aber Schätzchen!«, ruft meine Mutter. » Ich dachte, wir hätten uns geeinigt, dass du verkaufst!«
    Wir? Dass ich verkaufe? Na wartet … diese Zicken haben sie in der Zwischenzeit wohl ordentlich geimpft!
    » Nein, haben wir nicht«, verbessere ich sie. » Tante Johanna hat in ihrem Testament festgesetzt, dass Alrein weiter existieren soll. Ich weiß, dass du das anders siehst, aber ich finde, man sollte ihren letzten Willen respektieren.«
    » Sei nicht dumm, Sophie. Das ist ein Wunsch. In einem Testament ist so eine Formulierung doch gar nicht rechtsgültig«, plappert sie, als hätte sich das Thema damit ja wohl von selbst erledigt, Helenas und Lydias Worte nach.
    » Mama!«, sage ich so laut, dass sich ein schnöseliges Paar am Nachbartisch zu uns umdreht.
    » Aber Sophie, wie willst du das denn anstellen?«, mischt sich mein Vater ein, immerhin mit etwas versöhnlicherer Stimme. » Du hast doch überhaupt keine Erfahrung in der Gastronomie. Mal schnell zwei Wochen Urlaub nehmen und nebenbei eine Pension wieder auf die Beine stellen, so einfach ist das nun mal nicht.«
    » Zumal der größte Teil der Gäste immer auch wegen Johannas guter Küche gekommen ist«, unterbricht ihn meine Mutter. » Und ich will dir ja wirklich nicht zu nahetreten, Sophie. Aber was verstehst du denn bitte vom Kochen?«
    » Nicht, dass du nichts von meinem Organisationstalent geerbt hättest«, belehrt mich mein Vater weiter. » Aber als ich damals die kaufmännische Geschäftsführung der Henslein GmbH übernommen habe, habe ich Monate gebraucht, um überhaupt erst einmal …«
    » Mama, Papa …«
    Mein Vater verstummt.
    » Was?«, fragt meine Mutter.
    Man könnte die Luft am Tisch tranchieren und sie uns an Salatgarnitur zur Vorspeise servieren, so dick ist sie.
    » Ich werde mir in Zukunft so viel Zeit nehmen können, wie ich will«, sage ich mit wackeliger Stimme.
    » Was?«, ruft meine Mutter erstaunt. » Was soll das denn nun schon wieder für ein neues Arbeitsmodell sein?«
    » Kein Arbeitsmodell.«
    » Sondern?«
    » Ich bin gefeuert worden.«
    » Was?«, sagen die beiden einstimmig.
    » Ich bin arbeitslos.«
    Beide starren mich an, als hätte ich verkündet, dass Ärzte in meinem Bauch einen Alien entdeckt hätten und nun unsicher sind, ob ich den Versuch, es herauszuoperieren, überlebe: besorgt, aber doch nicht ganz ohne Ekel.
    » Seit wann?«, sagt mein Vater schließlich, und meine Mutter schlägt bestürzt die Hände vor dem Mund zusammen.
    » Seit letzter Woche«, sage ich, hebe die Schultern und senke sie wieder.
    » Aber wieso? Was hast du gemacht? Wie konnte das passieren?«, fragt meine Mutter mit einer Stimme, die bedrohlich in eine sehr hohe Tonlage kippt.
    » Ich habe nichts gemacht! Sie haben eine Blondine gefunden, die einen Harvard-Abschluss hat und Körbchengröße D, so konnte das passieren!« Ich muss mich beherrschen, sie nicht anzubrüllen, so aufgebracht bin ich. Dabei ist das eigentlich genau die Reaktion, mit der ich gerechnet hatte. Aber obwohl ich darauf eingestellt war, ist es mit meiner Mutter und mir immer wie in einem Horrorfilm. Du weißt ganz genau, dass der Psycho mit dem Messer im Dunkeln lauert, aber wenn er dann tatsächlich auftaucht, erschrickst du trotzdem wie verrückt. Obwohl jetzt also alles genauso ist wie immer, kann ich nichts dagegen tun. Mir steigen die Tränen in die Augen.
    » Ach je, ich wusste doch, dass sich das mit deinem Magisterzeugnis noch mal rächen

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