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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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gerastet. Ich sehe auf die Uhr – jetzt müsste er fertig sein.
    Ich spähe erneut in das Rezeptbuch.
    Das Backrohr auf 180 Grad vorheizen. Den Teig auf einem bemehlten Nudelbrett 40 x 26 cm groß ausrollen und auf ein gebuttertes (oder mit Papier ausgelegtes) Backblech legen.
    Backpapier habe ich gefunden, und ein Nudelholz auch. Vorsichtig streue ich Mehl auf ein großes Brett und lege die Teigkugel darauf. Natürlich habe ich kein Maßband in der Küche, deshalb stelle ich mir einfach mein Mac Book vor, das müsste ungefähr passen. Ich nehme das Nudelholz und rolle ein paarmal hin und her. Hey, das macht richtig Spaß – und ist eigentlich total einfach. Jetzt noch die Ecken auswalzen, und schon ist die Sache erledigt. Die Teigplatte auf das Backblech zu hieven ist deutlich schwieriger, und als sie endlich darauf liegt, hat sie deutlich an Form eingebüßt, doch mit ein paar Handgriffen sind die Dellen wieder ausgeglichen. Erwartungsvoll liegt der Teig jetzt vor mir.
    Die Apfelfülle auf den Teig geben und damit einschlagen.
    Ich verstreiche die Apfelmasse auf dem Teig, ganz gleichmäßig. Ich lasse mir Zeit, alles gut zu verteilen. Vielleicht war das der Fehler, den ich vorher mit der Suppe und den Knödeln gemacht habe – ich habe mich zu sehr hetzen lassen. Aber diesmal habe ich alle Zutaten vorbereitet und agiere mit fast schon chirurgischer Präzision und Ruhe.
    Ich schlage den Teig um und decke die Füllung damit zu wie ein schlafendes Kind. Dann bestreiche ich den Strudel mit einem verrührten Ei und schiebe ihn in den Ofen.
    Als es drin ist, sehe ich mir das Päckchen durch das Fenster in der Tür noch einmal an. Dann drehe ich die Eieruhr auf eine halbe Stunde und säubere die Küche von den Spuren des Krieges, den ich darin geführt habe.
    Sieht aus wie Apfelstrudel. Riecht wie Apfelstrudel. Mehr noch: Er riecht sogar himmlisch!
    Leider sagt das Rezept, dass er immer noch nicht fertig ist, deshalb suche ich ein Teesieb und fülle es mit Puderzucker. Bevor die Sauerei, die ich dabei anrichte, noch größer wird, versuche ich, das Zeug so schnell wie möglich halbwegs gleichmäßig über dem Kuchen zu verteilen.
    Und jetzt? Brauche ich sofort ein Messer.
    Ich weiß natürlich selbst, dass man Gebäck erst nach dem Abkühlen anschneiden soll, Sarah hat mich oft genug darauf hingewiesen, wenn ich mich gierig auf frisch Gebackenes von ihr gestürzt hab. Aber das hier soll ja kein Gourmetstrudel werden. Ein ganz normaler würde mir schon genügen. Außerdem läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
    Ich setze das Messer an. Die Kruste krümelt, ein kleines bisschen nur – perfekt. Ich drücke die Klinge herunter, eine goldbraune Masse quillt hervor. Aber zum Glück zerläuft sie nicht, sondern hält einigermaßen zusammen. Es flockt auch nichts, und der Strudel ist nur an den Stellen schlonzig, an denen er schlonzig gehört. Und: Er riecht immer noch köstlich.
    Ich bugsiere das Stück auf einen Teller und will schon damit auf die Terrasse gehen, da halte ich noch einmal inne und hole eine Dose Sprühsahne aus dem Kühlschrank. Ich schüttle sie gründlich, dann richte ich die Düse auf den Kuchen.
    Yes!
    Und weil die Sahne auf dem heißen Kuchen schmilzt wie Butter auf einer Scheibe Toast, entschließe ich mich, noch hier in der Küche den ersten Bissen zu nehmen.
    Ich nehme eine Gabel und steche hinein. Dann schließe ich die Augen und probiere.

15
    Ich sitze auf dem Dreifichtenbänkchen, die Sonne scheint, die Vöglein singen. Es ist warm, immerhin schon der 5. Juni. Seit dreieinhalb Wochen bin ich jetzt hier. Aber statt den Sommer zu genießen, könnte ich einfach nur heulen. Seit Tagen könnte ich einfach nur heulen. Ich meine, es gibt so wahnsinnig viele Menschen auf der Welt, und wenn man jetzt einmal von ein paar Ausnahmen absieht, also von Hausfrauen mit erhöhtem Tranquilizerkonsum oder gescheiterten Rockmusikern oder meinetwegen auch gewissen randständigen Existenzen, die ihre Habe in Plastiktüten von Norma transportieren, dann haben doch fast alle Menschen zumindest hin und wieder auch einmal Glück, oder?
    Das, was mir passiert, kann man nicht einmal mehr als Pech bezeichnen. Ich weiß nicht, was es ist und möchte auch nicht anmaßend wirken, aber es erinnert mich ein bisschen an Fukushima. Da kam auch alles zusammen.
    Meine schöne Werbeaktion zum Beispiel. Ich meine, der Apfelstrudel, den ich gebacken habe, war so wahnsinnig himmlisch lecker, dass mir das Glück fast aus den Ohren

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