Liebe und Marillenknödel
Genau genommen sind sie so kinderleicht, dass man eigentlich schon gar nicht mehr von Kochen sprechen kann.
Die Südtiroler Weinsuppe, zum Beispiel. Macht irre viel her, ist aber ganz einfach. Eigentlich wollte ich die ja als Vorspeise anbieten, als Teil eines Südtiroler Menüs, aber mal ehrlich – am Ende unterscheiden sich Vor- und Hauptspeisen ja vor allem durch die Größe der dargereichten Portionen.
Also, Rezeptbuch her. Da ist es.
Terlaner Weinsuppe, Zubereitung. 500 ml Rindssuppe und 150 ml Weißburgunder miteinander zum Kochen bringen.
Sag ich doch. Nur Wasserkochen ist leichter. Ach, das wird eine Supersuppe! Ich habe extra ausschließlich die besten Zutaten gekauft – selbst gekochte Brühe vom Disco-Metzger und feinsten Weißburgunder aus Terlan.
Vom Herd nehmen, 130 ml Schlagsahne und drei Eidotter einrühren und abschmecken mit Salz, Pfeffer und etwas Zimt.
Das mit dem Zimt klingt ungewöhnlich, ist aber der Trick an der Sache. Ich rühre alles mit einem Schneebesen unter und koste. Noch ein bisschen mehr Salz – lecker!
Bei kleinster Hitze wieder auf den Herd stellen und schlagen, bis die Suppe sämig ist. Währenddessen in einer Pfanne eine Handvoll Semmelwürfel in heißer Butter knusprig rösten.
Ich stelle die Suppe wieder auf den Herd und rühre. Ich hole eine Pfanne und rühre. Ich erhitze Butter in der Pfanne und rühre. Ich gebe ein bisschen klein geschnittenes Weißbrot in die Pfanne – und rühre. Ich sehe genauer in den Topf – offensichtlich muss ich noch gründlicher rühren, denn die Suppe ist immer noch nicht glatt und sämig, sondern voller heller Flöckchen, ungefähr so, wie wenn man Vanillepuddingpulver anrührt und noch Klümpchen darin sind. Also nehme ich die Pfanne wieder vom Herd, damit mir zwischendrin nicht die Croutons verbrennen und rühre weiter. Ich rühre ganz sanft und vorsichtig, dann etwas schneller und schließlich mit sehr hohem Tempo, aber die Klümpchen in der Suppe verschwinden nicht. Ich koste noch einmal – ihgitt.
Und ab ins Klo damit.
Frustriert trete ich hinaus auf die Terrasse. Irgendwie hatte ich mir das leichter vorgestellt. Ich war mir ganz sicher, mit ein bisschen Übung ein wunderbares Südtirol-Menü hinzukriegen. Inzwischen bin ich leider nicht mehr so zuversichtlich. Ich muss unbedingt Gianni wieder in die Küche bekommen und auf den neuen Kurs einschwören. Hoffentlich ist er bald wieder gesund!
Ich gehe ein paar Schritte, aber die Anspannung in mir will sich nicht lösen. Ich hätte gute Lust, mir eine Flasche Wein aufzumachen. Riesige Lust sogar! Aber ich fürchte, wenn ich hier oben das tue, was ich in Hamburg gemacht habe, nämlich mich immer dann, wenn es nicht so gut lief, mit einem schönen Glas Weißwein aufzuheitern – dann habe ich in zwei Wochen ein Alkoholproblem.
Wütend starre ich auf die Berge. Nach einer Weile habe ich das Gefühl, die Berge starren zurück.
Und plötzlich muss ich an das denken, was Tante Johanna mir einmal über die Südtiroler erzählt hat. Ich weiß noch, wo es war, unten am Bahnhof, als ich über so einen bulligen Typen gelacht habe, der stur immer wieder dieselbe Münze in den Fahrkartenautomaten warf, ohne auch nur daran zu denken, einfach zum Schalter zu gehen, vor dem keine Menschenseele Schlange stand.
» Sophie«, hat sie gesagt, » das, was du für Stumpfheit hältst, ist in Wirklichkeit Zähigkeit. Und diese Zähigkeit hat sich dieses Volk mühsam erworben – über Jahrhunderte hinweg! Die kannst du nicht in den Alsterarkaden kaufen und auch nicht im Internet, meine Liebe. Die kriegst du nur, wenn du versuchst, auf 2000 Metern Höhe eine Alm zu bewirten. Die Südtiroler sind nicht stur. Sie haben nur gelernt, dass man nicht aufgeben darf, wenn man einen Berg besteigen will.«
Genau in dem Augenblick hat der Automat die Münze des Mannes geschluckt und einen Fahrschein ausgespuckt. Kein Witz.
Die Berge starren immer noch. Entschlossen starre ich zurück.
Vielleicht ist es das. Vielleicht verlangt dieses Südtirol von einem, dass man ein bisschen mehr zum Südtiroler wird, zäh und unnachgiebig.
Und wenn dem so ist, dann bedeutet das für mich: auf in die nächste Runde.
Ich habe Äpfel geschält, entkernt und in kleine Stückchen geschnitten, jetzt vermische ich sie mit Zucker und Pinienkernen und Rosinen. Ein bisschen Zimt dazu und etwas Vanillezucker, und ein kleines bisschen Zitronenschale, das kenne ich ja schon. In einer Schüssel im Kühlschrank hat inzwischen der Teig
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