Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
Vom Netzwerk:
rausgequollen ist. Er war sogar so gut, dass ich den Plan für meinen Werbefeldzug spontan abgeändert habe. Ich habe das Schwarz-Weiß-Foto der Alreiner Küche aus dem Album genommen und bin damit in die kleine Werbeagentur in Sankt Damian marschiert. Da arbeitete eine nette junge Frau, die mich super beraten hat bei der Schriftart und der Papierqualität und all diesen Sachen, – und die so schnell gearbeitet hat, dass ich schon eine Woche später einen Pappkarton mit den Postkarten abholen konnte. Auf der Vorderseite war bloß das Bild abgedruckt, einfach so, kommentarlos. Auf der Rückseite war ein Stück Apfelstrudel zu sehen, darüber die Worte: GLÜCK MIT SAHNE . Und darunter: Ab sofort in Alrein: ofenwarmer Apfelstrudel, mit Vanilleeis oder Obers und einer schönen Tasse Kaffee. Täglich ab 15 Uhr.
    Wenn erst wieder Leben in der Bude ist, dann bekomme ich auch die Zimmer wieder voll, da war ich mir ganz sicher. Ich dachte, ich müsste einfach nur dafür sorgen, dass die Stimmung kippt! Ich habe die Postkarten in der ganzen Umgebung verteilt, in den Hotels und Pensionen im Tal, auf dem Tresen der Fleischhauerei, im Schreibwarenladen, in der Bäckerei, zwischen den Formularen im Gemeindehaus und im Fremdenverkehrsbüro.
    Dann habe ich mich wieder auf den Weg in Richtung Alrein gemacht. Doch kaum war ich aus Sankt Damian raus, habe ich angehalten und eines der Schilder vom Beifahrersitz genommen, die mir der Schreiner Bachhuber zu einem so stolzen Preis angefertigt hat, dass ich den Betrag umgehend wieder verdrängt habe.
    Ich ging auf den Baum zu, der am Wegesrand stand. Zwei Pfeile aus Holz waren an ihm angebracht, sie zeigten bergauf, in dieselbe Richtung. Das eine war schon etwas dunkler, auf dem stand Alrein. Auf dem helleren darunter hieß es ALPINE RELAX HOTEL . Es gibt diese Schilder überall in der Gegend, sie sollen Wanderern den Weg zu Gipfeln und Hütten weisen. Ich nahm einen Schraubenzieher aus der Tasche und brachte ein drittes darunter an. Es wies ebenfalls nach oben: GLÜCK MIT SAHNE . Ich wiederholte die Prozedur an jeder Weggabelung, und mit besonderer Gründlichkeit dort, wo ein Schild nach rechts die Richtung zum Alpine Relax wies, und eines nach links zu meiner Pension.
    An den ersten Tagen kamen tatsächlich auch Gäste, vor allem Touristen, die sich über ein neues Ausflugsziel freuten, aber auch ein paar Einheimische, die neugierig waren, was da oben in Alrein plötzlich los war. Ihnen allen schmeckte der Kuchen wunderbar und ich war ganz glücklich. Doch nach ein paar Tagen wurden die Gäste schlagartig weniger, weshalb ich mich entschloss, auch noch eine Anzeige in der Neuen Südtiroler Tageszeitung zu schalten – sogar eine mit Rabattgutschein: Kaffee und Kuchen, nur vier Euro. Das hat ein bisschen was gebracht, aber keinesfalls so viel, dass sich der Aufwand mit dem täglich frischen Kuchen lohnen würde.
    Trotzdem habe ich versucht, eine zähe Südtirolerin zu sein und nicht aufzugeben. Ich entschied, auch in anderen Tageszeitungen Inserate zu schalten, diesmal natürlich nicht für Apfelstrudel, sondern für die Pension. Im Reiseteil der Süddeutschen Zeitung zum Beispiel. Und in der Neuen Kärntner Tageszeitung. Und in den Salzburger Nachrichten. Und in der Neuen aus Tirol. Leider ist die Resonanz kläglich.
    Vor ein paar Tagen habe ich sogar Vera noch einmal angerufen und sie ganz offen gefragt, ob ein von Heinrich Hobrecht erbautes Berghotel der AD nicht zufällig einen Reisetipp wert wäre. Es war ihr wahnsinnig unangenehm, dass sie sich noch nicht längst bei mir gemeldet hatte, sie sagte, in den letzten Tagen sei in der Redaktion die Hölle los gewesen. Doch am nächsten Tag sollte es eine Heftkonferenz geben, und sie versprach, das Thema darin vorzustellen und sich dann wieder bei mir zu melden.
    Tja. Pustekuchen.
    Es ist ein Trauerspiel, wirklich. Vor allem, wenn man bedenkt, welche Mühe sich die Jirgls in den letzten zwei Wochen gegeben haben, um mir zu zeigen, wie wichtig ihnen ihre Jobs sind. Frau Jirgl hat alle Zimmer geputzt und mir nachmittags mit den Gästen geholfen. Herr Jirgl hat alle quietschenden Türen geölt und die Terrasse gefegt. Und er ist ganz von allein auf die Idee gekommen, die Gaststube und den Flur frisch zu streichen – was wirklich wieder einmal nötig war. Gut, genau an dem Nachmittag damit anzufangen, an dem zum ersten Mal seit Wochen wieder Gäste da sind, ist vielleicht nicht das brillanteste Timing – aber Eigeninitiative bleibt

Weitere Kostenlose Bücher