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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Madam. Sie reden über alles. Und so habe ich erfahren, daß Seine Hoheit einer der Hauptaktionäre bei der L & S ist. Da dachte ich mir, wenn die Eisenbahngesellschaft für ihn gut genug ist, sein Geld anzulegen, ist sie das auch für einen kleinen Mann wie mich. Ich habe meine Ersparnisse genommen und ebenfalls Aktien gekauft.“
    „Mein Gatte hat in verschiedene Firmen investiert“, erwiderte Lady Sara und krauste die Stirn. „Nicht alle werden gleichermaßen erfolgreich sein. Ich fände es schrecklich, wenn Sie Ihre Ersparnisse umsonst geopfert hätten, falls die L & S keine guten Erträge abwirft.“
    „Ganz im Gegenteil!“ versicherte Gates eifrig. „Die Entwicklung des Unternehmens ist ausgezeichnet. Der Wert meiner Anteile ist bereits um die Hälfte gestiegen.“
    „Ich verstehe nicht viel von solchen Geschäften“, räumte Lady Sara ein. „Aber wäre es nicht möglich, daß Aktien, die so schnell steigen, auch ebenso rasch wieder im Kurs fallen? Vielleicht sollten Sie jetzt verkaufen und mit dem Gewinn zufrieden sein.“
    „Ich bin überzeugt, die Tendenz des Marktes bleibt steigend“, entgegnete Gates und lächelte zufrieden. „Der Eisenbahn gehört die Zukunft, Madam. Sobald ich im Ruhestand bin, werde ich mich von meinen Anteilen trennen und von dem Erlös ein hübsches Gasthaus an der Südküste kaufen. Das Klima dort ist meinen alten Knochen zuträglicher.“
    Eines der Dienstmädchen durchquerte die Halle, und sogleich nahm der Butler die bei ihm gewohnte devote Haltung ein. Ein höhergestellter Domestike durfte sich gelegentlich die Freiheit herausnehmen, in vertraulichem Ton mit der Herrschaft zu plaudern, doch niemals in Gegenwart anderer Untergebener.

21. KAPITEL
    Sara begab sich zu den Stallungen und fand, daß der Tag äußerst eigenartig begonnen hatte. Die Gedanken an das erschütternde Thema verdrängend, über das sie sich mit Jane Miller unterhalten hatte, ließ sie sich von einem Reitjungen in den Sattel der stattlichen Rappstute helfen. Mikahl hatte ihr das rassige und doch sanftmütige Tier zur Hochzeit geschenkt, ihr den Namen Dschiujar gegeben und dabei lächelnd bemerkt, so hätte vor vielen Jahrhunderten eine tibetische Prinzessin geheißen, die erst von einem Lamamönch begehrt und dann in Liebe zu dem mongolischen Prinzen Samiya entbrannt war.
    Bei der Erinnerung an die Geschichte mußte Sara lächeln, und auf dem Weg nach Chapelgate Court kehrte ihre gute Stimmung vollends zurück. Noch waren die Tage sonnig und warm, aber es lag bereits ein Hauch des nahenden Herbstes in der Luft. Das Getreide war eingebracht worden; Strohgarben standen auf den abgeernteten Feldern, und in der Ferne zeichneten sich klar umrissen die Hügelketten der South Downs ab. Die Welt war sicher kein Ort, an dem es nur Schönes zu sehen gab, doch Sara freute es, daß sie in diesem hübschen Winkel der Erde leben konnte.
    Alastair kam ihr über die Freitreppe entgegen, als sie vor dem von vier weißen Säulen gestützten Portikus von Chapelgate Court anhielt, und rief erleichtert: „Wie schön, dich zu sehen, Sara! Deine Ankunft bewahrt mich vor der Entscheidung, ob ich das letzte Kapitel wegwerfen und neu schreiben soll.“
    „Nicht doch, mein Lieber!“ erwiderte Sara schmunzelnd. „Du kannst den Literaturliebhabern deine göttliche Prosa nicht vorenthalten!“
    „Göttlich?“ wiederholte Alastair gedehnt und verdrehte in gespieltem Entsetzen die Augen. „Mir scheint eher ein Teufelchen ins Handwerk zu pfuschen!“ Er streckte die Arme aus und hob Sara aus dem Sattel.
    Sie warf die Zügel dem sie begleitenden Reitknecht zu und erkundigte sich lachend: „Hat die Muse dich denn nicht geküßt?“
    Alastair legte der Cousine den Arm um die Schultern und sagte trocken: „Ich frage dich ja auch nicht, wie oft du geküßt wirst. Ich sehe selbst, wie gut die Ehe dir bekommt.“
    „Ja, es ist wundervoll, verheiratet zu sein“, stimmte Sara glücklich zu und errötete leicht.
    „Du bereust es nicht?“
    „Nein. Mikahl könnte nicht netter zu mir sein.“ „Flitterwochen dauern nicht ewig!“ sagte Alastair und schaute Sara ernst an, während sie die Stufen zum Portal hinaufgingen.
    „Natürlich nicht“, pflichtete sie dem Vetter bei. „Aber wie viele Leute haben wie ich das Glück, volle zwei Wochen unbeschwerter Seligkeit zu erleben? Die Erinnerung daran werde ich stets im Herzen bewahren, ganz gleich, was die Zukunft bringen mag.“ Sie warf Alastair einen schelmischen Blick zu.

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