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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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„Crawley!“ antwortete der Sekretär knapp.
    „Crawley?“ wiederholte Charles verärgert. „Hat er die Verträge nicht unterschrieben? Verdammt, wir wollen doch in einigen Tagen die Gleise über sein Land verlegen! Will der Kerl etwa noch mehr Geld? Er sollte zufrieden sein, daß er überhaupt eine Entschädigung bekommt!“
    „Ich habe ihn gar nicht angetroffen“, erklärte William Kane achselzuckend. „Er ist mit seiner Familie verschwunden samt allem Hab und Gut. Nachbarn haben mir erzählt, daß er den Hof schon vor Wochen verlassen hat. Allerdings wußte niemand, wohin er gefahren ist oder wann er zurückkommt.“ „Verflucht!“ brummte Charles mißmutig. „Mit dieser Entwicklung der Dinge habe ich nicht gerechnet. Weißt du, ob er an jemanden verkauft hat?“
    „Das scheint nicht der Fall zu sein.“
    Charles preßte die Lippen zusammen. Irgend etwas stimmte nicht an der Sache. Crawley hatte nicht die finanziellen Mittel, um sein Anwesen einfach aufgeben und sich anderenorts ansiedeln zu können. Aber vielleicht hatte ihn nur die Angst gepackt, daß ihm oder seinen Angehörigen wieder etwas zustoßen würde, falls er sich nicht mit dem Angebot der L & S einverstanden erklärte, und war deshalb für einige Zeit untergetaucht.
    Charles war es gleich, welche Beweggründe der Bauer für das Verschwinden haben mochte. Er würde sich an der Durchführung seiner Pläne nicht behindern lassen. „Gut“, sagte er entschlossen, „wir setzen die Streckenverlegung über Crawleys Land fort! Da der Dummkopf nicht mehr da ist, kann er auch keinen Einspruch erheben. Außerdem weiß niemand, daß unser Vorgehen ungesetzlich ist. Sollte Crawley zurückkehren, wird er uns den Abtretungsvertrag unterschreiben. Dann allerdings wird er keinen Penny sehen.“ Charles lachte hämisch. „Er wird es als Privileg betrachten müssen, daß die L & S über sein Gelände fährt.“
    Wortlos erhob sich William Kane und verließ das Zimmer.
    Charles griff nach den eingetroffenen Rechnungen und begann, sie sorgsam zu prüfen. Er hatte im Moment wahrlich Wichtigeres zu tun, als sich dauernd mit dem lästigen Crawley zu beschäftigen!
    Erst am späten Vormittag wachte Sara auf und läutete der Zofe. Mikahl hatte ihr gesagt, er müßte geschäftlich nach London fahren und würde nicht vor dem Abend nach Sulgrave Manor zurückkommen.
    Nachdem Jenny ihr das Frühstück ans Bett gebracht und sich ins Badezimmer begeben hatte, schenkte sie sich heiße Schokolade ein und überlegte, wie sie den Tag verbringen könnte. Nach zwei Wochen glücklicher Abgeschiedenheit mit Mikahl wurde es Zeit, sich wieder in der Welt blicken zu lassen. Sara beschloß, nach Chapelgate Court zu reiten und zum Lunch bei Alastair zu bleiben.
    Still lächelnd dachte sie, wie wunderbar es doch war, verheiratet zu sein. Sie liebte Mikahl, auch wenn er ihr nie gesagt hatte, was er für sie empfand. Wichtiger als Worte fand sie jedoch, daß er zärtlich, aufmerksam und liebevoll zu ihr war.
    Sie bedauerte, daß sie nicht viel über ihn wußte, und befürchtete auch, ihr gegenwärtiges Glück könnte nicht von langer Dauer sein. Über die Zukunft wollte sie sich jetzt indes keine Gedanken machen. Im übrigen war ja auch nicht gesagt, daß ihre Seligkeit bald ein Ende haben würde. Es konnte Monate, vielleicht Jahre dauern, ehe ein Schatten auf ihr Glück fiel. Ganz gleich, was das Schicksal ihr bringen mochte, die vergangenen zwei Wochen waren ihr jeden Kummer wert.
    Frohgemut läutete sie ein weiteres Mal, bat Jenny, ihr die Trembleuse abzunehmen und begab sich in das blaugekachelte Bad. Genüßlich dehnte sie sich im warmen Wasser, rief nach einer Weile die Zofe und ließ sich von ihr abtrocknen. Beschwingt eilte sie in das Ankleidezimmer, griff nach den bereitgelegten Unterkleidern und zog sich an.
    Die Zofe half ihr in eine hochgeschlossene weiße Bluse, eine elegante weiße Weste und ein tailliertes hellbraunes Reitkostüm. Dann schlang sie ihr das dunkelbraune Krawattentuch um den Hals und verknüpfte es zu einer kunstvollen Schleife. „Wenn Sie jetzt bitte Platz nehmen würden, damit ich Sie
    frisieren kann, Eure Hoheit“, bat Jenny höflich.
    Sara setzte sich auf das mit vergoldeten Schnitzereien verzierte blaudamastene Tabourett und wartete, bis das Mädchen ihr das spitzengesäumte Frisiertuch um die Schultern gelegt hatte, ehe sie sich freundlich erkundigte: „Gefällt dir Sulgrave Manor noch immer, Jenny? Inzwischen hattest du ja hinreichend

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