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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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sagte Harlow und entfernte sich.
    Es störte Michael, daß ein derartig förmliches Zeremoniell nötig war, um die eigene Frau zu besuchen. Verstimmt blieb er mitten im Raum stehen und bemühte sich, den Ärger zu beherrschen. Es behagte ihm auch nicht, mit Sara hier zu reden, und er nahm sich vor, sie zu einer Ausfahrt einzuladen oder zu bitten, ihn in die Park Street zu begleiten. Doch das würde sie vermutlich ablehnen, aus Sorge, er könnte zudringlich werden.
    Aber sie hatte sich ihm entfremdet, nicht er sich ihr. Er sehnte sich von ganzem Herzen nach ihr.
    Rasch drehte er sich um, als die Tür geöffnet wurde, sah jedoch den Schwiegervater eintreten. Schweigend schaute er ihn an. Sara zuliebe hatte er stets einen höflichen Umgangston mit dem Duke of Haddonfield gewahrt, doch Freunde waren sie nicht geworden.
    „Meine Tochter ist nicht daheim“, sagte Miles St. James kühl.
    „Wirklich nicht, oder ist das nur eine Ausflucht?“
    Irritiert über die Dreistigkeit, seine Worte zu bezweifeln, hob Miles eine Braue und erwiderte frostig: „Nein, Sara ist bei Bekannten, soweit ich weiß. Ich nehme an, sie kommt am Nachmittag zurück. Wann das sein wird, kann ich jedoch nicht sagen. Seit sie hier ist, sind wir uns nur selten begegnet.“
    „Ich verstehe.“ Flüchtig zog Michael in Betracht, auf sie zu warten, verwarf die Absicht indes sogleich. Es würde ihn nervös machen, stundenlang hier auszuharren. Zudem hatte er vor, mit Benjamin Slade, der inzwischen aus Sulgrave Manor eingetroffen war, die Polizei aufzusuchen und ihr das Beweismaterial für Weldons Verbrechen vorzulegen. Mit etwas Glück wurde dann sofort ein Haftbefehl ausgestellt, und sein Feind kam ins Gefängnis. „Bitte, richten Sie Sara aus, daß ich sie sprechen möchte. Ich halte mich in unserem Stadtpalais auf und werde ihr morgen noch einmal die Aufwartung machen,
    falls ich heute keine Nachricht von ihr bekomme.“
    „Ist das als Drohung zu werten?“ fragte Miles und lächelte spöttisch.
    „Nein, als Bitte, sich mit mir in Verbindung zu setzen“, antwortete Michael ruhig und fügte unwillkürlich hinzu: „Hat Sara Ihnen erklärt, warum sie hier ist?“
    „Nein, aber ich konnte mir denken, daß es irgendwelche Schwierigkeiten gegeben haben muß. Vielleicht haben Sie die Güte, mir den Grund zu nennen.“
    „Unsere Ansichten klafften in einigen Punkten auseinander“, erwiderte Michael ausweichend und beschloß, das Thema zu wechseln. „Gestern erhielt ich von Weldon eine Zahlungsanweisung über achtzigtausend Pfund zur Ablösung seiner Schuldscheine, die zur Stunde in meinem Besitz sind. In einem beigefügten Billett schrieb Weldon, Sie hätten ihm das Geld zur Verfügung gestellt, um meine angeblichen Machenschaften gegen einen ehrbaren englischen Gentleman zu durchkreuzen. Stimmt das, oder hat er die Herausgabe des Betrages von Ihnen erpreßt?“
    Miles spürte, daß er blaß wurde, und schwankte zwischen Zorn über die vermessene Frage und Schuldbewußtsein. Schließlich seufzte er, wies einladend auf einen Sessel und nahm selbst Platz. „Ja, man könnte es Erpressung nennen“, gestand er bedrückt. „Aber irgendwie habe ich es auch als eine Art Strafe betrachtet.“
    „Warum?“ fragte Michael erstaunt und setzte sich. „Weil Sie die Ehe zwischen Weldon und Sara favorisiert haben? Das war sicherlich ein Fehler!“
    „Gut, ich wußte, daß Sir Charles kein unbeschriebenes Blatt ist, doch welcher Mann begeht kein Kavaliersdelikt?“ verteidigte sich Miles. „Ich war wirklich der Ansicht, daß er Sara ein guter Gatte sein würde.“
    „Ihr zuliebe hätten Sie sich vorher gründlich über Weldon informieren müssen! Für Sie war er jedoch über jeden Tadel erhaben, und deshalb haben Sie ihm blind vertraut.“
    „Heute ist mir klar, daß ich unklug gewesen bin“, gestand Miles und senkte verlegen den Blick. „Damals war ich von der Richtigkeit meines Verhaltens überzeugt.“
    „Was weiß Weldon über Sie?“ erkundigte Michael sich unumwunden. „Gehören Sie etwa auch zu den Herren, die in seinen auf gewisse Geschmäcker spezialisierten Freudenhäusern verkehren? Er ist der Besitzer mehrerer dieser Etablissements, falls sich das bisher Ihrer Kenntnis entzogen haben sollte.“
    „Er ist der Eigentümer?“ Entsetzt schaute Miles den Schwiegersohn an. „Nun wird mir manches klar. Ja, es stimmt, ich habe wiederholt gewisse Lokalitäten aufgesucht. Nach dem Tode meiner Gattin fühlte ich mich wie ausgebrannt, zu nichts mehr

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