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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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fähig. Weldon schlug mir vor, mich in einer Umgebung aufzumuntern, wo man Männern wie mir neues Lebensgefühl vermitteln könnte. Schon nach dem ersten Mal merkte ich, daß ich süchtig auf diese Art der Ablenkung war, und ging immer wieder in das Etablissement. Weldon hat mich jedoch nie unter Druck gesetzt, sonst hätte ich ihm von vornherein zu verstehen gegeben, daß mit mir nicht zu handeln wäre. Er hat lediglich geäußert, wie sehr er Sara bewunderte, und seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, sie würde ihn als Gatten akzeptieren. Da ich wußte, daß er über meine Neigungen im Bilde war, habe ich meinen Einfluß auf Sara geltend gemacht, ihn zu heiraten.“
    Unwillkürlich fragte sich Michael, welche Art von Bordell Saras Vater aufgesucht haben mochte. Es konnte kein gewöhnliches gewesen sein, denn sonst hätte der Duke of Haddonfield nicht so ersichtliche Gewissenbisse gehabt. „In welchem Etablissement waren Sie? Bei Mrs. Cambridge, oder in dem Kinderbordell von Mrs. Bancroft?“ fragte er brüsk.
    „Kinderbordell?“ wiederholte Miles erschüttert. „Ich habe davon gehört, daß es so etwas gibt, aber Weldon kann unmöglich in solch schmutzige Geschäfte verstrickt sein!“
    „Im Gegenteil“, widersprach Michael trocken. „Auch ein englischer Gentleman ist sich nicht zu schade, in die Niederungen menschlichen Abschaumes hinabzusteigen! Ich glaube, Weldon fühlt sich in jedem Sumpf zu Hause.“
    Miles St. James zuckte wie unter einem Schlag zusammen. „Ich war kein Kunde in Mrs. Bancrofts Haus“, murmelte er langsam. „Ich verkehrte in dem anderen.“
    Der Schwiegervater genoß es also, sich auspeitschen zu lassen. Unter solchen Gegebenheiten war es verständlich, daß er Weldons Forderungen nachgegeben hatte. „Sie haben Sara also diesem Unmenschen anvertrauen wollen, als Gegenlei-stung für sein Schweigen“, sagte Michael kopfschüttelnd. „Der Himmel bewahre unschuldige Frauen vor englischen Gentlemen!“
    „Ich begreife, daß Sie mein Verhalten verwerflich finden“, räumte Miles betreten ein. „Aber vergessen Sie nicht, daß Sara damit einverstanden war, Weldons Gemahlin zu werden. Und ich hatte keine Ahnung, was für ein Mensch Sir Charles in Wirklichkeit ist, obgleich ich es mir vielleicht hätte denken sollen. Wäre es mir damals bekannt gewesen, hätte ich lieber eine öffentliche Bloßstellung in Kauf genommen, als meine Tochter diesem Lump zur Frau zu geben.“
    Jäh wurde Michael bewußt, daß auch er sich während der Auseinandersetzung mit Sara darauf berufen hatte, nicht geahnt zu haben, welche Konsequenzen sein Verhalten für Unbeteiligte haben mußte. Folglich stand es ihm jetzt nicht zu, Haddonfield zu kritisieren. Sie beide hatten Schuld auf sich geladen. Aber Saras Vater hatte wenigstens den Mut aufgebracht, seine Verfehlungen offen einzugestehen. Und wenn Michael wollte, daß Sara ihm vergab, mußte auch er ihrem Vater gegenüber Nachsicht walten lassen. Er stand auf und sagte: „Bitte, bestellen Sie Sara, sie könnte mich jederzeit erreichen, ganz gleich, wie spät sie nach Hause kommt.“ Auch Miles erhob sich. „Werden Sie ihr erzählen, was Sie soeben von mir gehört haben?“ fragte er beklommen.
    „Nein, ich sehe keinen Grund, warum sie das wissen sollte“, antwortete Michael. „Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Sara nicht ermutigen würden, sich endgültig von mir zu trennen.“
    „Ich werde mich nicht zwischen Sie und meine Tochter stellen“, versprach Miles erleichtert. „Sie sind ein besserer Mensch als Weldon oder ich“, fügte er leise hinzu. „Ich hoffe, Sara und Sie können die zwischen Ihnen bestehende Meinungsverschiedenheit klären.“
    „Danke.“ Michael verneigte sich knapp und verließ den Empfangsalon. Auf dem Weg zu seiner Kutsche wurde ihm deutlich, daß die Beziehung zwischen ihm und Haddonfield sich verändert hatte. Sie würden sicher nie Freunde werden, doch wenigstens brachten sie Verständnis füreinander auf.

30. KAPITEL
    Erst mittags wurde festgestellt, daß Elizabeth Weldon verschwunden war. Jeder hatte sie an einer anderen Stelle des Hauses vermutet.
    Lady Batsford hatte angenommen, die Tochter ihres Schwagers wäre beim Unterricht.
    Victoria, Anne und Lucille waren überzeugt gewesen, Eliza müßte nicht an den Übungen teilnehmen, da sie ja einige Tage zu Gast wäre.
    Dann war Elizabeth jedoch nicht zum Lunch erschienen und wurde überall gesucht. Viel Zeit verging, bis sicher war, daß sie sich nicht im Haus

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