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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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weiß es nicht. Aber man sagt, dass dort eine heilige Quelle entspringt. In alten Zeiten schon verehrte unser Volk diese Quelle. Sie glaubten, dort eine Art Energie oder Strömung zu verspüren.«
    Ich schaue auf. »Dimitri?«
    »Ja?«
    »Wo ist Chartres?« Ich ahne es zwar, aber ich muss es genau wissen.
    Sein Blick fängt meinen ein und in seinen Augen liegt die Bestätigung meiner Ahnung. »In Frankreich.«
    Ich versuche, die Teilchen des Puzzles, die wir haben, zusammenzusetzen, aber selbst die kleine Hoffnung, die sich regt, scheint zu schwinden. »Frankreich ist vielleicht kein großes Land, jedenfalls im Vergleich zu Amerika, aber es ist viel zu groß, um es mit dem Pferd zu durchkämmen. Wir brauchen auf jeden Fall einen Führer. Selbst wenn die fehlenden Seiten in Chartres versteckt sind – und dafür gibt es keinen stichhaltigen Beweis –, sind wir möglicherweise noch etliche Tagesreisen von diesem Ort entfernt.«
    Dimitri schüttelt den Kopf. »Das glaube ich nicht. Ich denke nicht, dass wir mehr als eine Tagesreise vom Weg abgekommen sind. Die Vorräte, die Gareth uns mitgab, sind schon fast aufgebraucht, was mich vermuten lässt, dass unsere Reise ohnehin nicht mehr lang hätte dauern sollen. Und wir dürfen uns wohl darauf verlassen, dass uns wenigstens Gareth nicht in die Irre führte. Wenn wir den Weg zurück bis zu der Stelle finden, wo wir uns von ihm getrennt haben, sind wir möglicherweise wieder auf der richtigen Fährte.«
    Alles, was er sagt, klingt vernünftig. Ich wüsste nicht, was wir anderes tun sollten, und ich spüre, wie sich ein leichtes Lächeln in meine Mundwinkel stiehlt, das erste seit Stunden.
    »Also schön. Worauf warten wir noch?«

31
    Auf unserem Weg durch den Wald, die Strecke zurück, die wir gekommen sind, erweist sich Dimitris Orientierungssinn als unschätzbar. Er scheint sich der Route ganz sicher zu sein, während ich schon kurz, nachdem wir aufgebrochen sind, nicht mehr weiß, wo ich mich befinde oder wie ich zu dem Ort, an dem Emrys sein wahres Gesicht offenbarte, zurückkommen könnte. Als wir den Entschluss fassen, zu rasten und auch den Pferden eine Ruhepause zu gönnen, steht die Sonne in ihrem Zenit und wir sind immer noch im Wald.
    Dimitri steigt ab und bindet sein Pferd in der Nähe des Bachs an, der sich zwischen den Bäumen hindurchwindet. Das Tier trinkt gierig, und Dimitri verschwindet im Gebüsch, vermutlich, um einem persönlichen Bedürfnis nachzugehen. Ich führe Sargent ebenfalls zum Wasser, und er säuft das klare Nass, während ich meine Wasserflasche aufschraube.
    Und da, über das kristallklare Wasser des kleinen Bachs gebeugt, sehe ich sie.
    Anfangs ist da nichts als der kleine Wasserlauf. Aber als ich mich vorbeuge und meine Wasserflasche auffüllen will, wandelt sich die wellige Oberfläche des Bachs in ein recht klares und deutliches Bild.
    Fasziniert schaue ich hin. Ich habe meine Fähigkeit zu spähen kurz nach unserer Ankunft in London entdeckt. Aber es fällt mir im Allgemeinen nicht leicht. In der Vergangenheit musste ich mich immer gezielt darauf konzentrieren. Aber dieses Mal nicht. Dieses Mal erscheint das Bild klar und ohne Mühe vor meinen Augen. Ich erkenne gleich, dass es sich nicht um eine Person handelt, die sich dort im Wasser spiegelt, sondern um eine Vielzahl. Sie sitzen auf Pferden und galoppieren durch den Wald. Das Echo von donnernden Hufen begleitet ihren wilden Ritt. Ich kann es nicht wirklich hören, aber ich weiß, dass es da ist.
    Ich strenge mich an, um mehr zu sehen, während das wässrige Bild die Reiter näher kommen lässt. Auf schneeweißen Rössern bahnen sie sich ihren Weg durch den Wald. Ich weiß genau, wer sie sind, obwohl sie nicht so aussehen wie in den Anderswelten. Dort sind die Seelen bärtig und ihr langes Haar weht hinter ihnen wie zerrissene Seide. Sie tragen löchrige und fadenscheinige Kleidung und halten feurig rote Schwerter in den Händen. Aber um in unsere Welt überzutreten, müssen sie Besitz von einem irdischen Körper ergreifen.
    Der Spiegel des Wassers zeigt sie als Männer, denen ich etwa auf den Straßen von London begegnen könnte, obgleich ihnen jene eigenartige Entschlossenheit anhaftet, die mich wohl in jeder Welt misstrauisch machen würde. Sie tragen Hosen und Westen und beugen sich über die Hälse ihrer Pferde, anstatt aufrecht und mit gezückten Waffen zu reiten. Aber ich erkenne sie genau.
    Ich weiß nicht, wie viele es sind. Sie kommen mir zahllos vor, und alle werden sie

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