Liebe und Verrat - 2
Edmund beim Kochen zur Hand, hole für die Pferde Wasser aus einem kleinen Bach in der Nähe und gebe ihnen ein paar Äpfel als Belohnung. Und die ganze Zeit lausche ich. Die ganze Zeit sind meine Ohren auf die Bäume um unser Lager gerichtet. Die ganze Zeit warte ich darauf, dass die Kreaturen, die uns durch den Wald gejagt haben, durchs Gebüsch brechen.
Nach dem Essen sitzen Sonia und Luisa stumm am Feuer. Die Wortlosigkeit zwischen ihnen bereitet mir Unbehagen, aber es gibt im Augenblick Wichtigeres zu bedenken. Ich schlendere zu Edmund, der eins der Pferde striegelt, die an einen Baum gebunden sind.
Er nickt mir zu, und ich nehme mir eine Bürste, die am Boden liegt. Ich striegele das graue Fell von Sonias Pferd und versuche, die vielen Fragen, die in meinem Kopf herumwirbeln, zu ordnen. Die wichtigste Frage zu finden, ist allerdings ein Leichtes.
»Was genau ist es, Edmund? Was verfolgt uns?«
Er antwortet nicht gleich. Er schaut mich nicht einmal an, und ich frage mich schon, ob er mich überhaupt gehört hat, als er endlich spricht, wenn auch nicht, um meine Frage zu beantworten. »Ich bin seit Langem nicht mehr in diesen Wäldern gewesen, habe mich lange Jahre nicht mehr in dieser Zwischenwelt aufgehalten.«
Ich halte mit dem Bürsten inne und schaue ihn geradewegs an. »Edmund. Ich würde in diesem Fall Ihrem Verdacht mehr Glauben schenken als der fachkundigen Behauptung eines jeden anderen.«
Er nickt langsam und hebt den Blick zu meinen Augen. »Also schön. Ich glaube, dass wir von den Höllenhunden verfolgt werden, von Samaels dämonischem Wolfsrudel.«
Es dauert eine Weile, bis ich mein Wissen über die mythologischen Höllenhunde mit dem Gedanken, dass sie uns verfolgen könnten, in Einklang gebracht habe. »Aber … die Höllenhunde sind nicht wirklich, Edmund.«
»Nun«, sagt er und hebt die Augenbrauen, »es gibt auch Menschen, die die Anderswelten oder dämonische Seelen oder Formwandler für ›nicht wirklich‹ halten.«
Er hat natürlich recht. Wenn die Realität lediglich auf dem basieren würde, was gewöhnliche Menschen glauben, dann gäbe es keinen Samael, keine verlorenen Seelen, keine Prophezeiung. Aber wir wissen ja, dass all das existiert. Wir müssen einfach die Realität, mit der wir uns konfrontiert sehen, akzeptieren, egal, wie unglaublich sie auch erscheinen mag.
»Was wollen sie?«, frage ich.
Er legt den Striegel ordentlich auf dem Boden ab, erhebt sich dann wieder und streicht dem Pferd über die Mähne. »Ich kann nur vermuten, dass sie hinter Ihnen her sind. Die Höllenhunde sind die auserwählten Gefährten von Samaels Armee. Es sind Jünger Samaels, die ihren Weg in die wirkliche Welt mithilfe früherer Schwestern gefunden haben. Mithilfe früherer Tore. Samael weiß, dass wir uns mit jedem Schritt, den wir durch diesen Wald machen, Altus nähern. Und je näher wir Altus kommen, desto näher kommen wir auch den fehlenden Seiten des Buchs, die uns helfen könnten, ihm die Pforte in unsere Welt auf ewig zu verschließen.«
Seine Erklärung schockiert mich nicht sonderlich. Es ist nicht so, dass ich keine Angst habe – im Gegenteil: In diesem Moment fühle ich, wie mir bei der Vorstellung, von den Höllenhunden gejagt zu werden, das Blut durch die Adern rast. Aber ich weiß, dass ich irgendwo anfangen muss, wenn ich irgendwann einmal zum Ende kommen will.
»Also gut. Wie können wir den Dämonenhunden entkommen? Wie können wir sie besiegen?«
Er seufzt. »Ich bin ihnen noch nie begegnet, aber ich habe Geschichten gehört. Das ist wohl alles, was wir haben: Geschichten.« Er zögert kurz, dann fährt er fort: »Sie sind größer und stärker als gewöhnliche irdische Hunde. So viel ist sicher. Trotzdem stecken sie in einem irdischen Körper, können verwundet werden und sterben, wie jeder andere Hund auch. Allerdings ist es bedeutend schwieriger, einen Höllenhund zu töten als einen normalen Hund. Nichtsdestotrotz kann es gelingen. Die Sache ist nur …« Er reibt sich über die Bartstoppeln, die seit einigen Tagen auf seinen Wangen sprießen. Ich höre, wie seine flache Hand darüberschabt.
»Ja? Was denn?«
»Wir wissen nicht, wie viele es sind. Wenn es sich um ein großes Rudel handelt, dann … nun, wir haben lediglich ein Gewehr. Ich bin zwar ein guter Schütze, aber ich weiß nicht, ob ich auf mich wetten würde, wenn ich einer Horde Dämonenhunde gegenüberstehe. Ich würde mich lieber auf etwas anderes verlassen, und zwar auf einen ihrer
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