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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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Tag im Sattel vorbereiten.
    Ich weckte Sonia nach meiner Rückkehr, und Luisa trat kurz darauf wieder auf die Lichtung. Wie erwartet entschuldigte sie ihre Abwesenheit mit der Behauptung, sie habe austreten müssen und uns nicht wecken wollen. Auch nachdem sie das Zelt verlassen hatte, um zu frühstücken, eröffnete ich Sonia nicht, was ich heute Morgen über Luisa herausgefunden habe. Ich weiß nicht warum, aber bei all den merkwürdigen und angsterregenden Ereignissen des letzten Jahres ist es dieses neue Misstrauen, diese Heimlichtuerei zwischen Sonia, Luisa und mir, was mich im Augenblick am meisten aufwühlt.
    Edmund treibt uns zur Eile an. Hastig brechen wir das Lager ab. Ich spüre die Sorge, die in seinen ungewöhnlich knappen Anweisungen mitschwingt, aber als er nach dem Gewehr greift, bekomme ich wirklich Angst.
    »Bleiben Sie hier«, sagt er, dreht sich ohne ein weiteres Wort um und verschwindet zwischen den Bäumen.
    Erschrocken stehen wir da, zu Salzsäulen erstarrt, und blicken ihm nach. Wir sind noch nicht lange unterwegs, aber trotzdem hat sich bereits eine gewisse Routine eingespielt: Wir wachen morgens auf, ziehen uns an und frühstücken, packen alles zusammen, satteln die Pferde und reiten los. Noch nie zuvor ist Edmund mit dem Gewehr in der Hand einfach so in den Wald marschiert. Wir drängen uns zusammen wie aufgescheuchte Hühner.
    »Was tut er?«, fragt Sonia.
    Ich ziehe die Schultern hoch. »Keine Ahnung, aber ich bin sicher, es ist nötig, was immer es auch sein mag.«
    Sonia und Luisa verharren bewegungslos und fixieren die Stelle, wo Edmund in den Wald eingetaucht ist. Wie üblich fehlt mir nach dem ersten Schreck die Geduld, einfach so irgendwo zu stehen oder zu sitzen, und ich fange an, auf der Lichtung auf und ab zu laufen. Ich frage mich, was Edmund tut und wie lange wir warten sollen, ehe wir ihn suchen gehen. Glücklicherweise muss ich diesen Teil der Frage nicht beantworten, denn kurze Zeit später kehrt Edmund zurück. Diesmal hat er es wirklich eilig.
    »Aufsitzen. Jetzt gleich.« Er geht geradewegs zu seinem Pferd, ohne uns eines Blickes zu würdigen. Einen Augenblick später sitzt er im Sattel.
    Ich stelle keine Fragen. Edmund würde sich nicht so verhalten, wenn es keinen triftigen Grund gäbe. Aber Luisa ist nicht so verständig.
    »Was ist los, Edmund? Ist etwas geschehen?«, fragt sie.
    »Bei allem Respekt, Miss Torelli«, presst er zwischen den Zähnen hervor, »aber wir werden später noch Zeit für Erklärungen haben. Jetzt sollten Sie besser auf Ihr Pferd steigen.«
    Luisa stemmt die Hände in die Seiten. »Ich glaube, ich habe ein Recht darauf, zu erfahren, warum wir in dieser Hektik aufbrechen müssen.«
    Edmund seufzt und reibt sich über das Gesicht. »Nun, es ist so: Die Hunde sind in der Nähe, und außerdem noch etwas anderes.«
    Mein Kopf ruckt hoch. »Was meinen Sie? Was ist es?«
    »Ich weiß es nicht.« Er lenkt sein Pferd zur Baumlinie. »Aber was immer es ist – wer immer es ist – sitzt im Sattel eines Pferdes. Und er folgt unserer Spur.«

12
    Der Morgen kommt mir endlos lang vor. Außer dem gedämpften Hufgeklapper der Pferde, die sich ihren Weg durch das Gestrüpp auf dem Waldboden bahnen, ist alles still. Wir haben ein schnelles Tempo angeschlagen, obwohl die Bäume oft so dicht beieinander stehen, dass kein Durchkommen möglich scheint. Ich ducke mich tief auf Sargents Hals und der Wind peitscht mir seine seidige Mähne ins Gesicht. Trotzdem reißen immer wieder tief hängende Zweige an meinen Haaren.
    Es gibt nichts zu tun, und so habe ich Muße, um in aller Ruhe nachzudenken. Über meine Schwester und unsere Begegnung in den Anderswelten, über meine Angst um James, über Sonia und den Graben, der sich zwischen uns aufgetan hat, über unsere Reise nach Altus und die dämonischen Hunde, die uns auf den Fersen sind.
    Aber am meisten denke ich über Luisa nach. Zu ihr kehren meine Gedanken immer wieder zurück.
    Ich will die Vermutung nicht wahrhaben, die sich in meinem Geist eingenistet hat, aber die Bilder, die ich dort sehe, machen es mir schier unmöglich. Ich sehe Luisas Gesicht vor mir, den fremden, fast zornigen Ausdruck, den sie seit unserer Abreise aus London kaum mehr ablegt. Ich sehe, wie sie nach ihren häufigen Abwesenheiten – denn jetzt erst fällt mir auf, wie oft sie nicht im Lager war – ins Zelt zurückkommt und uns eine kaum glaubwürdige Erklärung für ihr Ausbleiben auftischt. Ich sehe sie vor mir, wie sie heute im frühen

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