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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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nicht zurückkommen hören, aber ich glaube, ich weiß, wo sie ist. Ich werde nachsehen, ob ich sie finde. Es ist nicht weit.«
    Er nickt. »Ich bereite schon mal das Frühstück vor. Wir sollten bald aufbrechen.« Ich bin schon fast an der Baumlinie, als seine Stimme mich einholt. »Gehen Sie nicht zu weit. Ich bin zwar schnell, aber wenn Sie Schwierigkeiten bekommen, wäre es mir lieber, wenn Sie in der Nähe wären.«
    Das muss er mir nicht sagen. Ich weiß, wie gefährlich es ist, mich aus seinem Blickfeld zu entfernen. Ich könnte ja auch einfach abwarten. Aber die Wahrheit ist, dass ich neugierig bin. Sonias Zweifel an Luisas Loyalität hallen in meinem Herzen wider, egal, wie sehr ich mir wünsche, sie ein für allemal von dort zu entfernen. Luisas Benehmen der letzten Tage haben auch mich beunruhigt, und obwohl mir jegliche Form von Spionage zuwider ist, empfinde ich es als meine Pflicht, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.
    Selbst die Möglichkeit, dass Luisa von den Seelen missbraucht wird, um unsere Mission zum Scheitern zu bringen.
    Es wird dunkler, je weiter ich das Lager hinter mir lasse. Das niedrig brennende Feuer und das Mondlicht werfen einen schwachen Schein auf die Lichtung in meinem Rücken, aber vor mir und zu beiden Seiten schließen mich die Bäume ein. Bis hoch über meinen Kopf ragen sie auf, greifen nach dem Himmel, mit Kronen, die im trüben Morgenlicht aschegrau wirken.
    Den schmalen Pfad, den Sonia und ich nach unserer Ankunft gestern Abend sogleich betraten, finde ich mühelos wieder. Wir haben es uns zur Gewohnheit gemacht, bei jedem neuen Lagerplatz als Erstes eine Stelle zu suchen, wo wir uns zurückziehen können, ohne von jemandem gesehen zu werden. Der Pfad ist von dicht belaubten Bäumen und Gebüsch gesäumt, die uns eine gewisse Privatsphäre geben, um unseren körperlichen Bedürfnissen nachzugehen. Er führt zu einem kleinen Bach, und ich höre das Wasser plätschern, noch ehe ich die Böschung erreiche.
    Ich will mich nicht bemerkbar machen und trete daher leise auf, wobei ich im Gehen nach Luisa Ausschau halte. Ich kann sie nirgends sehen, und fast hätte ich sie auch dann nicht bemerkt, als ich zwischen den Bäumen hervortrete, die sich entlang des Baches lichten.
    Das dunkle Grau des Waldes weicht einem helleren Grau, wo der Fluss den frühen Morgenhimmel widerspiegelt. Luisa kauert so dicht über dem Wasser, dass ich sie in dem Halbdämmer fast übersehen hätte. Erst glaube ich, dass sie sich wäscht, aber dann wird mir klar, dass sie etwas ganz anderes tut.
    Ich ziehe mich wieder zwischen die Bäume zurück und schiebe mich vorsichtig seitwärts auf sie zu, damit ich sie ungestört beobachten kann. Zum Glück übertönt das Plätschern des Bachs jedes Geräusch, wenn ich auf einen trockenen Zweig trete oder das Laub unter meinen Füßen raschelt. An einer Stelle stehen die Bäume bis zum Bachufer dicht an dicht, und dort kann ich Luisa gut erkennen. Und auch das, was sie tut.
    Luisa starrt in eine der Blechschalen, aus denen wir unsere Mahlzeiten löffeln. Ich sehe Wasser darin schimmern; viel mehr kann ich von meinem Standpunkt aus nicht erkennen. Aber ich begreife sofort, dass sie späht. Mithilfe des Wassers erblickt sie über weite Ferne Dinge, die sie eigentlich gar nicht sehen kann. Das ist keine so außergewöhnliche Sache. Wir haben zwar vor langer Zeit einen Pakt geschlossen, dass wir unsere Fähigkeiten nur dann einsetzen würden, wenn es absolut nötig ist und dazu dient, die Prophezeiung zu beenden, aber es ist durchaus möglich, dass Luisa versucht herauszufinden, wo sich die Höllenhunde befinden oder ob wir noch auf andere Hindernisse stoßen werden.
    Es sieht alles so harmlos aus. Anfangs.
    Aber als ich so dastehe und genauer über Luisas Handlung nachdenke, steigt in mir das Gefühl auf, dass etwas nicht stimmt. Ich brauche einen Moment, um den Grund für mein Missbehagen zu erkennen.
    Es ist eigentlich ganz einfach: Wir treffen keine Entscheidungen in Bezug auf die Prophezeiung, die damit zusammenhängenden Ereignisse oder unsere jeweiligen Positionen innerhalb der Prophezeiung, ohne einander davon in Kenntnis zu setzen. Und doch hat sich Luisa vor dem Morgengrauen aus unserem Zelt geschlichen, um zu spähen. Sie hat weder mir noch Sonia ein Wort davon gesagt. Und das kann nur eins bedeuten: Sie verbirgt etwas.
    Aber was?
    Unsere Stimmung ist so grau wie der Himmel über uns, während wir unsere Sachen zusammenpacken und uns auf einen weiteren

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