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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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den Kopf. »Das Medaillon gehört mir. Ich werde es nicht mehr ablegen, bis diese Sache vorbei ist. Jedenfalls nicht freiwillig. Irgendwie werde ich es schaffen.«
    Sie nickt und reicht mir ihre Tasse. »Trink das. Du wirst es brauchen.«
    Ich nehme die Tasse und schlürfe vorsichtig das heiße Getränk. Der Kaffee ist entsetzlich bitter, und ich hoffe, dass mich allein schon der Geschmack den Vormittag über wach halten wird. Ich schlucke und verziehe das Gesicht, gerade als Edmund die Pferde herbeiführt.
    Luisa geht zu den Tieren, und auch ich erhebe mich. Ich will zu Dimitri, aber er kommt mir schon entgegen, auf dem Rücken seines edlen Pferdes.
    »Bereit?«, fragt er.
    Ich nicke. Zu sprechen traue ich mich nicht. Müde wie ich bin, fühle ich mich doch wie magisch von Dimitri angezogen.
    Er springt vom Pferd und umfasst mit einer Hand den Sattelknauf. »Du zuerst.«
    Bis jetzt war mir nicht klar, dass ich seit Jahren nicht mehr zu zweit geritten bin. Und damals war ich noch ein Kind und saß zwischen den Beinen meines Vaters.
    »Aber … wie sollen … Ich meine, wie sollen wir beide im Sattel Platz finden?« Ich verwünsche meine Verlegenheit, ebenso die Röte, die meine Wangen spürbar überzieht.
    Er lächelt mich anzüglich an. »Ganz einfach. Du sitzt auf und rückst im Sattel ganz nach vorne. Ich werde mich hinter dich setzen.« Er beugt sich vor, sodass ich den Minzgeruch des Zahnpulvers in seinem Atem riechen kann. Mein Mund wird trocken. »Ich hoffe, du hast nichts gegen ein solches Arrangement einzuwenden.«
    Ich hebe das Kinn. »Ganz und gar nicht.« Dann werfe ich ihm einen kecken Blick zu und schiebe meinen Fuß in den Steigbügel. »Das hört sich eigentlich ganz nett an.«
    Ich erhasche einen Blick auf sein bewunderndes Grinsen, während ich mich nach oben in den Sattel ziehe. Und dann ist er hinter mir, die Schenkel fest gegen meine gepresst. Er umfasst mich rechts und links mit seinen Armen und hält die Zügel vor meinem Körper. Ein Schauer läuft mir vom Kopf bis zu den Zehen.
    Wir traben hinüber zu den anderen. Sonia sitzt bereits auf ihrem Pferd, das an den Sattel von Edmunds Ross gebunden ist. Sie wirft mir einen langen Blick zu. Ich hätte erwartet, dass sie rufen, flehen und jammern würde. Aber nichts dergleichen geschieht. Sie bleibt völlig ruhig, was vielleicht der Grund ist, warum die anderen mich nicht von ihr fernhalten, wie sie es gestern taten. Ich weiß, dass ihr Schweigen eine Erleichterung für mich sein müsste. Aber wenn ich das Gefühl benennen müsste, das mich an diesem Morgen überkommt, wäre es nicht Erleichterung. Jede Form des Trostes, den ich in Sonias Schweigen finden könnte, wird durch die Erinnerung an diese eisig blauen Augen und den leeren, toten Blick zunichtegemacht.
    Schließlich nehmen wir unsere Plätze ein, und nach einem letzten prüfenden Blick, ob wir etwas zurückgelassen haben, tauchen wir wieder in den Wald ein. Wir kommen langsamer voran, weil wir sowohl Sargent als auch Sonias Pferd führen müssen. Und es dauert nicht lang, da habe ich Anlass, meine Entscheidung, mit Dimitri zu reiten, zu bereuen.
    Es ist angenehm. Und genau da liegt das Problem. Wenn ich auf meinem eigenen Pferd sitzen würde, müsste ich wachsam bleiben, müsste auf die Gruppe achten und darauf, nicht vom Weg abzukommen. Aber so verbringe ich den Tag in einem Halbdämmer, während der Nebel um uns mit jedem Schritt dichter und schließlich zu einer undurchdringlichen Wand wird, die fast alles Licht aussperrt.
    Ohne die Sonne ist es kaum möglich zu bestimmen, ob wir Mittag haben oder Abend. Ich will Dimitri nicht mit einer solch trivialen Frage belästigen. Und im Grunde genommen ist es auch egal. Wir müssen weiter, egal wie spät es ist, bis wir das Meer erreichen, das uns schließlich nach Altus bringen wird. Und an Schlaf ist nicht zu denken, bis wir dort sind.
    Zum ersten Mal seit Stunden bin ich hellwach und der Grund dafür ist Henry. Er steht in einiger Entfernung, vor den Blicken der anderen geschützt, zwischen den Bäumen. Ich hätte ihn leicht übersehen können, wenn es sich nicht um Henry gehandelt hätte. Aber er ist es. Er könnte sich hinter einer Million Blätter und einer Million Äste verstecken, und trotzdem würde ich meinen Weg zu ihm finden.
    Ich schaue zu dem kleinen Bach, wo die anderen ihre Pferde tränken. Ich erwarte, dass Henry verschwunden ist, wenn ich wieder zu ihm hinblicke, aber er ist noch da. Er steht noch genau an demselben Fleck, aber

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