Liebe und Verrat - 2
spüren, immer und ewig. Es ist dieser Teil, der mich einen Arm nach hinten schieben lässt. Meine Finger greifen in sein dichtes, dunkles Haar und ziehen seinen Kopf noch enger an meinen Körper.
Ein gedämpftes Stöhnen entschlüpft seiner Kehle. Ich fühle die Vibration an meinem Nacken.
»Lia, Lia … Auf diese Art sollte ich dich nicht wach halten.« Seine Stimme erschauert vor unterdrücktem Verlangen, und ich weiß, dass auch er sich gegen die Leidenschaft stemmt, im Gedenken an die Konventionen der guten Gesellschaft.
Aber diese Gesellschaft ist im Augenblick weit weg. Hier im Wald, auf dem Weg nach Altus, sind wir allein.
Ich drehe mich in seinen Armen, bis ich vor ihm knie. Dankbar registriere ich, wie unbeschwert ich mich in meinen Hosen bewegen kann. Ich nehme Dimitris Gesicht in meine Hände und schaue ihm tief in die Augen.
»Es ist nicht so, dass du mich wach hältst.« Ich senke den Kopf, bis mein Mund fast seine Lippen berührt. Ich warte, bis sie sich öffnen, ehe ich mich wieder ein kleines Stück zurückziehe. »Wir bleiben gemeinsam wach. Ich« – und dabei berühre ich ganz leicht mit meinen Lippen seinen Mund – »bleibe mit dir wach, weil ich es will.«
Der Atem strömt aus seinem Mund, und er zieht mich zu sich auf den harten Boden, wobei er mir eine zusammengerollte Decke unter den Kopf schiebt. Seine Hände streichen über meinen Körper, und nichts davon fühlt sich falsch an. Nichts davon ist unangemessen oder gar skandalös.
Wir bedecken einander mit Küssen der unterschiedlichsten Art, von jenen zärtlichen, gehauchten bis hin zu den vor Leidenschaft brennenden, die mir den Atem rauben und Dimitri dazu veranlassen, sich keuchend aufzusetzen, um sich zu sammeln. Schließlich hören wir auf, wie auf ein geheimes Kommando. Ich lege den Kopf an Dimitris Schulter. Wir sind völlig zerzaust und aufgelöst, und angesichts unserer zerknautschten Kleidung und der deutlich beschleunigten Atmung bin ich sehr dankbar, dass sich Edmund auf der gegenüberliegenden Seite des Lagers befindet.
Ich bin nicht müde. Im Gegenteil: Das Blut rauscht mir mit neuer Inbrunst durch die Adern, und obwohl ich vor Selbstbewusstsein strotze und der festen Überzeugung bin, der Prophezeiung ein Ende bereiten zu können, empfinde ich gleichzeitig einen überwältigenden Frieden. Es ist, als ob ich zum ersten Mal seit über einem Jahr dort angekommen bin, wo ich hingehöre.
17
Gib mir das Medaillon, Lia.« Nach dem Frühstück steht Luisa mit ausgestreckter Hand vor mir. »Bitte.«
Ich seufze. »Das kann ich nicht tun, Luisa.«
»Aber Lia!« Sie ist mit ihrer Weisheit am Ende. »Schau dich doch nur an! Du bist völlig erschöpft.«
Ich lache und empfinde eine Sekunde lang Belustigung über ihre Bemerkung. »Meine äußere Erscheinung ist gewiss alles andere als liebreizend, aber – ganz ehrlich, Luisa – das ist im Augenblick meine geringste Sorge.« Und das stimmt. Ich habe nicht mehr die Kraft, mich darum zu kümmern, wie ich aussehe, obwohl mein Anblick schrecklich sein muss. Meine Augen brennen aus Mangel an Schlaf, und ich weiß nicht, wann ich mir das letzte Mal die Haare gebürstet habe.
Luisa verengt die Augen. »Du weißt genau, was ich meine. Du musst endlich etwas schlafen. Es ist gefährlich, in deinem Zustand zu reiten.«
»Dimitri hat darauf bestanden, dass ich von nun an mit ihm reite. Also werde ich Sargent nicht gegen den nächsten Baum lenken, wenn es das ist, wovor du Angst hast.«
»Das ist es nicht und das weißt du auch.« Sie lässt sich neben mir zu Boden fallen. »Um dich habe ich Angst. Wenn du mir das Medaillon bloß für ein paar Stunden geben würdest, bis wir nach Altus kommen! Ich würde es für dich tun, Lia. Wirklich.«
Ich habe kaum noch die Kraft für das schmale Lächeln, das ich ihr schenke, aber ich reiße mich zusammen und nehme ihre Hand. »Das weiß ich doch, Luisa, und ich danke dir von Herzen dafür. Aber kannst du mir reinen Gewissens versprechen, dass das Medaillon bei dir sicher ist? Dass es nicht doch irgendwie an mein Handgelenk gelangt, damit Samael mich als Tor benutzen kann?«
Eine kleine Falte bildet sich zwischen ihren Augenbrauen, und ich weiß, dass sie mir das Versprechen gerne geben würde. Und sie möchte es gerne ernst meinen. Aber wir beide wissen, dass das nicht geht.
»Nein. Versprechen kann ich es nicht. Aber ich kann es versuchen.«
»Das ist nicht genug, Luisa. Aber ich weiß dein Angebot zu schätzen. Wirklich.« Ich schüttele
Weitere Kostenlose Bücher