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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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entkommen.
    Wir gingen an Bord, kurz nachdem die Barke am Strand angelegt hatte. Dimitri und Edmund verloren kein Wort darüber, als ob es die normalste Sache der Welt wäre, dass ein Boot ganz plötzlich aus dem Nebel auftaucht und uns ohne Umstände zu einer Insel bringt, die auf keiner Karte der zivilisierten Welt verzeichnet ist. Aber ich frage mich, woher irgendjemand wusste, dass wir an diesem Strand waren.
    Ich frage mich auch, was aus Sargent und den anderen Pferden wird, obwohl Edmund mir versichert hat, dass »man sich um sie kümmern wird«. Zugleich staune ich über die beiden Gestalten in den weiten Gewändern, von denen eine vorn und die andere hinten im Boot sitzt und die uns geräuschlos über das Wasser rudern. Ihre Gesichter sind unter Kapuzen verborgen, und ich vermag nicht zu sagen, ob es sich um Männer oder Frauen handelt. Sie haben noch kein Wort gesprochen. Und obwohl ich viele Fragen habe, schweige ich und grüble still vor mich hin, weil mir einfach die Geisteskraft fehlt, um mein Staunen in Worte zu fassen.
    Sonia sitzt vorn im Boot, während ich im Heck untergebracht bin. Je länger wir auf dem Meer sind, desto niedergeschlagener wird sie. Schließlich hört sie auf, mir über die Schulter hinweg zornige Blicke zuzuwerfen, und starrt stattdessen in den uns umgebenden Nebel. Edmund bleibt immer in ihrer Nähe, während Dimitri mir kaum von der Seite weicht. Seine Gegenwart ist tröstlich, auch wenn er nichts sagt. Ich lehne mich an ihn und lasse meine Finger durch das Wasser gleiten, während Luisa mit dem Kopf in den Händen in der Mitte des Bootes vor sich hin döst.
    Das Wasser ist ungewöhnlich still. Die Barke schaukelt zwar, aber es ist eher ein sanftes, langsames Wiegen, denn die See ist so glatt wie der Spiegel, der in meinem Zimmer in Birchwood über dem Kamin hängt. Ob der Spiegel wohl immer noch dort hängt? Ist mein Zimmer noch so, wie ich es verlassen habe, oder wurde alles, was mit mir zu tun hat, daraus entfernt?
    Anfangs denke ich, dass es überhaupt nichts zu sehen gibt. Der Himmel ist so grau, dass ich nicht einmal mein Spiegelbild im Wasser erspähen kann, und das Meer ist nicht klar genug, um irgendetwas unter der Oberfläche erkennen zu können. Aber während ich mit den Fingern durchs Wasser fahre, stößt plötzlich etwas gegen meine Hand. Vielleicht ein Delfin oder ein Hai. Ich ziehe meine Hand zurück, weil ich an die vielen merkwürdigen Kreaturen denken muss, die in Vaters Büchern über die Seefahrt abgebildet sind.
    Ich schaue über den Rand der Barke hinweg und blicke direkt in ein Auge. Es erinnert mich an das Auge eines Alligators oder eines Krokodils, wie es da aus dem Wasser ragt und mich beobachtet, während der Rest des Körpers noch unter der Oberfläche verborgen ist. Aber natürlich kann es keins dieser Tiere sein. Nicht hier im Meer. Ich reiße mich einen Moment lang vom Anblick der Kreatur los, um nachzuschauen, ob meine Gefährten etwas bemerkt haben.
    Zum ersten Mal, seit wir miteinander reisen, döst Dimitri neben mir. Die Strapazen der Reise haben auch die anderen überwältigt: Sonia und Luisa schlafen tief und fest, während Edmund mit leerem Blick über den Bug der Barke hinausschaut.
    Ich wende meine Augen wieder dem Wasser zu und erwarte halb, dass ich mir dieses Geschöpf des Meeres nur eingebildet habe. Aber nein. Es ist immer noch da, hält sich mühelos an der Seite unseres Bootes und beäugt mich mit seinem mitfühlenden Auge. Das Auge blinzelt und die Kreatur erhebt sich ein Stück weiter aus dem Meer. Sie sieht so ähnlich aus wie ein Pferd, aber als ihr schuppiger Schwanz geräuschlos aus dem Wasser heraus und wieder hineingleitet, erkenne ich, dass sie anders ist als alle Pferde, die ich kenne.
    Es ist das Auge, das mich in seinen Bann schlägt. Ich kann es nicht erklären, aber ich sehe Verstehen in diesem Blick. Es versteht, was ich durchgemacht habe. Die Mähne der Kreatur fließt wie Seetang hinter dem mächtigen Kopf. Ich strecke mich und versuche, den muskulösen Nacken zu erreichen, der unter der Wasseroberfläche dahingleitet. Er fühlt sich zart und gleichzeitig glitschig an, und ich bin wie hypnotisiert von dem abgrundtiefen Blick, von der merkwürdigen Haut, dem seltsamen Fell. Ich streichle den Hals, und einen Moment lang schließt sich das Auge, als ob die Kreatur meine Berührung genießen würde. Als es wieder aufklappt, erkenne ich meinen Fehler.
    Ich kann meine Hand nicht mehr lösen.
    Sie klebt an dem Körper des

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