Liebe und Verrat - 2
Schulter und die andere an seine Hüfte. Dann macht er das Gleiche bei mir und sagt: »Keine Sorge. Das ist ganz einfach, versprochen. Außerdem kannst du dich nicht Schwester nennen, wenn du nicht tanzt!«
Und dann geht es los. Wir drehen uns mit den anderen Tänzern zur Musik. Anfangs zieht Dimitri mich mehr oder weniger durch den Saal. Die Schritte sind genauso kompliziert wie die Tänze, die wir in Wycliffe lernen mussten, und die Musik ist dabei keine große Hilfe. Sie ist nicht so fließend und eingängig wie Strauß oder Chopin. Sie trillert und hüpft und macht Bogen und Schlenker.
Wir stoßen mit etlichen Paaren zusammen, während ich versuche, mir die Schritte zu merken. Dimitri führt mich, wobei er beständig ausruft: »Entschuldigung! Tut mir leid! Bitte um Verzeihung!« Nach einer Weile aber habe ich den Bogen raus. Dimitri führt mich weiterhin, aber ich schaffe es, ihm nicht mehr andauernd auf die Füße zu treten.
Ich fange gerade an, mich zu amüsieren, als sich die Musik verändert. Ein Jubelschrei schallt durch den Saal und ganz plötzlich ist Dimitri verschwunden. Ich schaue mich um, aber da steht schon ein anderer Tänzer neben mir und nimmt meinen Arm.
»Oh! Hallo!«, sage ich.
Er trägt die gleiche Kleidung wie Dimitri, ohne damit die gleiche Wirkung zu erzielen. Aber er sieht gut aus und erwidert mein Lächeln. »Hallo, Schwester.«
Und gerade als ich denke, dass ich mir die Zeit bis zu Dimitris Rückkehr gerne mit diesem freundlichen Herrn vertreiben will, verschwindet er in der Menge und ein anderer tritt an seine Stelle. Dieser ist hellhäutig, mit goldenem Haar, so ähnlich wie Sonia. Wir haben nur Zeit, ein Lächeln auszutauschen, bis auch er wieder mit eleganten Schritten von mir wegtanzt und ein weiterer Herr an meine Seite tritt.
Das Tempo der Musik und der Tanz werden immer schneller. Ich habe keine Wahl: Ich muss mitmachen, muss mich von einer ganzen Parade von Tanzpartnern herumwirbeln lassen. In diesem rasenden Reigen scheint irgendeine Methode zu liegen, eine Ordnung, wie die Partner getauscht werden, aber wie das funktioniert, kann ich beim besten Willen nicht erklären.
Ich versuche ein paar Mal, mich ganz aus dem Kreis der Tanzenden zurückzuziehen, aber es erweist sich schlicht als unmöglich. Nach einer Weile gebe ich es auf, lasse mich von dem wirbelnden Tanz treiben, bis mir vor lauter Musik und Gejauchze schwindelig wird.
Ich lache ausgelassen, als sich ein neuer Partner zu mir gesellt, ein stattlicher, älterer Herr, und mit mir herumwirbelt und mich daraufhin an einen anderen weiterreicht.
»Nun, ich muss schon sagen, Sie sehen viel besser aus als noch vor ein paar Tagen.« Die Stimme ist unverkennbar, aber Edmund erkenne ich trotzdem nicht gleich. Er ist frisch rasiert und wirkt sehr aufgeräumt und munter.
Ich grinse ihn an, während wir weitertanzen. »Dasselbe könnte ich von Ihnen sagen!« Er sieht ausgeruht aus und trägt die gleiche Kleidung wie die Brüder. An ihm wirken die Hose und die Tunika elegant und passend für einen Mann seines Alters.
Er nickt. »Die Reise nach Altus ist niemals leicht und diese war schwieriger als die meisten. Besonders für Sie. Geht es Ihnen besser?«
»Viel besser, danke.« Ich bin ein wenig atemlos von all der Tanzerei, aber Edmund kommt mir so entspannt und frisch vor, als hätte er sich gerade erst zum Kreis der Tanzenden gesellt. »Ich muss über Sie staunen, Edmund! Sie sind der geborene Tänzer. Ich vermute, dass Sie nicht zum ersten Mal an einer solchen Gesellschaft auf Altus teilnehmen.«
Er zwinkert mir fröhlich zu. »Das verrate ich nicht.«
Seit Henrys Tod habe ich Edmund nicht mehr so entspannt gesehen. Freude und Wohlgefühl durchströmen mich. Ich will ihn schon fragen, wo er seit unserer Ankunft geblieben ist und was er seitdem getan hat, als er sich zu mir beugt.
»Es schickt sich nicht, dass ich die hübscheste Schwester auf Altus mit Beschlag belege. Wir sehen uns bald wieder.«
Und dann wirbelt er mich zu einem neuen Partner. Ich will protestieren, weil wir einander so lange nicht gesehen haben, aber da erkenne ich, dass ich wieder bei Dimitri gelandet bin.
»Es tut mir leid!«, ruft er mir durch den Lärm zu. »Ich habe versucht, wieder zu dir zu kommen, aber …« Schulterzuckend deutet er auf die Tanzenden, und dann bewegen wir uns langsam an den Rand des Reigens und verlassen die Tanzfläche.
Dimitri tanzt weiter, hält keine Sekunde inne, bis ich im flackernden Kerzenschein mit dem
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