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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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balancierend.
    Dimitri folgt meinem Blick und greift nach meiner Hand. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, Lia.«
    Luisa wendet sich ihm zu. Auf ihrem südländischen Gesicht liegt ein zorniger Ausdruck. »Nicht so schlimm, wie es aussieht? Aber … das ist doch das Ende der Welt! Das Wort ›öde‹ kommt mir noch zu freundlich vor!«
    Er seufzt. »Ich gebe gerne zu, dass es von hier aus … düster wirkt. Aber das Gebäude verfügt über die gleichen Bequemlichkeiten wie das Heiligtum. Es steht abseits, weil einige Rituale, die dort durchgeführt werden, absolute Abgeschiedenheit und Ruhe erfordern, einschließlich derer, mit denen man die Seelen vertreibt. Das ist alles.«
    Ich kann nicht erklären, wie es mir gelungen ist, den Krankenbesuch bei Tante Abigail zu überstehen, ohne zu weinen, während mir jetzt die Tränen in die Augen treten. Vielleicht kann ich einfach nicht fassen, dass die Prophezeiung mir Sonia geraubt und an einen solchen Ort verbannt hat, ohne die Liebe und Fürsorge ihrer Freundinnen. Diese Ungerechtigkeit macht mich so wütend, dass ich am liebsten laut in den Wind geschrien hätte, aber stattdessen wende ich mich von Dimitri ab und blicke aufs Wasser hinaus, um mich zu sammeln.
    Nach einer Weile fühle ich die hauchzarte Berührung von Luisas Fingern auf meinem Arm. »Komm, Lia. Wir gehen zusammen.«
    Ich nicke und wende mich wieder dem Pfad zu, setze einen Fuß vor den anderen, bis das Gebäude schließlich so nah gerückt ist, dass ich es besser betrachten kann. Es besteht nicht, wie ich anfangs glaubte, nur aus einem einzigen Raum. Es ist ein Bauwerk, ähnlich dem Heiligtum, wenn auch viel, viel kleiner und ohne den offenen, umlaufenden Korridor. Aber auch dieses Gebäude besteht aus dem blauen Stein und hat ein Kupferdach.
    Wir folgen einem schmaleren Pfad, der sich durch einen üppigen Garten windet, und ich atme auf. Es ist angenehm hier, nein: Es ist ganz herrlich. Es ist schön und friedlich, der perfekte Ort, um seine Kräfte zu sammeln.
    Das Gebäude steht am Ende des Pfades. Nach der Stille und Einsamkeit des Gartens kommt der Anblick der beiden Brüder, die rechts und links der riesigen Eingangstür stehen, überraschend. Sie sind wie alle Männer auf Altus gekleidet, genauso wie Dimitri: in die Tageskluft, bestehend aus einer weißen Tunika und Hosen. Eigentlich sehen sie gar nicht wie Wachen aus, und doch habe ich das untrügliche Gefühl, dass sie genau das sind.
    »Guten Morgen«, begrüßt sie Dimitri. »Wir möchten zu Sonia Sorrensen.«
    Sie verbeugen sich respektvoll vor Dimitri und werfen mir einen misstrauischen Blick zu.
    »Haben sich die Gepflogenheiten auf Altus während meiner Abwesenheit geändert? Ist es nicht mehr üblich, eine Schwester zu begrüßen?« Dimitris Stimme zittert vor unterdrücktem Zorn.
    Ich lege eine Hand auf seinen Arm. »Schon gut.«
    »Nein, es ist nicht gut«, sagt er, ohne mich anzublicken. »Wisst ihr, dass diese Schwester möglicherweise eure nächste Herrin ist? Ob Wächter oder Tor, das bestimmt die Prophezeiung. Aber diese Schwester hat sich unserer Sache verschworen. Und sie wird vielleicht schon bald über Altus herrschen. Und jetzt«, stößt er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, »begrüßt eure Schwester.«
    Ich fühle mich unbehaglich, während die beiden ihre Köpfe neigen und wie aus einem Mund »Guten Morgen, Schwester« sagen.
    Ich erwidere ihre Verbeugung. Auch ich empfinde Zorn, der allerdings nichts mit den Männern vor mir zu tun hat. »Guten Morgen. Danke, dass ihr über meine Freundin wacht.«
    Ich sehe Scham in ihren Augen. Sie nicken und öffnen die Tür, treten dann zurück, um uns vorbeizulassen.
    Wir kommen in einen Gang, der anscheinend durch das gesamte Gebäude verläuft und auf der gegenüberliegenden Seite an einer Glastür endet, durch die man das Meer aufblitzen sehen kann. Ich ziehe Dimitri beiseite und schaue Luisa an.
    »Luisa, kann ich kurz mit Dimitri unter vier Augen sprechen?«
    Sie zuckt mit den Schultern und geht ein Stück den Gang entlang. Dann betrachtet sie die Bilder an den Wänden. Mehr Privatsphäre ist an einem Ort wie diesem nicht möglich.
    Ich drehe mich zu Dimitri um. »Tu das nie wieder.«
    Mit einem verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht schüttelt er den Kopf. »Was?«
    » Was?! « Meine Stimme ist nur noch ein raues Flüstern. »Mich vor den Brüdern oder irgendjemandem sonst auf der Insel derart zu demütigen!«
    »Ich habe dich nicht gedemütigt, Lia.« Diese

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