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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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aufstaut.
    Schließlich bricht Sonia das Schweigen mit einem sanften Seufzen.
    »Lia, es … es tut mir so leid. Ich kann mich kaum noch an jene Tage im Wald erinnern.« Sie schaut zur Seite, als ob sie aus dem Meer unter ihr Stärke beziehen würde. »Ich weiß, dass ich schreckliche Dinge getan habe. Schreckliche Dinge gesagt habe. Ich … ich war nicht ich selbst. Kannst du mir vergeben?«
    Ich brauche einen Moment, bevor ich antworten kann. »Es ist keine Frage von Vergebung«, sage ich dann. Ich beschleunige meine Schritte und lasse Sonia und Luisa ein Stück hinter mir, in der Hoffnung, die Bitterkeit, die ich in meiner Stimme höre und im Herzen fühle, beiseite zu drängen.
    »Was dann?« Sonias Verzweiflung ist unüberhörbar.
    Ich bleibe stehen und schaue hinaus aufs Wasser. Ich höre kein Knirschen von Absätzen auf Kies mehr und weiß, dass Sonia und Luisa hinter mir stehen geblieben sind. So viele Worte, so viele Fragen, so viele Anschuldigungen … sie sind so zahlreich wie die Sandkörner am Strand unterhalb der Klippe. Aber es gibt nur eine einzige Frage, die im Augenblick eine Rolle spielt.
    Ich wende mich um. »Wie konntest du nur?«
    Niedergeschlagen lässt sie die Schultern hängen. Ihre Demut erweckt weder Sympathie noch Mitgefühl, sondern facht die Wut noch weiter an, die ich seit jener Nacht, als sie mir das Medaillon ans Handgelenk band, versucht habe, im Zaum zu halten. Aber in diesem Augenblick kann ich nicht mehr an mich halten. Es ist schrecklich, aber ich muss meiner Wut Luft machen.
    »Ich habe dir vertraut! Ich habe dir in allem vertraut!«, schreie ich sie an und schleudere den Kamm auf sie, wobei ich allen Zorn, der sich in mir aufgestaut hat, in diesen Wurf lege.
    Sonia zuckt zusammen, obwohl der Kamm kaum als Waffe taugt. Und darum geht es vermutlich, denn selbst in diesem Augenblick liebe ich sie noch. Ich verabscheue den Gedanken, ihr wehzutun, während ich gleichzeitig nichts lieber täte.
    Luisa tritt zwischen uns, als ob sie Sonia schützen will. Vor mir. »Hör auf, Lia.«
    »Warum?«, frage ich sie. »Warum darf ich nicht die Fragen stellen, die gestellt werden müssen, egal, wie sehr sie uns ängstigen?«
    Es gibt keine Worte, mit denen die Stille gefüllt werden könnte, die darauf folgt. Ich habe recht und wir alle wissen es. Ich habe Sonia vermisst. Ich liebe sie und will, dass es ihr gut geht. Aber wir können das, was uns gefährlich werden kann – was uns vielleicht sogar unser Leben kosten könnte –, nicht ignorieren, bloß weil wir Rücksicht aufeinander nehmen wollen.
    Luisa bückt sich, um ein paar Steine aufzuheben. Vorsichtig geht sie zum Rand der Klippe und wirft sie ins Meer. Ich schaue ihnen nach, wie sie durch die Luft segeln. Aber es ist vergebens. Wir sind zu weit oben, um ihr Eintauchen in das brodelnde Wasser beobachten zu können.
    »Lia hat recht.« Beim Klang von Sonias Stimme drehe ich mich um. Sie hält meinen Kamm in der Hand und betrachtet ihn, als ob in ihm alle Antworten auf unsere Fragen zu finden wären. »Ich habe euer Vertrauen missbraucht, und es gibt keine Möglichkeit vorauszusagen, ob ich das nächste Mal, wenn die Seelen mich in Versuchung führen wollen, mehr Stärke beweisen kann, obwohl ich inständig hoffe, dass es kein nächstes Mal mehr geben wird. Sie …« Sie zögert, und als sie wieder spricht, ist es, als käme ihre Stimme aus weiter Ferne. Ich weiß, dass sie in Erinnerungen versunken ist.
    »Sie erschienen mir nicht als Seelen. Sie kamen … in Gestalt meiner Mutter zu mir.« Sie wendet sich zu mir und in ihren Augen liegt die nackte Qual. »Ich traf sie, als ich mit den Schwingen reiste. Sie sagte, es täte ihr leid, dass sie mich zu Mrs Millburn geschickt hat. Sie sagte, dass sie nicht wusste, was sie hätte tun sollen, dass sie dachte, Mrs Millburn würde mir helfen, meine Gaben zu verstehen. Es war so schön, wieder eine Mutter zu haben, wenn auch in einer anderen Welt.«
    »Und dann?« Meine Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.
    »Dann fing sie an, sich um meine Sicherheit zu sorgen. Sie sagte, dass ich mich in Gefahr brächte, wenn ich das Medaillon trage. Dass wir alle in Gefahr seien, weil wir uns weigerten, das Tor zu öffnen. Erst hörte ich nicht zu. Aber nach einer Weile … Nun, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber auf eine verquere Art und Weise klang das alles mit einem Mal ganz vernünftig. Natürlich weiß ich jetzt, dass ich nicht bei Sinnen war, aber es …« Sie schaut mir in die Augen,

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