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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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Geschichten aus Afrika bestimmt interessieren.“
    Muhammad nickte nur. Auch wenn der Türke sich gelassen bewegte und erheiternde Worte sprach, schämte sich der Kurde vor ihm. Denn Mustafa war im Namen des Sultans anwesend. „Ja, das würde mich schon interessieren. Ich habe noch nie etwas über dieses Afrika gehört.“
    Heinz lachte. „Das braucht Ihr auch nicht, mein Herr. Es ist ein ödes Land, das von wilden schwarzen Menschen bewohnt wird.“
    „ Schwarze Menschen?“, fragte der Agha stutzig.
    „ Ja, mein Herr, sie haben eine Haut schwarz wie Ebenholz. In der Nacht sind sie kaum zu erkennen. So dunkel sind sie.“
    Im Tur Abdin lebten keine schwarzen Menschen. Auch der Agha hatte Vorurteile gegenüber anderen Kulturen, wie die meisten Tur Abdiner. Menschen mit einer nicht-weißen Haut wirkten abstoßend auf sie und sie verachteten sie.
    Die Erzählungen des Deutschen waren sehr spannend für den Agha. Während der alte Mann weitererzählte, betrachtete Muhammad ihn eingehend. Heinz war ein Fremder, er hatte eine viel hellere Haut als er und er hatte blaue Augen. Dann sah er zum Jüsbaschi, jener hatte auch blaue Augen. Doch die blauen Augen des Deutschen funkelten absonderlich. Dieser Mann hatte ihre Sprachen erlernt – wenn auch nicht perfekt – und er war sogar ein Christ, also ein Ungläubiger. Trotz all dieser negativen Punkte sah er in dem Deutschen einen Freund. Und das war doch sehr verwunderlich für den Agha. Dies bestätigte seine Meinung, die Religion trenne die Menschen nicht voneinander. Als der Deutsche innehielt und aus dem vom Jüsbaschi eigenhändig gefüllten Weinbecher trank, dachte Muhammad noch einmal über den Freund aus Europa und sein Unternehmen in Afrika gegen die grausamen schwarzen Krieger nach. Ihn beschäftigte die Frage, warum der Deutsche unbedingt die schwarzen Ureinwohner bis zum letzten Mann auslöschen wollte. War es etwa ihre fremde Religionszugehörigkeit gewesen? Nein. Die Deutschen gierten also nach dem Land der Afrikaner und hatten sie ausgerottet. Nur die Gier war der Anlass zum Völkermord. Muhammad seufzte. „Wisst Ihr, Herr Generalmajor, Ihr seid in ihr Land eingedrungen, wolltet ihr Land an Euch reißen, sie weigerten sich, es Euch zu geben, wehrten sich und Ihr habt dann beschlossen, sie auszulöschen. So ist es heute Euer Land.“
    Heinz verschluckte sich. Mustafa verzog seine Miene. Der Türke verstand überhaupt nicht, warum Muhammad den Deutschen provozierte. Seine Anspielungen waren nur zu deutlich. In Wirklichkeit war dieser Seitenhieb gegen den Jüsbaschi gerichtet. Muhammads Miene war starr. Er fuhr fort: „Hier aber töten die Menschen nur, weil sie sich entweder verteidigen müssen, oder weil sie eine Überzeugung haben.“
    Heinz' Augen wurden zu Schlitzen, als wollte er dem Kurden Androhen, ihm den Garaus zu machen. „Wollt Ihr damit sagen, wir Deutschen hätten keine Überzeugung? Wir würden nicht aus Überzeugung unsere Feinde töten? Habt Ihr das etwa gemeint?“
    Des Aghas Miene blieb so verharrt wie zuvor. „Hier glauben die Menschen wirklich an etwas! Sie glauben an Allah oder an Jesus Christus. Sie glauben an den Koran oder an die Bibel. Sie glauben wirklich daran. Sie tun nicht nur so! Und wenn sie sich im Namen ihres Gottes gegenseitig töten, dann tun sie das aus Überzeugung! Sie tun das, weil sie daran glauben, dies für ihren Gott, für ihr Seelenheil tun zu müssen. Nicht, um sich persönlich zu bereichern!“
    Der Deutsche schmunzelte. „Da habe ich aber bei Euren Soldaten ein ganz anderes Verhalten gesehen.“
    Der Türke hob seine Hände in die Luft. Er dachte sich, der Haschisch sei wohl der Grund für Muhammads wahnsinniges Verhalten. Einen Streit jeglicher Art zwischen den beiden Herren wollte er vermeiden.
    „Meine Herren, es ist spät geworden und wir müssen früh aufstehen. Wir haben einen langen Krieg zu führen.“
    Der Agha verneigte sich vor dem Jüsbaschi, dann in die Richtung des Generalmajors. Er bedankte sich beim Türken für den netten Abend und bat ihn, ihm einen großen Beutel von dem Wunderstoff zukommen zu lassen. Danach entschuldigte er sich beim Deutschen, wenn er auf irgendeine Weise ausfallend gewesen sei. Der Preuße hingegen schüttelte den Kopf, lächelte und erwiderte dem Kurden, er habe nichts Ausfallendes an seinen Worten bemerkt. Der Agha war höflich zu Heinz nur der Förmlichkeit wegen. Gerade eben hatte er in ihm einen Bruder erkannt und jetzt schon hasste er ihn, mehr als er den

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