Liebe und Völkermord
die direkten Nachfahren der ersten Apostel. In die ganze Welt haben wir das Evangelium unseres Herrn verkündet, von Arabien bis nach Indien, von Anatolien bis nach Britannien, und haben viele heidnische Völker zum wahren Glauben an unseren Herrn Jesus Christus bekehrt. Jesus Christus hat durch seine Zunge unsere Sprache geheiligt. Über die Jahrhunderte haben sie so viele unserer Schwestern und Brüder zur Religion ihres Lügenpropheten bekehrt, und unsere Schwestern und Brüder vergaßen ihre edle Abstammung und die heilige Sprache ihrer Mütter und Väter. Sie wollen unsere Religion, unsere Sprache und Kultur für immer ausrotten. Die Heiligen und die Engel unseres Herrn werden dies nicht zulassen. Vertraut auf Gott! Er wird uns nicht im Stich lassen.“
Es wurde laut in der Kirche, denn einige Kinder weinten laut. Die Frauen versuchten, sie zu beruhigen. Der Bischof hielt inne. Der Abt übernahm das Vorbeten.
Philoxenos wandte sich dann den beiden Priestern wieder zu. „Saffar, der Vertreter der Jesiden, hat mir ihre Unterstützung zugesichert. Sie werden uns Nahrung und Munition zukommen lassen. Sie schicken ihre Männer mit der Ladung nach Seito, das kleine Dorf hinter dem Südhügel. Wir müssen Männer auswählen, die nachts dorthin gehen und die Ladungen abholen.“
„ Sejdna, die Moslems haben das Dorf umzingelt. Auch nachts, wie ich befürchte, werden sich unsere Männer nicht an den Wächtern und durch die Reihen der Moslems schleichen können. Unsere Lage ist aussichtslos. Wir müssen das vor den Menschen geheim halten“, merkte Aljas John mit gesenktem Haupt an.
„ Nur wenige Menschen wissen, dass dieses Kloster einen unterirdischen Gang hat, der nach weit außerhalb des Dorfes führt“, erwiderte der Bischof ihm im Flüsterton. Der Katholik und der Protestant runzelten beide die Stirn und schauten sich gegenseitig an.
„ Nur der Abt und ich wissen von diesem Geheimausgang. Wir werden ihn nutzen. Niemand sonst darf von diesem unterirdischen Gang erfahren“, fuhr Philoxenos fort. Die beiden Priester senkten beide gleichzeitig ihre Häupter. Sie freuten sich innerlich, lächelten aber nicht. Es gab also doch noch einen Grund, an die Hoffnung zu glauben, die Belagerung und den Angriff der Moslems innerhalb der Mauern des Klosters zu überleben.
Plötzlich ging ein Raunen durch die Menge der versammelten Gläubigen. Die Frauen traten auseinander und machten den Weg frei. Isa aus Kafro, seine beiden Neffen Danho und Hanna hinter ihm, und Skandar an seiner Seite, traten vor. Sie verneigten sich in die Richtung des Bischofs. Der Bischof kam auf sie zu. Sie küssten der Reihe nach seine rechte Hand. Die Kleidung aller Männer war zerlumpt und dreckig. Dreckig vom Staub des aufgewühlten Sandes unter ihren Füßen und vom schwarzen Schießpulver ihrer Waffen.
Isa atmete schwer. Seine Stirn und seine Hände waren schweißig. Als sein Herz nicht mehr so schnell schlug, sprach er endlich: „Sejdna, uns ist die Munition ausgegangen. Wir mussten unsere Stellungen an den drei Ausgängen des Dorfes aufgeben. Wir müssen nun hier im Kloster ausharren.“
Danho und Hanna schauten deprimiert, aus Isas Augen tropften Tränen herunter und Skandar schaute mit verzogener Miene auf den Boden vor seinen Füßen.
Philoxenos hob seine Arme und dankte den Männern für ihren tapferen Kampf gegen die Feinde des Christentums. Dann nahm er Isa bei seiner rechten Hand und führte ihn in jene Ecke, wo er zuvor mit Pater Gabriel Michel und Pfarrer Aljas John gesprochen hatte. Skandar schaute verwundert auf zum Bischof. Isas Neffen und die anderen Männer hinter ihnen beobachteten sie. Sie flüsterten einander zu und fragten sich, was der Bischof vor ihnen zu verheimlichen habe. Es wurde immer lauter in der Kapelle. Sie verstanden akustisch nichts von der Unterredung des Bischofs mit Isa. Sie sahen, wie Isa sich vor Philoxenos verneigte und erneut seine rechte Hand küsste. Dann kam Isa auf sie zu geeilt. Er wählte fünf Männer aus, darunter seine Neffen und Skandar, und sie folgten Philoxenos aus der Kapelle heraus.
Das Wasser war so rein, er konnte klar den Grund des Flusses sehen. Hatte er doch eigentlich Angst vor dem Schwimmen überhaupt und natürlich vor allem vor dem Tauchen in die Tiefe eines Flusses oder des Meeres, doch jetzt fürchtete er sich nicht davor, und er tauchte und tauchte weiter hinab. Er trug seine gewöhnliche Kleidung, das weiße Hemd mit der schwarzen Stoffhose.
War der neben ihm ihn
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