Liebe und Völkermord
begleitende Taucher etwa Madschid? Nein, er war nicht Madschid, aber er sah so ähnlich aus wie er. War dieser Taucher mit der weiß leuchtenden Gestalt überhaupt ein Mensch? Er sah aus wie ein Mensch, doch wahrscheinlich war er keiner. Er schwamm rechts neben Matthias.
Matthias schaute nach links hinter ihm. Da sah er eine Gruppe von ihm nicht bekannten Gestalten. Sie leuchteten ebenfalls strahlend weiß wie die Gestalt zu seiner rechten Seite. Sie schwammen in dieselbe Richtung wie er, sie hielten einen Abstand von etwa 20 Metern.
Obwohl er schon so weit nach unten getaucht war und schon so lange unter Wasser war, litt er nicht an Sauerstoffmangel. Er brauchte nicht zu atmen, denn hier unten war er quasi unsterblich.
Er sah große Fische, er beachtete sie nicht weiter. Er sah Algen und Quallen. Das Wasser war so klar und rein, es schien, als sei der Fluss das Tor zu einer anderen Welt.
Er hatte sich am Ufer befunden. Es war ein wunderschöner Tag, die Sonne schien strahlend schön auf ihn und auf die Hügel unweit des Tigris herab. Und er war einfach so in den Fluss gesprungen. So weit er sich entsinnen konnte, war er allein gewesen, bevor er in den Tigris sprang.
Dann sah er ein Gebäude in Form eines Hauses. Es hatte einen offenen Eingang. Er hielt inne. Er schwebte dort im Wasser. Das Wesen an seiner Seite blieb ebenfalls stehen.
Matthias betrachtete das Gebäude. Es sah aus wie ein großer Kasten aus grauem Beton oder aus Stahl. Obwohl er etwa 50 Meter davon entfernt stand, konnte er in das Gebäude hinein schauen. Da waren Lichter wie große Laternen, sie strahlten weiß wie Tageslicht. Zwischen den Laternen war eine Art Gehweg oder Straße aus grauem Boden. Kein Mensch und kein menschenähnliches Wesen hielt sich dort auf.
Matthias erkannte nicht, was dieses Gebäude darstellen sollte und warum er sich überhaupt hier tief unten im Fluss aufhielt. Er schaute das Wesen zu seiner rechten Seite an. „Was ist das?“
Er sprach es an, obwohl er seinen Mund nicht öffnete. Sie kommunizierten auf telepathische Art.
„Das ist das Himmelreich Gottes.“
Verblüfft schaute Matthias noch einmal hinab zu dem Gebäude. Ja, das konnte in der Tat das Paradies Gottes sein. Es sah so schön strahlend aus und es war so ruhig dort. Dort war es friedlich wie auf keinem anderen Ort der Welt.
„Wenn du möchtest, kann ich dich jetzt dorthin mitnehmen“, fuhr das Wesen fort. Matthias schaute immer noch das Gebäude an. Jetzt verstand er alles. Seine Zeit war also gekommen. Gott stellte ihn offenbar vor die große Wahl. Er hätte „Ja“ sagen und dem Engel zu Gott ins Paradies folgen können. Aber er dachte in jenem Moment an seine Familie, sein Heimatdorf, sein Volk, welches sich gerade in großen Schwierigkeiten befand. Er musste seinem Volk beistehen. Er musste es zu überleben helfen. Er hatte eine Mission zu erfüllen. Noch so Vieles wollte er tun, den Menschen zeigen und offenbaren, den Menschen helfen, den Ungebildeten und Gebildeten. Und er hatte noch sein selbst geschriebenes Buch, was er nicht nur an die Aramäer weitergeben wollte. Sein Leben sollte nicht einfach so ohne die von ihm erfüllten großen Aufgaben zu Ende gehen.
Also wandte er sich dem Engel zu. „Nein, jetzt noch nicht!“
Dann zog er seine Beine an und gab sich selbst einen kräftigen Ruck. Er schwamm nach oben an die Oberfläche. Im Nu war er wieder nach oben getaucht. Sein Kopf tauchte aus dem Fluss auf. Er atmete wieder die Luft der Erde ein.
Und sogleich wachte er auf. Welch ein seltsamer Traum das doch gewesen war, dachte Matthias. Er war real und surreal zugleich. Er war eine Vision und eine Offenbarung zugleich. Nein, war sich der Kleinwüchsige sicher, das war kein normaler Traum gewesen. Gott hatte zu ihm gesprochen. Alles war real gewesen. Er war quasi schon tot gewesen. Er sollte wohl sterben. Doch Gott war barmherzig, er gab ihm die Gelegenheit, noch einmal zum Leben auf die Erde zurückzukehren.
Gott der Allmächtige hatte sich ihm offenbart.
Er war sich sicher, er war nun unverwundbar. Gott würde ihn beschützen, ganz gleich, was geschehen mochte.
Da erblickte er das riesige Heer der Muslime. Wie sollte er sich durch sie hindurch huschen? Es waren hunderte, tausende. Sie waren auf das gesamte Areal verteilt. Alle drei Zugänge zum Dorf wurden von ihnen blockiert. Er als kleiner Mann würde nicht sofort auffallen und andererseits würde er gerade wegen seiner außergewöhnlich geringen Körpergröße auffallen. Es war
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