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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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das passieren? Wo waren die Wächter?“, fragte der schockierte Pascha. Er hastete aus dem Zelt hinaus. Muhammad blieb in seinem Zelt. Er überlegte. Offenbar trieb sich ein Meuchelmörder in ihrem Lager herum und der deutsche General war nicht an dem Attentatsversuch an ihm beteiligt, dachte er. Dann hätte er sich womöglich geirrt und vorschnell über den Deutschen geurteilt. Sein Hassgefühl gegen den Deutschen war verschwunden. Er dachte daran, sich sofort bei Heinz zu entschuldigen, doch das hätte seine Position ihm gegenüber und im gesamten Heer geschwächt. Deswegen nahm er sich vor, seinen Irrtum nicht öffentlich zuzugeben.
    Draußen wurde es immer lauter.
    Muhammad schritt zum Ausgang, auf dem Weg zur Stelle der Ermordeten.
     
    Barsaumo kam aus dem Westen nach Iwardo. Auf halbem Wege dorthin war er einem Mhalmojo, einem zum Islam konvertierten Aramäer, namens Saffar begegnet. Jener Mann erzählte ihm, viele Christen hätten fliehen und sich in der Klosterfestung von Iwardo verschanzen können.
    Da es zu gefährlich war und niemand wusste, ob sich noch einige kurdische und türkische Söldner in den Tälern und Hügeln aufhielten, zog er nur nachts weiter in Richtung Iwardo.
    Der Araber war sehr nett zu ihm gewesen. Er hatte ihm ein Mauser Gewehr des Modells 98 gegeben, eines, nach eigener Aussage, der besten des Reiches, beschafft, und einen Säbel, einen Kilidsch, bei dessen Qualität sogar der Sultan selbst neidisch geworden wäre, und drei Dolche, einer davon war ein persischer Schamschir. Die Klingen von zwei der drei Dolchen hatten eine Form wie die des Säbels, eine in etwa zur Hälfte gestreckte Klaue einer Sichel. Die Klinge des anderen war beidseitig geschärft, gerade geformt, fünf Zentimeter breit und mit einer äußerst scharfen Spitze. Es eignete sich sowohl zum Stechen als auch zum Schneiden.
    Als er sich dem Dorf näherte und den Berg im Westen erreichte, entdeckte er auf halber Höhe des Hangs eine nur drei Meter breite Höhle, in der er in der Nacht seiner Ankunft verweilte.
    Es war zu gefährlich für ihn geworden, in die Nähe des muslimischen Feldlagers zu gehen. Wie sollte er an die vielen Soldaten vorbeikommen, um zur Festung hinauf zu gelangen? Es schien aus seiner Sicht unmöglich zu sein.
    Mitten in der Nacht erwachte er. In seinem Alptraum hatte er die von ihm erschlagenen Menschen, Aische und Tuma, gesehen. Sie waren unschuldig gewesen. Er selbst hatte doch große Sünden begangen. Der Grund für sein Überleben blieb für ihn ein Rätsel. Offenbar sollte er weiterleben, um mit diesem schlechten Gewissen zu leben. Jene Toten verfolgten ihn Tag und Nacht. Immer wieder tauchten sie in seiner Einbildung auf. Er sah sie, sie standen direkt vor ihm. Sie redeten zu ihm. Er versuchte, sich abzulenken und nicht den Verstand zu verlieren. Von nun an wollte er seine Sünden begleichen. Er wollte nun Schuldige töten. Jene Mörder dort unten im Tal auf der anderen Seite dieses Hügels hatten allesamt den Tod verdient. Den Totschlag an ihnen würde er nie bereuen, noch würden diese von ihm getöteten Soldaten ihn in seinen Träumen verfolgen.
    Er hatte bereits zwei Menschen getötet, was er nie für möglich gehalten hatte. Nun fiel ihm das Töten leicht.
    Er schlich zum Gipfel über den Hang hinauf. Oben angelangt, erhaschte er einen Blick hinab auf das Lager der Feinde des christlichen Glaubens. Da sah er mehrere dunkle Flecken, das waren ihre Zelte. An den vier Enden des Lagers brannten jeweils zwei Fackeln, das waren die Wächter. Er blieb liegen und beobachtete sie eine Stunde lang. Nach einer halben Stunde sah er, an dem einen Ende auf seiner Seite des Hügels wanderten die Fackeln vorwärts und ließen die Stellung für einige Augenblicke ungeschützt. Die Moslems ließen offensichtlich bei dem Schichtwechsel für einige Momente ihr Lager ungeschützt. Er schätzte, die Soldaten wechselten sich wohl alle zwei oder drei Stunden ab. Dann hätte er ein Schlupfloch und könnte sich in das Lager hinein mogeln.
    Er ging wieder zurück in die Höhle, setzte sich hin und versuchte zu schlafen. Sein Rücken war verkrampft, seit vier Tagen hatte er nicht mehr auf einer angenehm weichen Matte geschlafen. Sein Bauch war stramm geworden. Der Araber hatte ihm nicht viel an Proviant mitgegeben, er ging davon aus, Barsaumo würde die Reise gen Aramäerland innerhalb von wenigen Tagen schaffen und da sei schwieriges Gepäck nur eine überflüssige Last gewesen. Der gute Moslem hatte ihm

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