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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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seinem Heimweg nach Beendigung des Feldzuges den Schmuck Kindern und armen Familien zum Geschenk zu machen.
    Da traten die beiden unerbittlichen und skrupellosen Ümit und Hassan auf und setzten sich auf den Steinen rechts von Muhammad. Ümit schaute nicht zu Muhammad. Er verzog sein Gesicht. Die ganze Zeit über schaute er verächtlich drein. „Diese verfluchten Christen werden nie aufgeben, fürchte ich. Wir sollten kurzen Prozess mit ihnen machen!“
    In der Runde blieb es still. Zwar waren sie alle Verbrecher, doch waren sie quasi Verbrecher des Berufes wegen. Es war eine Arbeit, welche sie widerwillig erledigen mussten. Ümit aber genoss das Schlachten der Christen. Er war jedoch nicht religiös motiviert worden. Schon als Kind hatte er eine Vision. Er träumte davon, eines Tages zum Sultan oder zu einem großen Herrscher der Osmanen ernannt zu werden. So jung er war, glaubte er immer noch, dieses hehre Ziel eines Tages durch harte Arbeit und bedingungslosen Gehorsam zu erreichen. Ein ausgezeichneter Soldat der Hohen Pforte wollte er sein und sich durch herausragende Vollstreckung der Befehle eben jener auszeichnen und bis zum höchsten Rang des Reiches aufsteigen.
    Muhammad Mustafa stand auf und trat zur Seite. Ümit schaute nicht zu ihm, doch sagte er über ihn: „Meine Worte schmecken wohl nicht dem Schwiegersohn der Christen!“
    Muhammad blieb zwar stehen, aber er drehte sich nicht um. Omar schaute angespannt zu ihm auf. Osman und Amir schauten sich fassungslos gegenseitig an. Nur Hassan schien Ümits Provokation zu genießen, er grinste.
    Der Schwiegersohn der Christen aber ging davon, in Richtung seines Zeltes, es war das dritte direkt auf der linken Seite.
    Ümit putzte symbolisch mit seiner rechten Hand seinen Mund und machte eine wegschmeißende Bewegung und spuckte auf den Boden. Er drückte damit öffentlich seine Verachtung des Muhammad Mustafa aus.
    Es war inzwischen dunkel geworden. Amir eilte zurück in sein Zelt und kam mit einer Fackel wieder zurück. Im Lager war es immer noch laut, in den Zelten sprachen die Soldaten miteinander und in der Männerrunde auf der anderen Seite des Lagers lachten die Männer laut.
    Die Männer schwiegen eine Weile lang. Der Berg unweit hinter ihnen erstreckte sich nun wie ein großer dunkler Klotz. Mit bloßem Auge konnten sie nichts Konkretes mehr vom Hügel erkennen.
    Der Schatten hatte sie die ganze Zeit über beobachtet. Nun, da die Sonne verschwunden war, war der Schatten kein Schatten mehr sondern eine geräuschlos wandelnde unsichtbare Gestalt. Sie schlich den Berghang hinab und befand sich am unteren Ende.
    Omar seufzte. Ümit schaute ihn verächtlich an. „Ich habe genau so wie ihr keine Lust mehr auf diese Mistarbeit! Aber es ist unsere Pflicht, ja! Stellt euch vor, sie wären an unserer Stelle und wir an ihrer, würden sie etwa nicht dasselbe mit uns tun?!“
    Die Männer dachten über Ümits Worte nach. Sie kamen zum Schluss, er hatte wohl recht.
    Wieder schwiegen sie. Nach einem kurzen Augenblick brach Amir das Schweigen: „Habt ihr Lust auf ein Würfelspiel?“
    Die Männer schwiegen, Amir fasste das als Bejahung auf. Er eilte zu seinem Zelt und kam mit zwei Würfeln und einem Becher in seinen Händen zurück. Sie spielten Mann gegen Mann. Einer würfelte, nachdem er die beiden Würfel im Becher ordentlich geschüttelt hatte, danach der andere. Wessen Summe der beiden geworfenen Würfel höher war als die des anderen gewann die Runde und musste seinen Geldeinsatz an den Sieger abtreten. Zuerst spielte Amir gegen Hassan, dann Amir gegen Ümit, dann Amir gegen Omar. Danach war Osman an der Reihe und spielte gegen Amir, danach Hassan, Ümit und Omar. Danach war Hassan an der Reihe. Er spielte zuerst gegen Ümit, danach gegen Omar. Omar verlor sein Spiel gegen ihn. Er hatte zweihundert Kurusch bis jetzt verloren. Er trat ab mit der Entschuldigung, pinkeln zu müssen. Als er fort war und in der Dunkelheit irgendwo am Hang des Berges verschwand, lachte Hassan. „Er will sich wohl nur verdrücken.“
     
    Der Pascha stand entsetzt neben Orhan vor dem Schauplatz. Sie schauten sich die Leichen an. Zwei Soldaten standen mit Fackeln in ihren Händen neben den Leichen von Ümit und Hassan. Ein anderer stand hinten am Berg vor der Leiche des Omar. Osman und Amir lagen tot auf ihren Rücken zu Füßen des Paschas.
    „Wir vermuten, diese beiden hat er gezielt mit zwei Messerwürfen getötet. An die beiden anderen hat er sich herangeschlichen und ihnen von

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