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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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hinten die Kehlen durchgeschnitten. Den da hinten am Hügel hat er zuerst erstochen. Er muss sich wohl von der Westseite des Dorfes, hinter dem zerstörten Wall, herangeschlichen und sich auf dem Hang versteckt haben, bis er zuschlug“, erklärte Orhan.
    Der Pascha dachte nach. Der Plan schien zu riskant zu sein in seinen Augen. Warum sollten die Aramäer einen von ihnen mit solch einer Mission ausschicken, fragte er sich. Und wenn, warum haben sie dann nur einen einzigen Mann damit beauftragt? Für ihn war die Sache eindeutig. „Nein, ich denke nicht, dass er aus dem Dorf kam. Entweder er ist hier unter uns, einer aus unserem Lager oder es ist ein Einzeltäter und er kam von jenseits der Berge.“
    Orhan schaute nachdenklich. Er stimmte Ali stillschweigend zu.
    „ Was hältst du für wahrscheinlicher?“, fragte der Pascha Orhan. Sein gebrechlicher Freund hatte sich eben mit seiner falschen Analyse des Hergangs des Mordes blamiert, nun traute er sich nicht, seine Meinung diesbezüglich zu sagen. „Ich weiß es nicht.“
    Ali hörte ihm nicht zu. Er überlegte, ob vielleicht die Krankheit des Generalmajors irgendetwas mit den fünf Morden an den Söldnern zu tun haben konnte. Daher schritt er davon, geradeaus an mehreren Zelten vorbei in Richtung des Zeltes des Preußen. Der noch leicht hinkende Orhan hatte Mühe, mit dem Pascha schrittzuhalten und wäre beinahe sogar gestolpert.
    Als der Pascha unangekündigt in das Zelt eintrat, erhob sich Johann erschrocken vom Boden. Er war sitzend eingeschlafen.
    Ali hätte den jungen Deutschen getadelt, wenn er einer seiner Untergebenen gewesen wäre. Er seufzte nur. Er beugte sich vor und nahm die Feldflasche vom Boden, genau neben der Matte des kranken Heinz. Er schüttelte sie, es war kein Wasser mehr drin. „Wo hast du die Flasche nachgefüllt?“
    „Am Brunnen im kurdischen Dorf nördlich von uns. Von dort habe ich auch die beiden anderen Flaschen bekommen“, antwortete Johann.
    Ali beugte sich erneut vor und nahm eine der beiden anderen Flaschen vom Boden. Er nahm den Deckel ab und roch dran. Orhan näherte sich ihm. „Glaubt Ihr, das Wasser ist vergiftet worden?“
    „Ich weiß es nicht, ich bin mir nicht sicher. Wir müssen zum Brunnen gehen und das Wasser probieren.“
    Orhan nickte und schritt voraus. Sie eilten in die Richtung des Dorfes. Es war bereits 21 Uhr geworden und das Dorf legte sich allmählich zum Schlaf nieder. Fünf Soldaten mit Fackeln in ihren Händen eskortierten sie.
    Es war kein echtes Dorf, sondern eine Ansammlung von Menschen. Sie waren von weither gekommen, manche aus Mardin, einige aus Midjat und Dijabakir und wieder einige andere aus entfernteren Städten und Dörfern. Von hier erhofften sie sich nach der Eroberung und Säuberung von Iwardo ein großes Stück Land zu bekommen, was ihnen die Regierung versprochen hatte.
    Der Brunnen befand sich auf der westlichen Seite der Siedlung. Womöglich hatten sie absichtlich einen Korridor vor dem Brunnen zwischen ihrer Siedlung und dem Soldatenlager errichtet. Der Pascha duldete die Unannehmlichkeiten der Anwesenheit dieser einfachen Bauern und Landstreicher.
    Ali befahl einem der Soldaten seiner Eskorte, den Eimer in den Brunnen zu werfen und ihn danach wieder herauszuziehen. Als der Soldat den Eimer hochgezogen und auf den Steinrand gelegt hatte, befahl ihm sein Oberbefehlshaber, das Wasser zu trinken. Orhan schaute Ali schockiert an. Der Soldat, - sein Name war Süleyman, er war gerade einmal 18 Jahre alt geworden – wusste nichts von der mutmaßlichen Vergiftung des Wassers. Orhan überlegte, ob er einschreiten sollte, ihm blieben nur noch Sekunden zum Handeln.
    Er tat es doch nicht. Süleyman hob den Eimer mit seinen beiden Händen, kippte ihn vor seinem Mund und trank das Wasser.
    Ali beobachtete ihn. Süleyman hielt kurz inne und holte dann aus, um noch einen Schluck vom Wasser zu nehmen. Es schmeckte gut, doch er hatte keinen Durst, weswegen er es mit Mühe herunterschluckte.
    Der Pascha hob seine rechte Hand. „Das reicht!“
    Schweigend schaute er Süleyman an. Der junge Türke schämte sich, den Pascha anzuschauen und nach dem Grund seiner Beobachtung zu fragen.
    Süleyman zeigte immer noch keine Anzeichen eines Anfalls. Ali schaute verwundert. Er seufzte resigniert. Dann schritt er davon.
    Als sie sein Zelt erreichten, befahl er dreien der Männer der Eskorte, Süleyman zu seinem Zelt zu begleiten, seine Kameraden aus dem Zelt hinauszuschaffen und bei ihm zu bleiben bis zum

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