Liebe Unerwuenscht
Tür aufzuhalten. Caroline warf die Beifahrertür mit einem Grinsen zu, als Jennifer bei ihr ankam. »Und denken Sie daran. Fassen Sie meinen Stuhl nicht an!«
Jennifer hielt sich an Carolines Warnung, aber nur eingedenk eines Paares drohend dreinblickender Augen, als sie einen Schritt um den Tisch herum machen wollte, den ihnen der Kellner zugewiesen hatte.
»Normalerweise wissen die Frauen es zu schätzen, dass ich sie zuvorkommend behandle«, beschwerte Jennifer sich, während sie sich setzte.
»Und was Sie sonst noch mit ihnen tun, schätzen sie sicher auch«, meinte Caroline trocken. »Da dieses ›sonst noch‹ aber keine Option für uns ist, wie ich bereits mehrmals deutlichgemacht habe, können wir uns auch das andere sparen.«
»Sie sind wirklich eine harte Nuss«, brummte Jennifer.
»Und Sie machen sich langsam lächerlich.«
Der Kellner brachte die Karte. Sie wählten eine Flasche Rotwein, die der Kellner im Handumdrehen brachte, anschließend die Bestellung aufnahm und sich diskret zurückzog.
»Wie geht es denn in Ihrer Firma? Konnten Sie den durch den Datenraub entstanden Schaden eingrenzen?« fragte Caroline. Einerseits wollte sie ein weniger verfängliches Thema anschneiden, andererseits brauchte sie einen Einstieg, von dem aus sie auf den geplanten Verkauf des Krankenhauses überleiten konnte.
Bereitwillig erzählte Jennifer von den Maßnahmen, die sie zur Schadensbegrenzung eingeleitet hatte. Caroline verstand nur Bruchteile von dem, was Jennifer ihr zu erklären versuchte. Die vielen Fachbegriffe verwirrten sie. Aber soviel wurde doch klar: Jennifer war überzeugt, den befürchteten Einbruch abwenden zu können.
»Dann sind Sie ja noch mal mit einem blauen Auge davongekommen.«
»Kann man so sagen. Der Verlust wird sich in Grenzen halten. Etwa vierhunderttausend Euro.«
»Vierhunderttausend?« echote Caroline. »Und das sagen Sie einfach so?«
»Es ist ja kein realer Verlust. Wir werden voraussichtlich vierhunderttausend Euro weniger Gewinn machen als geplant. Das bedeutet, unsere Aktie wird weniger stark steigen. Das ist natürlich ärgerlich, aber nicht der Weltuntergang«, erklärte Jennifer gelassen. »Natürlich werden wir alles daransetzen, diese vierhunderttausend woanders herzubekommen.«
»Zum Beispiel, indem Sie im Stadtrat den Verkauf des städtischen Krankenhauses an einen privaten Konzern unterstützen. Zufällig haben Sie selbst Anteile an einen dafür in Frage kommenden Konzern«, sagte Caroline. »Damit treiben Sie diese Aktie doch sicher in die Höhe. Wie heißt es so schön? Einmal verliert man, einmal gewinnt man.«
Jennifer sah Caroline offen an. »Ja, ganz recht. So geht es zu in der freien Marktwirtschaft.«
Der Kellner brachte das Essen, so dass Caroline die Bemerkung zurückhielt, die ihr auf der Zunge lag. Nämlich die, dass Jennifer ihre Umwelt als einen großen Selbstbedienungsladen betrachtete. Egal, worum es sich handelte, ihr Motto schien zu lauten: Gefällt mir, will ich haben, nehme ich mir. Bisher war sie damit anscheinend auch immer durchgekommen.
»Wann wollten Sie mir sagen, dass Sie an der Schließung des Krankenhauses mitwirken, in dem ich arbeite?« fragte Caroline, als der Kellner gegangen war. Sie fragte es in ruhigem Ton, auch wenn das Thema sie bewegte. Aber es hatte keinen Sinn, einen Streit vom Zaun zu brechen. Nicht zuletzt, weil Jennifer ihr keinerlei Erklärungen schuldig war.
»Ich hatte nicht die Absicht, meine Geschäfte mit Ihnen zu besprechen«, erklärte Jennifer auch prompt und hatte dabei nicht die geringsten Gewissensbisse. »Aber wenn wir nun schon dabei sind – wer spricht von einer Schließung des Krankenhauses? So weit ich weiß, niemand. Im Gegenteil, sollte das Geschäft zum Abschluss kommen, ist eine umfangreiche Modernisierung geplant.«
»In deren Folge wie viele Mitarbeiter entlassen werden?«
Jennifer blickte Caroline offen an. »Das kann heute noch niemand sagen. Aber wenn es dazu kommen sollte, bin nicht ich dafür verantwortlich oder der Vorstand des neuen Eigentümers, sondern allein die Tatsache, dass unwirtschaftliche Abteilungen und Institutionen auf Dauer keine Daseinsberechtigung haben.«
»Dass die Kranken dabei auf der Strecke bleiben, ist natürlich unwesentlich. Geschlossene Abteilungen bedeuten nichts anderes als längere Wartezeiten und Anfahrtswege für die Patienten, die sich eine Privatklinik nicht leisten können.«
Jetzt runzelte Jennifer unwillig die Stirn. »Oh bitte Caroline. Verderben
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