Liebe Unerwuenscht
Einstellung«, meinte Jennifer.
»Weshalb bist du hier?« fragte Caroline nun direkt. Sie hatte den Eindruck, Jennifer wollte über irgend etwas mit ihr sprechen, fand aber keinen rechten Anfang. Sie lief wie die Katze um den heißen Brei herum, und das sah ihr gar nicht ähnlich.
Jennifer grinste verlegen. »Du kennst mich mittlerweile ganz gut.«
»Du würdest nicht herkommen, nur um mich zu fragen, wie ich damit klarkomme, dass du vielleicht bald mein Boss bist«, bestätigte Caroline leise lächelnd. »Aber es ist ja noch nicht raus, ob du es sein wirst.«
»Ich werde zumindest mein Bestes geben.«
»Und ich werde dich nicht aufhalten.« Caroline drehte sich um, kehrte hinter ihren Schreibtisch zurück, setzte sich und legte lässig die Arme auf die Stuhllehne. Jennifer griff nach dem Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches, setzte sich ebenfalls.
»Das weiß ich, aber . . . würdest du mir helfen? Ich möchte, dass du mal auf das Übernahmeangebot schaust. Besonders, was die technischen Fragen betrifft.«
Caroline war, zunächst noch lächelnd, dann zunehmend entgeistert, Jennifers Worten gefolgt. Eine Minute sagte sie gar nichts. Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Ganz besonders oft die, ob Jennifer verrückt geworden war. »Du glaubst doch nicht wirklich, ich würde dir dabei helfen, meinen Kollegen das Wasser abzugraben?«
Jennifer hatte eine Reaktion dieser Art erwartet und ihre Antwort schon parat. »Irgendein privater Träger wird das Krankenhaus kaufen. Was die anderen Anbieter für Pläne haben, weiß ich nicht. Wir jedenfalls wollen das Krankenhaus betreiben . Auf lange Sicht. Wenn das möglich ist. Wir bieten Chancen.«
»Den Leuten ist die Aussicht auf eine Chance aber zu wenig. Sie wollen einen sicheren Arbeitsplatz.«
»Verstehe. Man muss den Leuten ihre Ängste nehmen? Ist es das, was du meinst?«
»Ja, zum Beispiel. Das wäre ein Anfang.«
Jennifer seufzte. Diese Denkweise war so typisch und so falsch, dass sie jedesmal, wenn sie ihr begegnete, aufs neue überrascht war. »Komischerweise fällt den Menschen die Unsicherheit ihres Arbeitsplatzes immer dann auf, wenn Veränderungen anstehen. Dabei vergessen sie, dass es auch vorher, in diesem Fall unter der Schirmherrschaft der Stadt, keine Arbeitsplatzgarantie gab. Dass es alle als selbstverständlich nahmen, dass die Stadt den Unterschuss des Haushaltes des Krankenhauses ausglich, ist nicht meine Schuld. Auch nicht, dass sich dadurch die Illusion einer gesicherten Arbeit in den Köpfen der Leute festgesetzt hat.
Nun hat die Stadt gesagt: Schluss. Das ist ein Fass ohne Boden. Wir wollen nicht mehr draufzahlen. Bevor wir zur letzten Alternative greifen und schließen, versuchen wir noch die ewige Baustelle zu verkaufen. Vielleicht findet sich jemand, der es besser kann als wir. Und will.
Und siehe da, es gibt auch ein paar Interessenten. Ein Vertreter sitzt hier. Und zum Dank dafür, dass meine Gruppe bereit ist zu investieren, wird mir vorgeworfen, für die Existenzängste der Belegschaft verantwortlich zu sein. Dabei habe ich mit ihnen gar nichts zu schaffen. Gerade ich bin es, die die Arbeitsplätze erhalten will. Zugegeben, es kann Entlassungen geben. Aber dazu wäre es sowieso gekommen, wahrscheinlich in noch viel verheerenderem Umfang.«
Caroline schaute Jennifer entgeistert an. »Die Stadt wollte das Krankenhaus schließen?«
»Ja.«
»Aber das hast du nicht gesagt.«
»Niemand machte sich die Mühe, danach zu fragen. Es ist einfacher, allen Beteiligten schlechte Motive zu unterstellen.«
»Na ja, ihr wollt das Krankenhaus ja wohl nicht aus uneigennützigen Motiven kaufen.«
»Lass uns bei einem gemeinsamen Abendessen weiter darüber sprechen. Dann erkläre ich dir in Ruhe, worum ich dich bitten möchte, und du kannst ja sagen oder ablehnen.«
»Ich habe bis zweiundzwanzig Uhr Dienst. Und morgen früh geht es gleich wieder um sieben Uhr weiter.«
Außerdem, in Erinnerung an das letzte gemeinsame Abendessen, wäre das vielleicht keine so gute Idee.
Jennifer nickte. »Gut. Dann morgen Abend?«
Caroline zögerte mit einer Antwort.
Jennifer sah sie fragend an. Dann verstand sie. »Das hier hat nichts mit uns zu tun, Caroline.«
Caroline seufzte. Das sagst du so. Für mich hat es sehr viel mit uns zu tun, wenn du nur in meiner Nähe bist.
Jennifer hingegen schien tatsächlich alles, was die gemeinsame Nacht betraf, ausgeblendet zu haben. Keine einzige Andeutung, kein Kommentar, nicht die geringste
Weitere Kostenlose Bücher