Liebe Unerwuenscht
keine, die es zugibt.«
Jennifer kam der Gedanke, dass sie bis vor wenigen Tagen – vor Caroline – ohne zu überlegen riskiert hätte, sich eine einzufangen und sich um den Rest nicht gesorgt hätte. Sie runzelte die Stirn.
Caroline sah es, bezog es auf ihre Äußerung und versicherte: »Keine Sorge, ich werde nicht kompliziert. Lass uns einfach essen gehen. Und dann erzählst du mir, was du mir erzählen wolltest. Deshalb bist du schließlich gekommen.«
»Ich . . .« Hatte schon vergessen, weswegen ich gekommen bin, gestand Jennifer sich verwirrt ein. »Wenn du willst, wir müssen nicht übers Krankenhaus reden.« Sie gingen zu Jennifers Wagen und stiegen ein.
Caroline sah Jennifer skeptisch von der Seite an. »Worüber denn dann?«
»Wir könnten . . .« Jennifer brach ab. An den Strand fahren, hatte sie gedacht. Uns in den Armen halten, küssen und viel mehr.
Jennifer verharrte wie hypnotisiert, weil ihr in diesem Moment klarwurde, wie sehr sie sich danach sehnte. Nicht einfach so, um an eine bereits erlebte aufregende Nacht anzuknüpfen, sondern . . . sie sehnte sich nach Carolines zarter Berührung. Deren Lippen auf ihrer Haut. Jennifer stand ganz unter dem Eindruck dieser Erinnerung und der damit verbundenen Erkenntnis, dass ihr die Situation entglitt.
»Wir müssen ja nicht über etwas Bestimmtes reden, sondern können einfach nur einen netten Abend zusammen haben«, sagte sie benommen von dieser Erkenntnis, bemüht, sich ihre Erstarrung nicht anmerken zu lassen. Sie startete den Volvo, fuhr los.
»Ach, das meinst du«, sagte Caroline leise.
»Nein! Gerade das meine ich nicht!« erwiderte Jennifer. »Aber ich kann verstehen, dass du das denkst. Wie solltest du auch nicht.«
»Was meinst du dann?«
Jennifer schwieg. Wie sollte sie Caroline erklären, was in ihr vorging? Dazu müsste sie es ja erst einmal selbst verstehen. Doch davon war sie weit entfernt.
Caroline sah Jennifer fragend an. Die warf ihr einen schnellen Blick zu.
»Ich denke an nichts Konkretes«, wich Jennifer aus.
Carolines zweifelnder Gesichtsausdruck sagte alles. »Wir sollten uns an den ursprünglichen Plan halten«, sagte sie.
»Wie du willst«, meinte Jennifer. Im Grunde war das auch das beste. Schließlich wollte sie bald ein Geschäft abschließen. Ein sehr wichtiges Geschäft. Um das abzusichern, war sie hier. Nicht um ihren aufrührerischen Hormonen auf den Grund zu gehen. Dennoch blieb ein enttäuschtes Gefühl zurück. Das immer noch andauerte, als sie im Restaurant saßen und das Essen bestellten. Jennifer kämpfte dagegen an, doch ein Rest überlebte jede Abwehr, ging über in Unzufriedenheit mit sich selbst.
Caroline entging Jennifers Unruhe nicht. Doch deutete sie die lediglich als eine ihrer unauslotbaren Stimmungen.
»Lammkeule klingt gut. Die nehme ich«, sagte Caroline.
Jennifer nickte. »Ja, warum nicht.« Sie bestellte bei der Kellnerin zweimal Lammkeule und eine Flasche Rotwein.
»Also«, sagte Caroline. »Lass uns darüber reden, wobei konkret ich dir helfen soll.« Sie fuhr sich in einer verzweifelten Geste durch die Haare. »Ich glaube nicht, dass ich das sage.«
Jennifer lächelte wissend. »Weil ich dich indirekt auffordere, deine Prinzipien zu verraten.«
»Ja. Ich bin strikt dagegen, die medizinische Betreuung in Zahlen zu messen. Und ich weiß genau, dass, wenn ich dir helfe, alles darauf hinausläuft«, sagte Caroline.
Kopfschüttelnd erwiderte Jennifer: »Ach Caroline. Niemand kann es sich auf Dauer leisten, etwas zu verschenken. Du beziehst doch auch ein Gehalt für deine Arbeit. Und kaufst du im Supermarkt nicht die Waren mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis?«
»Das ist doch nur normal.«
»Natürlich. Ich sage nichts anderes.«
Die Kellnerin brachte den Wein und schenkte ein. »Entschuldigen Sie. Es gab eine Panne in der Küche. Mit dem Essen wird es etwas länger dauern. Der Wein geht auf Kosten des Hauses.«
Jennifer nickte. »Kein Problem«, sagte sie und wandte sich dann wieder Caroline zu. »Ich weiß, es ist manchmal frustrierend. Alles wird in Zeit und Geld gemessen. Es ist wie in einem großen, reißenden Fluss. Um jeden rettenden Ast am Ufer herrscht ein Kampf. Jeder will ihn ergreifen und sich ins Trockene retten.«
»Du hast es geschafft. Du stehst am Ufer.«
»Wo großes Gedrängel herrscht und man aufpassen muss, nicht wieder in die Fluten zu fallen. Aber ab und zu, wenn die Gelegenheit günstig, das Wasser nicht ganz so reißend und der Boden
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