Liebe Unerwuenscht
verkneifen.
»Ha, ha. Das musste ja kommen. Aber falls dich Punkt eins wirklich interessiert, nein, ich bin nicht weitergekommen. Dabei habe ich im Gegensatz zu dir wirklich ernste Absichten. Und was Punkt zwei betrifft: Wir haben den absoluten Volltreffer gelandet. Allerdings mit einem kleinen Haken. Birch weiß es und stößt verbale Drohungen aus.«
»Was bedeutet ›absoluter Volltreffer‹?« wollte Jennifer wissen.
»Erzähle ich dir, wenn du wieder da bist. Bis dahin haben Sarah und ich noch eine Menge zu recherchieren, um die Story beweisfest zu machen.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Mach du dir noch ein schönes Wochenende mit deiner Ärztin«, feixte Beatrice.
»Würdest du bitte aufhören, sie immer meine Ärztin zu nennen! Das nervt.«
»Wie soll ich sie denn sonst nennen? Deinen Schatz? Das gefällt dir nicht. Deine Geliebte? Das würde ihr nicht gefallen.«
Jennifer kappte verärgert die Verbindung. So was musste sie sich nicht gefallen lassen. Kein Mensch nahm sie ernst. Caroline nicht, die ihr jeden Sinn für Romantik und jedwede Sensibilität absprach. Beatrice nicht, die sich darüber lustig machte, wie sie versuchte das Gegenteil zu beweisen.
»Und? Was haben die beiden erreicht?« fragte Caroline, die von der Terrasse hereinkam, zum Kühlschrank ging, aus dem sie eine Flasche Wasser herausnahm und sich ein Glas eingoss. »Auch eins?« fragte sie.
»Lieber ein Bier«, sagte Jennifer.
Caroline öffnete eine Flasche Bier, goss es in ein Glas und reichte es Jennifer. »Sie haben, ich zitiere, ›einen Volltreffer‹ gelandet«, gab Jennifer Beatrice wieder.
»Hört sich nach Titelblatt an.«
»Sie müssen noch recherchieren. Aber Beatrice klang schon wie die neue Chefredakteurin.«
»Gut. Besonders für dich. Oder?«
»Ja.«
»Warum schaust du dann so unzufrieden drein?«
Jennifer winkte ab. Was sollte es bringen, Caroline von dem Gespräch mit Beatrice zu erzählen. Der maximale Erfolg konnte sein, dass Caroline sich genauso über sie lustig machte wie Beatrice. »Ach nichts weiter. Ich denke, ich mache einen Ausflug zum Strand.«
»Gute Idee. Ich bin dabei.«
»Nimm es mir nicht übel, ich möchte lieber allein sein.«
Caroline schaute Jennifer überrascht an. Neckend sagte sie: »Ich wusste ja, dass du meiner überdrüssig werden würdest. Dass es allerdings so schnell gehen würde . . .«
»Caroline, bitte!« Jennifers Stimme ließ keinen Zweifel, dass sie im Moment keinen Sinn für Humor hatte. »Ich muss nachdenken.«
»Probleme in der Firma?« fragte Caroline.
»Nein, Probleme mit mir!« Damit stampfte Jennifer davon.
Caroline sah ihr verdutzt nach. Welche Laus war Jennifer denn plötzlich über die Leber gelaufen? Sollte sie ihr nachgehen und fragen? Doch dann entschied Caroline, dass es besser war, Jennifer sich und ihrem Problem, wie sie es nannte, zu überlassen. Wenn Jennifer in dieser Stimmung war, versperrte sie sich sowieso allem.
Jennifer spürte dieses Brodeln in sich, das sie von Verhandlungen kannte, mit deren Verlauf sie in höchstem Maße unzufrieden war. Alles in ihr verlangte dann danach aufzuspringen, auf den Tisch zu hauen und ihren Willen als Gesetz zu verkünden. Leider besaß sie diese Macht nicht.
Deshalb musste sie sich zusammenreißen und einen anderen Ausweg finden, so auch jetzt. Aber das konnte sie nicht, wenn Caroline in der Nähe war.
Nähe! Ha!
Was zum Teufel wusste sie, ob sie den Wunsch nach Nähe nun hatte oder nicht. Ihn verdrängte oder nicht. Darüber hatte sie sich bisher nie den Kopf zerbrochen. Warum auch? Sie hatte immer bekommen, was sie wollte. Auch ohne diese Nähe . Hatte nie in Frage gestellt, ob ihr das genügte, auch ohne Nähe .
Sollte sie jetzt auf einmal damit anfangen? Alles umwerfen, was bisher an seinem angestammten Platz stand? Fest stand, ihr Halt gab. Sicherheit. Unverletzlichkeit. Unabhängigkeit.
Sollte sie all das aufgeben, nur wegen Nähe ?
Jennifer ging mit weitausholenden Schritten die Straße zum Strand hinunter. Das Tempo ihren rasenden Gedanken entsprechend.
Ich bin Geschäftsfrau. Eine erfolgreiche, anerkannte Geschäftsfrau. Ich leite eine Firma mit mehreren hundert Angestellten, mache Millionenumsätze jedes Jahr, und was bringt mich aus der Fassung? Das kleine Wort Nähe . Das ist absurd.
Jennifer war am Strand angekommen und ließ sich in den Sand plumpsen. Das beruhigte sie irgendwie.
Mal langsam, Jennifer. Es ist ja nicht das Wort, das dich aus der Fassung bringt. Es ist die Frau, die
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