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Liebe unter Fischen

Liebe unter Fischen

Titel: Liebe unter Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rene Freund
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auszustrecken. Ihre Köpfe lagen nebeneinander. In ihren Augen spiegelte sich der Himmel.
    » Die Wolken sehen aus wie Seidentücher«, hauchte Mara, als wäre das ein Geheimnis.
    » Schlechtwetter kommt«, flüsterte Fred. » Diese Wolkenfetzen bedeuten kalte Luft in der Stratos- oder irgendwas –sphäre .«
    » Siehst du den Drachen ?«
    » Drachen ?«
    » Dort vorne … « Mara zeigte mit dem Finger. » Das ist der Drachenkopf. Er speibt gerade Feuer .«
    » Speit .«
    » Siehst du hier der Körper? Mit ganz vielen Zacken .«
    » Ja !« Fred begann allmählich zu sehen. » Und Stacheln .«
    » Und hier der lange Drachenschwanz! Der ist gefährlich !« , sagte Mara und fügte nach einem Augenblick des Schweigens hinzu: » Der Himmel ist das Beste auf Erden .«
    Fred hob seinen Kopf und sah Mara an: » Wer ist jetzt der Dichter? Du oder ich ?« , hörte er sich sagen, und es klang viel weniger witzig als gemeint.
    Mara setzte sich auf: » Du bist der Dichter! Und ich wünsche mir so sehr – ein Gedicht von dir !«
    » Ich schreibe nicht auf Bestellung .« Wieder hatte Fred schroffer geklungen, als er wollte.
    » Oh, hab ich dich beleidigt … « Mara streichelte über die feinen Haare auf Freds Arm. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Er setzte sich auf.
    » Tut mir leid … ich … schreibe momentan nicht .«
    » Das kann sich ändern«, sagte Mara. Vielleicht gab es im wissenschaftlichen Bereich auch Schreibblockaden, dachte Fred, aber er wollte das Thema keinesfalls vertiefen.
    Mara zeigte auf den Himmel im Westen. » Siehst du die Schildkröte? Ist sie nicht wunderbar mit ihrem runden Panzer ?«
    » Panzer«, wiederholte Fred. » Panzer ist kein poetisches Wort .«
    » Du bist der Dichter .«
    » Schwimmen wir eine Runde ?« , fragte Fred. » Mir ist heiß .«
    Der See klärte Freds Gedanken und machte Mara hungrig. Sie setzten sich an den Tisch vor der Hütte, tranken das frische Quellwasser und aßen eine Kleinigkeit. Mara sagte, sie müsse noch einige Beobachtungen aufzeichnen. Ob es Fred etwas ausmache, wenn sie hier sitzen bliebe? Das machte Fred nichts aus. Auch er nahm seinen Block zur Hand.
    » Ich dachte, du schreibst nicht«, sagte Mara.
    » Ich schreibe auch nicht. Ich mache mir höchstens ein paar Notizen .«
    Fred hörte Maras Kugelschreiber über das Papier rasen. Er dachte nicht daran, zu schreiben, er konnte ohnehin nur schreiben, wenn er allein war. Oder allein in einer Masse, also im Zug oder in einem Lokal. Doch Fred wollte gerne neben Mara sitzen bleiben, und um sich zu beschäftigen, notierte er, was ihm gerade in den Sinn kam. Zum Beispiel:
    » Trotz Sommerwärme manchmal der Eindruck, das Blut gefriert in den Adern. Stockt. Das ist der Pragmatismus. Anpassung an die Gegebenheiten = Verlust der Träume. Oder verlachen wir die Träume? Im mittleren Lebensalter werden wir alle zu Kaltblütern .« Fred starrte auf den See.
    » Duu, Mara ?«
    Mara schrieb etwas zu Ende, dann sah sie auf. » Ja ?«
    » Sind Fische Kaltblüter? Und was sind Kaltblüter eigentlich ?«
    » Kaltblüter ist ein alter Begriff. Wir sagen heute poikilotherms . Wechselwarme Tiere. Das heizt, sie pazzen ihre Körpertemperatur der Umgebung an .«
    » Sehr pragmatisch .«
    » Ja .«
    » Haben Fische Gefühle ?«
    » Sie haben Strezzhormone und Glückshormone .«
    » Also kennen sie Angst und Liebe ?« , fragte Fred.
    » Möglich«, antwortete Mara. » Aber wir dürfen nicht erwarten, dazz diese Gefühle den menschlichen Gefühlen gleichen .« Mara wandte sich wieder ihrem Block zu.
    Fred schaute auf den See und dachte an die Schwärme der kleinen Fische. Sie passten ihre Körpertemperatur der Umgebung an. Wenn die Sommersonne das Wasser erwärmte, wurde der Schwarm schwärmerisch und begann mit der Fortpflanzung. Im Winter schwimmen die Fische dann wohl nur so rum und suchen kaltblütig nach Nahrung.
    » Angekommen im Lebensalter des kalten Blutes .« Diese Wortspur hinterließ Freds Bleistiftspitze auf dem Papier. Manchmal wunderte er sich selbst darüber, welche Gedanken er absonderte. » Wie ist Liebe möglich, wenn man ahnt, wie sie ausgehen wird? Wie und warum dazu aufraffen, sich mit einem anderen Körper zu vermischen? Eine andere Seele zu erkennen? Wozu? Angepasst an die nachlassende Temperatur. Seelentemperatur. Alterungsprozess! Praktisch soll es sein. Pragmatisch. Wie bei Fischen .«
    Fred sah kurz auf, dann schrieb sein Bleistift in Großbuchstaben den Satz: » WIE IST LIEBE UNTER FISCHEN MÖGLICH ?« Er

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