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Liebe unter Fischen

Liebe unter Fischen

Titel: Liebe unter Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rene Freund
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Dann hatte sie wie bewusstlos geschlafen.
    Jetzt, in der Früh, wusste sie genau, was zu tun war. Sie würde keine Mail schreiben, sie würde anrufen. Jetzt. Sofort.
    » Hallo«, sagte Elisabeth, » hier spricht Lisi. Ich kann das nicht mehr. Ich schaff’s nicht mehr … Okay, in einer Stunde .«
    Die hat auch nie Zeit, wenn man sie anruft, dachte Elisabeth-Lisi. Jedenfalls nicht für mich. Sie holte den Vertrag aus der Nachttischlade. Den Vertrag, der am Anfang der ganzen Misere stand. Er steckte in einer Klarsichtfolie. Der Vertrag war mit der Hand geschrieben. Obwohl sie den Inhalt genau kannte, las sie ihn noch einmal durch:

    Vertrag
    zwischen
    Susanne Beckmann (Auftraggeberin)
    und
    Elisabeth Halbig (Auftragnehmerin)

    1) Vertragsziel ist es, den Autor Alfred Firneis zum Verfassen von Gedichten zu bewegen.
    2) Der Auftragszeitraum beläuft sich auf zehn Tage. Diese Frist kann nach Absprache verlängert werden.
    3) Die Auftragnehmerin erhält eine Tagespauschale von Euro 100 ,– sowie den Ersatz der Reisespesen (Benzingeld, Übernachtung).
    4) Falls der o. genannte Autor zwölf oder mehr Gedichte schreibt, wird ein Erfolgshonorar von Euro 50 ,– pro Gedicht fällig.
    5) Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, diesen Auftrag sowie die Identität der Auftraggeberin geheim zu halten.
    6) Die Auftraggeberin verpflichtet sich, das Pseudonym der Auftragnehmerin (Mara) zu respektieren und ihre wahre Identität nicht preiszugeben.
    Berlin, am 8. Juli, Unterschriften

    Hätte ich das bloß nie unterschrieben, dachte Lisi. Aber sie hatten so viel und so gut geredet auf Susannes kleiner Dachterrasse, wo sie zwischen Lorbeerbäumchen und Rosmarinsträuchern mittendrin saßen im Himmel über Berlin. Gut, ich war ein bisschen beschwipst, dachte Lisi. Eine Ausrede, die sie ihrem Mann, der schon lange ihr Ex-Mann war, nie hatte durchgehen lassen.
    Immerhin: Ich habe protestiert, dachte Lisi und sah aus dem Fenster auf die wiederkäuenden Kühe. Ich habe ihr gesagt: » Susanne, das ist die bescheuertste Idee, die ich je gehört habe .«

8 . Juli

    » Susanne, das ist die bescheuertste Idee, die ich je gehört habe .«
    » Er hat eine Depression. Oder ein Burnout. Oder beides«, sagte Susanne. » Weißt du, Lisi, du musst es so sehen: Du rettest damit auch einen Menschen !«
    An diesem lauen Juliabend erzählte Susanne Lisi alles, was sie über Alfred Firneis wusste: Von seiner Jugend in Wien, von seiner Mama im Altersheim, von seiner Ex-Freundin Charlotte, der Fernsehmoderatorin, die Lisi natürlich kannte, denn so lange war es nicht her, dass ihre Tochter den Kinderkanal geschaut hatte. Von Alfreds ungesundem Hang zu Wein. Von der zugemüllten Wohnung und dem Putzfimmel, der ihn in der Hütte erfasst hatte. Von seinen wunderbaren Gedichten. Von denen sie abhängig war. In erster Linie finanziell.
    » Wir hatten einen solchen Erfolg mit seinen beiden Gedichtbänden, dass ich übermütig geworden bin. Ich habe keine Rücklagen gebildet. Ich habe einige Bücher rausgebracht, von denen ich wusste, die sind zwar gut, aber die wird kein Mensch kaufen. Dann kamen die Steuernachzahlungen und die Steuervorauszahlungen, gleichzeitig .«
    » Frag deinen Bruder«, sagte Lisi. » Der ist doch reich .«
    » Mein Bruder ist pleite wie ich«, antwortete Susanne. » Er hat das Werk von Generationen in den Sand gesetzt. Ich wenigstens nur mein eigenes .«
    Lisi hatte Susanne noch nie so niedergeschlagen erlebt. » Das ist mein Lebenswerk, das da den Bach runtergeht«, sagte sie immer wieder. Und auch ihre beiden Angestellten und alle Autorinnen und Autoren, alle würden mit hinabgezogen. » Mein Bankberater redet immer von Krise und Klemme«, erzählte die Verlegerin. » Ich musste mich sehr zurückhalten, ihn nicht zu schlagen .«
    Als Ersatzhandlung nahm sie einen großen Schluck Prosecco und zerbiss krachend zwei weitere Grissini. » Wenn ich ein neues Buch von Alfred Firneis bringe, bekomme ich jeden Kredit der Welt .«
    » Das ist die bescheuertste Idee, die ich je gehört habe«, wiederholte Lisi. » Außerdem wird es nicht funktionieren, weil diese Dinge eben nicht so einfach funktionieren! Und das weißt du auch ganz genau .«
    Wieder zerbiss Susanne zwei Grissini.
    » Und bitte hör auf, so laut Grissini zu essen. Das macht mich nervös !«
    » Das sind Dinkelgrissini«, antwortete Susanne entschuldigend.
    » Die machen mich doppelt nervös !« Lisi fühlte sich unter Druck gesetzt. Drückerisiert, wie ihre Tochter gesagt hatte, als

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