Liebe unter Fischen
darstellte, leicht bekleidet für einen gewissen erotischen Touch der Indianerproduktion zu sorgen.)
Die Rubrik Film/Fernsehen fehlte komplett im Agenturprofil von Elisabeth Halbig aus Troisdorf bei Köln.
All das erwähnte Lisi aber nicht. Selbstmitleid ist peinlich, unproduktiv und weckt bei allen anderen kein Mitleid, sondern allenfalls Aggression, soviel hatte sie schon gelernt.
» Kann ich noch ein letztes Glas haben ?«
An der Art, wie Susanne nickte, merkte Lisi, dass es bald an der Zeit war, zu gehen. Eigentlich, dachte Lisi, während sie sich einschenkte, wäre es einfach nur blöd, Susannes Angebot abzulehnen. Das Engagement war kurz, ohne Erfolgszwang, menschlich interessant und an der frischen Luft. Und vielleicht sogar mit so etwas wie Selbstverwirklichung verbunden. Sie konnte die Schauspielerei wieder üben, Geld verdienen und vor allem: Sie würde eine gute Tat tun. Für ihre Freundin Susanne, aber auch für diesen Dichter, und letztendlich für die ganze Menschheit, der sie als Muse indirekt zu unsterblichen Gedichten verhelfen würde. Außerdem, das hatte sie bei dem letzten Seminar mit dem Titel » Lass deine Kraft fließen« gelernt, blockiert es deine Energie, wenn du dich im Widerstand zum Leben befindest.
Lisi stand auf und sagte: » Ich mach es !«
Susanne schien geradezu überrumpelt: » Wie ist das jetzt passiert ?«
» Ich habe nachgedacht .«
» Denk lieber noch einmal drüber nach .«
» Nein«, sagte Lisi bestimmt. » Lass uns einen Zettel schreiben, damit ich mich auch morgen noch daran erinnern kann .«
» Lass dir Zeit«, meinte Susanne. » Überschlaf das in Ruhe. Die Mission beginnt ohnehin erst in einigen Tagen .«
» Nein. Ich kenne mich. Ich brauche das schwarz auf weiß .«
Also setzten die beiden Freundinnen den Vertrag auf, mehr aus Jux denn aus Notwendigkeit, kopierten ihn in Susannes Drucker und unterschrieben ihn.
Lisi umarmte ihre Freundin zum Abschied und gönnte sich ausnahmsweise ein Taxi, um in ihre zu groß gewordene Wohnung in der Nähe des alten Flughafens Tempelhof zu fahren.
12 . Juli
» Wie heißt dein Fachgebiet ?«
» Ich bin Biologin und Ozeanologin .«
» Genauer ?«
» Gewäzzerforscherin .«
» Genauer ?«
» Binnengewäzzer .«
» Fachausdruck ?«
» Limnologie. Ich bin Limnologin .«
Das Wort kam Lisi auch nach dreitägigem Üben immer noch nicht ohne Zungenschlag über die Lippen.
» Schrecklich. Es klingt, als würde ich lallen. Lllimnollogie. Lllllimmmnolllogie .«
» Entspann dich«, beruhigte Susanne. Sie fand Freude daran, Lisi als Coach und als Regisseurin zur Verfügung zu stehen. Als Bühne diente das Wohnzimmer ihrer Hauptdarstellerin. Das brachte für Susanne den Zusatzvorteil, nur am Vormittag im Verlag zu sein, den drängenden Anrufen der Autoren und den vorwurfsvollen Blicken der Mitarbeiterinnen entgehen zu können.
Susanne dachte daran, wie sie Lisi kennengelernt hatte. Es war bei der ersten Probe zur Au ff ührung einer Dramatisierung von » Nebelschatten« gewesen. » Nebelschatten« war jener Roman aus der Liste ihres Verlags, der sich für eine Dramatisierung zweifellos am schlechtesten eignete. Deshalb war Susanne der Einladung zur Leseprobe gefolgt. Sie wollte ihre Autorin vor einem Fiasko bewahren, was sich in der Folge als unmöglich erwies. Aber das Zurückziehen der Aufführungsrechte hätte in der Branche wohl mehr Wirbel verursacht als die Au ff ührung Schaden, und so ließ Susanne das winzige Off-Theater walten. Die Leseprobe überstand sie jedenfalls nur Dank Lisi, die sich ständig über Marotten von Schauspielern lustig machte. Das konnte Lisi gut, weil sie die Marotten selbst hatte, aber gleichzeitig die Intelligenz, sie zu erkennen.
Als sie beispielsweise vom Regisseur unterbrochen wurde, warf sie ihr Manuskript mit der enervierten Handbewegung einer Diva von sich und schleuderte » Kinder, unter solchen Umständen kann ich nicht arbeiten !« , in die Runde, was großen Effekt machte. Sie lehnte es bereits im Vorfeld ab, den ihr zugeteilten Rollennamen Uschi zu akzeptieren. ( » Warum nicht gleich Muschi ?« ) Am meisten musste Susanne lachen, als Lisi, nachdem sie ihren ersten Satz ohne Unterbrechung vom Papier abgelesen hatte, ergriffen in die Runde blickte und fragte: » War ich gut ?«
Nach Probenende gingen Susanne und Lisi in dieselbe Richtung. Sie sprachen übereinstimmend von Hunger und einigten sich sehr schnell auf ein Thai-Lokal mit günstigen Mittagsmenüs. In der Folge
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