Liebe vor der Kamera
Tassen Kaffee zu mir genommen hatte, mixte ich mir
einen Bourbon und griff zum Telefon. Ich wählte Claude Vargas’ Nummer. Eine
kehlige, weibliche Stimme meldete sich.
»Gail Corinth ?« fragte ich.
»Ja. Wer spricht ?«
»Rick Holman. Ich hoffe, Ihre
Bemühungen am gestrigen Abend wurden von Erfolg gekrönt .«
»Sie meinen, Claude wieder zur
Ruhe zu bringen? O ja. War das alles, was Sie wissen wollten ?«
»Ich dachte mir, es wäre nett,
wenn wir uns einmal unter vier Augen unterhielten«, meinte ich. »Bei einem
Drink vielleicht?«
»Mit Claude wollen Sie nicht
sprechen ?«
»Ganz und gar nicht«, erwiderte
ich.
»Ich würde mich geschmeichelt
fühlen«, erklärte sie bissig, »wenn Sie für mich auch nur die geringste
Anziehungskraft besäßen, aber das ist nicht der Fall .«
»Es gibt eine andere
Möglichkeit«, versetzte ich. »Ich kann ja Vargas bitten, Ihnen die Fragen zu
stellen .«
»Aus Ihrem Munde klingt das wie
eine Drohung .«
»Freut mich, daß es mir
gelungen ist, mich verständlich zu machen«, stellte ich fest. »Möchten Sie
nicht zu mir kommen ?«
Ich gab ihr rasch die Adresse
an, bevor sie widersprechen konnte und legte auf.
Ungefähr eine halbe Stunde
später läutete es. Die Frau mit dem lohend blonden Haar stand auf der Veranda.
Hinter ihr in der Auffahrt stand ein schnittiger, ausländischer Sportwagen, so
knallrot wie der knapp sitzende Pullover, den Gail Corinth trug. Auch die weiße
Satinhose war bis zum Knie hinunter hauteng, wo sie plötzlich glockenförmig
auseinanderfiel.
»Sie sehen aus wie die Antwort
auf die Gebete eines sexhungrigen Matrosen«, stellte ich fest.
Die blauen Augen unter den
schweren Lidern blickten mich an.
»Ich bin der Traum jedes Matrosen, ob er nun nach Sex hungert oder
nicht«, erwiderte sie gelassen.
Wir gingen ins Wohnzimmer, und
sie ließ sich auf dem nächsten Barhocker nieder und schnalzte ungeduldig mit
den Fingern.
»Der Service hier ist nicht der
beste«, bemerkte sie kühl.
Automatisch trat ich hinter die
Theke.
»Was trinken Sie ?«
»Wodka auf Eis«, erwiderte sie.
Ich schob ihr den Drink hin.
»Ist Bill Wilson eigentlich ein
alter Freund von Ihnen, oder haben Sie seinen Namen gestern einfach so aus dem
Ärmel geschüttelt ?« fragte ich.
Sie schob schmollend die
Unterlippe vor.
»Und deswegen haben Sie mich
herkommen lassen? Um mich nach Bill Wilson zu fragen? Das hätte sich doch auch
telefonisch erledigen lassen. Aber bitte.« Sie blickte mich über den Rand ihres
Glases an. »Ich kenne Bill Wilson seit ungefähr zwei Jahren, aber es ist eine
ganz flüchtige Bekanntschaft. Sie fing mit einem Kunden an, der einen
unersättlichen Appetit auf Pornographie hatte. Ich entdeckte, daß Bills Laden
die größte Auswahl am ganzen Sunset Strip bieten konnte. Mein Kunde fraß die
Bücher förmlich, und Geld spielte bei ihm keine Rolle. Bill war so beeindruckt
von den Beträgen, die ich in seinen Laden trug, daß er sich eines Tages als
Eigentümer vorstellte. Seitdem sind wir miteinander bekannt, grüßen einander,
wenn wir uns treffen, aber das ist auch alles. Als ich hörte, daß der Film, der
Claude zugeschickt wurde, aus seinem Laden kam, dachte ich mir, die Sache wäre
am einfachsten für Sie, wenn Sie sich direkt an Bill wendeten. Das wär’s .«
»Wie viele Klienten haben Sie
außer Vargas ?« erkundigte ich mich.
»Keinen«, antwortete sie. »Fünf
Jahre lang habe ich für eine mittelgroße Künstleragentur gearbeitet und das
Geschäft von der Pieke auf gelernt. Wie alle anderen wartete ich auf die große
Chance, um mich endlich selbständig machen zu können. Ein Blick auf Claude
Vargas genügte mir, um zu wissen, daß hier die ersehnte Chance lag .«
»Eine augenblickliche
Verschmelzung zweier philosophischer Geister?«
»Er brauchte mich«, erklärte
sie gelassen. »Wenn er mich nicht gehabt, wenn ich ihn nicht unter meine
Fittiche genommen hätte, dann hätten die Blutsauger sich auf ihn gestürzt und
ihn bis aufs Letzte ausgenommen .«
»Ein geschäftliches Arrangement
also, das zu etwas Tieferem wurde ?« meinte ich. »Die
Geigen schluchzten, Mondlicht glitzerte am wolkenlosen Nachthimmel, und
plötzlich war die Liebe da .«
»Es ist so, wie ich es Ihnen gestern abend sagte, wir brauchen einander .« Ihre Stimme senkte sich zu einem Murmeln. »Wenn Sie es
genau wissen wollen, Holman, es ist eine krankhafte Beziehung. Im Grunde mögen
wir einander überhaupt nicht, doch immer wieder treibt uns dieses
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