Liebe – wie im Maerchen
schaukelnd auf den silbrig schimmernden Wellen dahin.
"Fühlst du dich jetzt besser?" fragte jemand hinter ihr.
"Nicht, dass du es bemerken würdest", antwortete sie, ohne sich umzudrehen. "Geh weg, Raschid. Ich kann jetzt kein weiteres Wortgefecht mit dir gebrauchen."
"Nein", erwiderte er ruhig. "Das sehe ich ..."
Sie hörte seine Schritte und erstarrte in Abwehr. Die Tränen kehrten mit Macht zurück. Evie schloss die Augen und ballte die Hände zu Fäusten, während sie fast damit rechnete, dass Raschid ihren Fingerzeig mit der ihm eigenen Arroganz ignorieren würde.
Angespannt lauschte sie in die Stille. Nach einer kleinen Ewigkeit vernahm sie hinter sich kein Geräusch mehr und atmete auf.
Wenigstens dieses eine Mal hatte Raschid anscheinend Feingefühl bewiesen und sie allein gelassen.
Mit einem tiefen Seufzer streifte Evie sich die hohen Sandaletten von den müden Füßen, löste ihr Haar und setzte sich in das trockene, kurz geschnittene Gras. Irgendwann würde sie sich zurück ins Schloss und in ihr Zimmer schleichen.
Morgen. Wieder seufzte sie. Der Morgen würde ihr neue, drängende Probleme bringen. Sie würde sich ihrer Mutter stellen müssen - und Raschid.
Irgendwo in der Dunkelheit rief eine Eule. Es klang klagend und einsam. Ein Fisch sprang über die glatte Oberfläche des Sees, und die Wellen, die er beim Eintauchen schlug, ließen den Brautstrauß erneut sanft schaukeln. Ich hätte das nicht tun dürfen, dachte Evie schuldbewusst. Sicher hätte es Christina sehr gekränkt, zu erfahren, welch ein kühles, nasses Grab ihr wunderschöner Strauß gefunden hatte.
Fröstelnd zog Evie die Knie an, beugte sich vor und lehnte müde die Stirn dagegen, so dass ihr das lange goldblonde Haar übers Gesicht fiel.
Als ihr fürsorglich ein Jackett um die Schultern gelegt wurde, war sie seltsamerweise nicht einmal überrascht. Wahrscheinlich hätte es sie mehr erstaunt, wenn Raschid tatsächlich gegangen wäre.
"Ich dachte, du wärst fort", sagte sie.
"Nein", antwortete er nur und setzte sich neben sie ins Gras.
Evie drehte das Gesicht und sah ihn durch den seidigen Vorhang ihres Haars an. Sein schönes, markantes Profil wirkte sehr ernst. Ihr Herz pochte in Liebe zu diesem Mann, als wollte es zerspringen.
Er wandte sich ihr zu. "Bist du jetzt bereit, mir zu sagen, was los ist?"
Nein, dachte sie unglücklich. Ich werde nie bereit sein! Sie wich seinem Blick aus und sah hinaus auf den See.
"Deine Mutter glaubt, du seist krank."
Liebeskrank und todunglücklich, dachte Evie. Laut sagte sie: "Ich bin nicht krank."
"Was, zum Teufel, ist dann mit dir los?" fragte er gereizt.
"Hatte ich dir nicht gesagt, dass ich heute kein weiteres Wortgefecht mit dir ertragen kann?" entgegnete sie heftig.
"Dann mach es nicht dazu! Du bist mein Leben, meine Liebe, mein Alles, Evie. Ich würde alles für dich tun, das weißt du."
"Außer mich zu heiraten", sagte sie und verwünschte im nächsten Moment ihre eigene Dummheit.
Raschid seufzte schwer. "Ist es das, was an dir nagt?"
"Nein", sagte sie und wollte aufstehen, aber Raschid legte ihr eine Hand auf den Arm und hielt sie zurück.
"Rede!" befahl er. "Oder gewöhne dich lieber an die unbequeme Aussicht, die Nacht genau hier zu verbringen."
Er meinte es ernst, das war ihm anzusehen. Seufzend gab Evie sich geschlagen, Raschid ließ ihren Arm los. Sie wandte das Gesicht von ihm ab, blickte starr auf den See hinaus und sagte schlicht: "Ich bin schwanger."
5. KAPITEL
Fairerweise musste man sagen, dass Raschid die Nachricht äußerlich bemerkenswert gefasst aufnahm. Er saß einfach nur da, schweigend und wie versteinert.
Für Evie aber war es viel schlimmer als alles, was sie sich zuvor ausgemalt hatte. Sie kannte Raschid so gut und wusste deshalb genau, was dieses Schweigen bedeutete. Für Raschid war in diesem Moment eine Welt zusammengebrochen. Seine äußere Ruhe war nicht nur Folge seiner Erziehung zur gefühlsmäßigen Zurückhaltung - nein, er war buchstäblich wie gelähmt vor Kummer.
"Sag etwas, frag etwas", drängte Evie ihn, als sie das Schweigen nicht mehr ertragen konnte.
"Was zum Beispiel?" erwiderte er betroffen. "Ich muss gestehen, es hat mir die Sprache verschlagen."
",Wie, wo und wann' wäre zum Beispiel ein guter Anfang", schlug sie heiser vor.
"Schön ..." Er wandte sich ihr langsam zu, doch Evie konnte es nicht ertragen, ihn anzusehen. "Wie?"
Sie zuckte müde die Schultern. "Ich weiß es nicht. Die Pille muss mich irgendwann im Stich
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