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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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auch. Eine dunkelhaarige, streng aussehende Hebamme zeigte mir, wie ich die
Monitore ablesen sollte, vor allem der Herzschlag des Kindes war wichtig, wenn die Frequenz dramatisch anstieg oder sank, sollte ich sie rufen, indem ich auf einen bestimmten Knopf drückte. Wenn sie auf null sank, sollte ich mir keine Sorgen machen, dann war wahrscheinlich nur der Kontakt unterbrochen. Sollen wir hier wirklich alleine bleiben, hätte ich gerne gefragt, tat es aber nicht, und ich fragte auch nicht, wie lange das Ganze dauern würde. Stattdessen nickte ich. Sie werde regelmäßig vorbeischauen, sagte sie, und damit waren sie weg.
    Kurze Zeit später setzten die Wehen in kürzeren Abständen ein. Und nach Lindas Verhalten zu urteilen waren sie nun bedeutend stärker. Sie schrie und begann, sich anders zu bewegen, es sah aus, als suchte sie nach etwas. Immer wieder veränderte sie unruhig ihre Stellung, und ich begriff, dass sie einen Fluchtweg aus dem Schmerz suchte. Es hatte etwas von einem Tier.
    Die Wehen gingen vorüber, und sie legte sich hin.
    »Ich glaube, ich schaffe das nicht, Karl Ove«, sagte sie.
    »Doch«, erwiderte ich. »Das ist nicht schlimm. Es tut weh, aber es ist nicht schlimm.«
    »Es tut so weh! So wahnsinnig weh!«
    »Ich weiß.«
    »Meinst du, du kannst mich massieren?«
    »Ja, klar.«
    Sie richtete sich auf, hielt das hochgeklappte Bettende umfasst.
    »Da?«, sagte ich.
    »Ein bisschen tiefer«, antwortete sie.
    Auf dem Bildschirm begann der Graph, stärker auszuschlagen.
    »Jetzt scheint eine zu kommen«, sagte ich.
    »Oh nein«, sagte sie.
    Sie stieg wie eine Gezeitenwelle. Linda schrie, weiter unten!,
änderte die Stellung, stöhnte, änderte erneut die Stellung, drückte die Finger, so fest sie konnte, um die Bettkante. Als die Kurve langsam wieder sank und die Gezeitenwelle dieses Schmerzes sich wieder zurückzog, sah ich, dass sich der Puls des Fötus extrem beschleunigt hatte.
    Linda sank in sich zusammen.
    »Hat die Massage geholfen?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte sie.
    Ich beschloss zu klingeln, wenn der Puls nach den nächsten Wehen nicht sank.
    »Ich schaffe das nicht«, sagte sie.
    »Aber ja doch«, widersprach ich. »Du machst das toll.«
    »Halt meine Stirn.«
    Ich legte die Hand auf ihre Stirn.
    »Jetzt kommt wieder eine«, sagte ich. Sie richtete sich auf, jammerte, stöhnte, schrie, fiel wieder in sich zusammen. Ich drückte den Knopf, und über der Tür begann ein rotes Schild zu blinken.
    »Der Puls ist sehr hoch«, sagte ich, als die Hebamme vor mir stehen blieb.
    »Hm«, sagte sie. »Wir werden den Tropf ein wenig zurückdrehen. Das war vielleicht ein bisschen zu viel des Guten.«
    Sie ging zu Linda.
    »Wie geht es Ihnen?«, sagte sie.
    »Es tut furchtbar weh«, sagte Linda. »Dauert es noch lange?«
    Die Frau nickte.
    »Ja, allerdings.«
    »Ich muss etwas bekommen, ich schaffe das nicht. Es geht nicht. Meinen Sie, ich könnte Lachgas bekommen?«
    »Dafür ist es noch ein bisschen früh«, meinte die Hebamme. »Die Wirkung lässt mit der Zeit nach. Deshalb ist es besser, es erst später zu nehmen.«
    »Aber es geht nicht«, sagte Linda. »Ich brauche es jetzt! Es geht nicht!«
    »Wir warten noch ein bisschen«, sagte sie. »Okay?«
    Linda nickte, und die Hebamme ging wieder hinaus.
    Die nächste Stunde verging im gleichen Stil. Linda suchte nach einem Weg, den Schmerz zu bewältigen, und schaffte es nicht, es war, als versuchte sie, ihm zu entgehen, während er auf sie eindrosch und schlug. Es mit ansehen zu müssen war furchtbar. Ich konnte nichts anderes tun, als ihr den Schweiß abzuwischen, die Hand auf die Stirn zu legen und ab und zu halbherzige Versuche zu starten, ihren Rücken zu massieren. In der Dunkelheit, die sich draußen herabgesenkt hatte, ohne dass es mir aufgefallen war, begann es zu schneien. Es war vier Uhr, anderthalb Stunden waren vergangen, seit die Geburt eingeleitet worden war. Das war nichts, das wusste ich, hatte es bei Kari Anne nicht zwanzig Stunden oder so gedauert, bis Ylva auf der Welt war?
    Es klopfte an die Tür, die kühle Hebamme trat ein.
    »Wie läuft es bei Ihnen?«, sagte sie.
    Linda drehte sich aus ihrer zusammengekauerten Körperhaltung um.
    »Ich will Lachgas!«, rief sie.
    Die Hebamme überlegte ein wenig. Dann nickte sie, ging hinaus und kehrte mit einem Ständer mit zwei Flaschen zurück, den sie vor das Bett stellte. Nachdem sie ein paar Minuten gewerkelt hatte, war alles bereit, und Linda bekam eine Maske in die Hand.
    »Ich würde

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