Lieben: Roman (German Edition)
Nazi-Deutschland, die ersten beiden Bände des Kapitals , Orwells 1984 , einen Roman, den ich nie gelesen hatte, eine Essaysammlung desselben Autors, ein Buch über Céline von Ekerwald, und den letzten Roman Don De-Lillos, bis Vanja meinem Treiben ein Ende machte und ich zur Kasse gehen musste. Den DeLillo-Roman bereute ich schon, als ich auf die Straße hinaustrat, denn obwohl ich einmal ein Fan von ihm gewesen war, vor allem von seinen Romanen Die Namen und Weißes Rauschen , hatte ich es nicht geschafft, mehr als die Hälfte von Unterwelt zu lesen, und da sein nächstes Buch ganz furchtbar gewesen war, schien er offensichtlich auf dem absteigenden Ast zu sein. Ich war kurz davor, kehrtzumachen und es umzutauschen, da ich einige andere Bücher gesehen hatte, die in der engeren Auswahl waren, zum Beispiel Harmonia Caelestis von Esterházy, das von seinem Vater handelte. Doch ich vermied es tunlichst, Romane auf Schwedisch zu lesen, es lag meiner eigenen Sprache zu nahe, drohte unablässig, in sie einzusickern und sie zu sabotieren. Wenn es den entsprechenden Titel auf Norwegisch gab, las ich ihn folglich auf Norwegisch, auch weil ich zu wenig in meiner Muttersprache las. Außerdem war ich etwas in Eile, wenn ich für Linda noch ein Mittagessen zubereiten wollte, bevor sie nach Hause kam. Und Vanja war unübersehbar der Meinung, dass sie schon genug von dieser Buchhandlung gesehen hatte.
In der Küche bereitete ich einen Geflügelsalat zu, schnitt Brot auf und deckte den Tisch, während Vanja auf dem Fußboden saß und mit ihrem kleinen Holzhammer auf die kleinen Holzbälle eindrosch, die daraufhin durch das Holzbrett fielen und eine Rinne hinunter und auf den Fußboden rollten.
Fünf Minuten durfte sie so weitermachen, dann hämmerte die Russin gegen den Heizkörper. Ich hasste das Geräusch und hasste es, darauf zu warten, aber andererseits war ihre Reaktion nicht ganz unberechtigt, denn dieses Hämmern hätte jeden in den Wahnsinn getrieben, so dass ich Vanja das Spielzeug abnahm, sie stattdessen ins Stühlchen setzte, ihr ein Lätzchen anzog und ihr eine Scheibe Brot mit Butter gab, als Linda zur Tür hereinkam.
»Hallo!«, sagte sie, kam zu mir und drückte mich an sich.
»Hallo?«, sagte ich.
»Ich war heute Morgen in der Apotheke«, sagte sie und sah mich mit leuchtenden Augen an.
»So?«, sagte ich.
»Ich habe einen Schwangerschaftstest gekauft.«
»So? Was willst du mir eigentlich sagen?«
»Wir bekommen noch ein Kind, Karl Ove!«
»Ist das wahr?«
Ich hatte Tränen in den Augen.
Sie nickte. Auch ihre Augen waren feucht.
»Ich freue mich so«, sagte ich.
»Ja, ich konnte in der Therapie über nichts anderes sprechen. Habe den ganzen Tag an nichts anderes gedacht. Es ist fantastisch.«
»Du hast es deiner Therapeutin gesagt, bevor du es mir gesagt hast?«
»Ja?«
»Was denkst du dir eigentlich? Glaubst du, es ist nur dein Kind? Du kannst das doch keinem anderen erzählen, bevor du es mir erzählt hast. Tickst du nicht mehr ganz richtig?«
»Oh, Karl Ove, es tut mir leid. Daran habe ich nicht gedacht. Ich war einfach so erfüllt davon. Das habe ich nicht gewollt. Bitte, das darf jetzt nicht zwischen uns stehen.«
Ich sah sie an.
»Nein«, sagte ich. »So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Wenn man das große Ganze betrachtet, meine ich.«
In der Nacht wurde ich davon wach, dass sie weinte. So schluchzend und elend, wie nur sie weinen konnte. Ich legte meine Hand in ihren Nacken.
»Was ist los, Linda?«, flüsterte ich. »Warum weinst du?«
Ihre Schultern bebten.
»Was ist los?«, wiederholte ich.
Sie wandte mir ihr Gesicht zu.
»Ich war nur pflichtbewusst!«, sagte sie. »Das war alles.«
»Was meinst du?«, sagte ich. »Wovon redest du?«
»Heute Vormittag. Ich bin in die Apotheke gegangen und habe den Test gekauft, weil ich so neugierig war, ich konnte einfach nicht länger warten! Und als ich dann die Antwort hatte, musste ich doch in die Therapie! Es ist mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen, einfach nach Hause zu gehen! Ich dachte, ich müsste da hingehen!«
Sie begann erneut zu weinen.
»Ich hätte doch nach Hause gehen und dir die fantastischen Neuigkeiten erzählen können! Sofort! Ich musste doch nicht unbedingt in die Therapie gehen!«
Ich strich ihr über den Rücken, durch die Haare.
»Aber Liebling, das macht doch nichts!«, sagte ich. »Das spielt doch überhaupt keine Rolle! Ich bin nur ganz spontan ein bisschen wütend geworden, aber das verstehe ich
Weitere Kostenlose Bücher