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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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Nase, Mund, Bauch, Knie, Fuß. Stirn, Augen, Ohren, Nase, Mund, Bauch, Knie, Fuß. Dann wurden unterschiedliche rasselartige Instrumente verteilt, mit denen wir rasseln sollten, während wir ein neues Lied sangen. Ich war nicht peinlich berührt, es war nicht beschämend, dort zu sitzen, es war demütigend und herabwürdigend. Alles war weich und freundlich und gut, alle Bewegungen minimal, und ich saß zusammengekauert auf einem Kissen und lallte zusammen mit Müttern und Kindern in einem Gesang, der zu allem Überfluss von einer Frau geleitet wurde, mit der ich gerne geschlafen hätte. Aber indem ich dort saß, war ich völlig unschädlich gemacht worden, ohne Würde, impotent, es gab keinen Unterschied zwischen mir und ihr, außer, dass sie schöner war, und diese Nivellierung, in der ich alles aufgegeben hatte, was mich ausmachte, sogar meine Größe, und das freiwillig, erfüllte mich mit Zorn.
    »Jetzt sollen die Babys ein bisschen tanzen!«, erklärte sie
und legte die Gitarre auf den Boden, stand auf und ging zu einem CD-Player, der neben ihr auf einem Stuhl stand.
    »Alle stellen sich in einen Kreis, und dann gehen wir erst in die eine Richtung, stampfen so mit den Füßen auf«, sagte sie und stampfte mit ihrem hübschen Fuß auf, »drehen uns einmal um uns selbst und gehen in die andere Richtung zurück.«
    Ich stand auf, hob Vanja an und stellte mich in den Kreis, der gebildet wurde. Ich schaute mich nach den anderen Männern um. Beide waren ganz auf ihre Kinder konzentriert.
    »Ja, ja, Vanja«, sagte ich leise. »Das Leben ist eines der schwersten, wie dein Großvater immer gesagt hat.«
    Sie schaute zu mir hoch. Bis jetzt hatte sie bei nichts von den Dingen angebissen, die von den Kindern gemacht werden sollten. Sie hatte nicht einmal eine Maraccas schütteln wollen.
    »Dann fangen wir an«, sagte die schöne Frau und drückte eine Taste auf dem CD-Player.
    Eine volksmusikartige Melodie strömte in den Raum, und ich ging den anderen hinterher, jeder Schritt im Takt der Musik. Vanja hielt ich mit einer Hand unter jedem Arm, so dass sie baumelnd vor meiner Brust hing. Dann wurde mit dem Fuß aufgestampft und sich im Kreis gedreht, bevor es wieder zurück ging. Viele fanden großen Spaß daran, man hörte Lachen und sogar vereinzelte Juchzer. Als das vorbei war, sollten wir mit den Kindern alleine tanzen. Ich wankte mit Vanja auf dem Arm umher und überlegte, dass es so in der Hölle aussehen musste, sanft und nett und voller fremder Mütter mit Babys. Als das vorbei war, begann eine Séance mit einem großen, blauen Segel, das erst das Meer sein sollte, so dass wir ein Lied über Wellen sangen und alle zusammen das Segel wiegten, woraufhin Wellen hindurchliefen, und daraufhin sollten ein paar Kinder darunter krabbeln, bis wir es plötzlich hochhoben, alles singend.
    Als sie sich schließlich für unser Kommen bedankte, eilte
ich hinaus und zog Vanja an, ohne den Blicken anderer Teilnehmer zu begegnen. Ich starrte zu Boden, während mich die Stimmen der anderen, nun fröhlicher als vorher, umschwirrten, setzte Vanja in den Wagen, schnallte sie an und schob sie so schnell es ging, ohne dass es auffiel, hinaus. Auf der Straße hatte ich große Lust, aus vollem Hals zu schreien und etwas zu zertrümmern. Aber ich musste mich damit begnügen, möglichst schnell möglichst viele Meter zwischen mich und diesen Ort der Schmach zu legen.
    »Du, Vanja, du, Vanja«, sagte ich, als ich den Sveavägen hinuntereilte. »Hat dir das jetzt Spaß gemacht? Es sah eigentlich nicht so aus, oder?«
    »Tha, tha, thaa«, sagte Vanja.
    Sie lächelte nicht, aber ihre Augen waren fröhlich.
    Sie zeigte.
    »Ah, ein Motorrad«, sagte ich. »Wie ist das eigentlich mit dir und den Motorrädern?«
    Als wir zum Konsum-Supermarkt an der Ecke Tegnérgatan kamen, ging ich hinein, um für das Abendessen einzukaufen. Das klaustrophobische Gefühl war zwar noch da, die Aggression jedoch verebbt, ich war nicht mehr wütend, als ich den Wagen zwischen den Regalen hindurch schob. Das Geschäft weckte Erinnerungen, denn dort war ich immer einkaufen gegangen, als ich drei Jahre zuvor nach Stockholm gezogen war und für ein paar Wochen in der Wohnung des Verlags Norstedts einen Katzensprung die Straße hinauf gewohnt hatte. Ich wog damals über hundert Kilo und bewegte mich in einer Art halb katatonischen Finsternis und war auf der Flucht vor meinem früheren Leben. Wahrlich keine schöne Zeit. Aber ich hatte beschlossen, mich herauszukämpfen, so

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