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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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schloss es ab, schaute durchs Fenster oder vielleicht eher sich selber an, öffnete die Tür und trat ein. Das Café war fast voll, aber sie sah mich sofort und kam zu mir.
    »Hallo«, sagte sie.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Ich gehe nur schnell was bestellen«, meinte sie. »Möchtest du auch noch etwas?«
    »Nein, danke«, sagte ich.
    Sie hatte rundere Formen als früher, das war das Erste, was mir auffiel, das fast jungenhaft Schlaksige war verschwunden.
    Sie legte eine Hand auf den Tresen und wandte den Kopf der Bedienung zu, die hinter der zischenden Kaffeemaschine stand. Ein Schwindel durchfuhr mich.
    Ich zündete mir eine Zigarette an.
    Sie kam zurück, stellte eine Tasse Tee auf den Tisch, setzte sich.
    »Hallo«, sagte sie nochmals.
    »Hallo«, sagte ich.
    Ihre Augen waren graugrün, und ich erinnerte mich, dass sie sich manchmal, scheinbar ohne jeden Grund, weiteten.
    Sie holte das runde Teesieb heraus, hob die Tasse zum Mund und blies auf die Oberfläche.
    »Lange nicht gesehen«, sagte ich. »Geht es dir gut?«
    Sie trank einen kleinen Schluck Tee und stellte die Tasse auf den Tisch.
    »Ja«, sagte sie. »Mir geht’s gut. Ich war gerade mit einer Freundin in Brasilien. Und danach bin ich direkt nach Visby gefahren. Ich bin noch gar nicht wieder richtig da.«
    »Aber du schreibst?«
    Sie verzog das Gesicht zu einer leichten Grimasse, sah nach unten.
    »Ich versuche es. Und du?«
    »Mir geht’s genauso. Ich versuche es.«
    Sie grinste.
    »Hast du das ernst gemeint, dass du in Stockholm wohnen willst?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Jedenfalls eine Zeit lang.«
    »Wie schön«, sagte sie. »Dann können wir uns verabreden. Ich meine, etwas zusammen unternehmen.«
    »Ja.«
    »Kennst du hier sonst noch jemanden?«
    »Nur einen Menschen. Er heißt Geir. Ein Norweger. Sonst niemanden.«
    »Aber Mira kennst du doch auch ein bisschen? Von Biskops-Arnö, meine ich?«
    »Stimmt, aber wirklich nur sehr flüchtig. Wie geht es ihr eigentlich?«
    »Gut, denke ich.«
    Wir blieben eine Weile wortlos sitzen.
    Es gab so viel, worüber wir nicht reden, so viel, worauf wir nicht eingehen konnten. Aber jetzt saßen wir hier, jetzt mussten wir uns über irgendetwas unterhalten.
    »Deine Erzählung, die in Vagant erschienen ist, war verdammt gut«, sagte ich. »Wirklich verdammt gut.«
    Sie lächelte und senkte den Blick.
    »Danke«, sagte sie.
    »Die Sprache war so unglaublich explosiv. Einfach so verdammt schön. Wie ein… tja, es ist nicht ganz leicht, über so etwas zu sprechen, aber … sie hatte etwas Hypnotisches, daran denke ich wohl.«
    Sie sah weiter nach unten.
    »Schreibst du jetzt Erzählungen?«
    »Ja, könnte man sagen. Jedenfalls Prosa.«
    »Ja. Das ist gut.«
    »Und du?«
    »Im Grunde nichts. Ich versuche seit vier Jahren, einen Roman zu schreiben, aber jetzt, kurz vor meiner Abreise, habe ich wieder einmal alles verworfen.«
    Es wurde erneut still. Ich zündete mir noch eine Zigarette an.
    »Schön, dich zu sehen.«
    »Ich freue mich auch«, sagte sie.
    »Bevor du gekommen bist, habe ich in einem Manuskript gelesen«, sagte ich und nickte zu dem Stapel, der neben mir auf der Couch lag. »Kristine Næss. Kennst du sie?«
    »Ja, allerdings. Ich habe zwar nichts von ihr gelesen, aber als ich die Ausbildung in Biskops-Arnö gemacht habe, hat sie mit zwei jungen männlichen Autoren unser Seminar besucht.«
    »Tatsächlich?«, sagte ich. »Das ist interessant. Sie schreibt nämlich über Biskops-Arnö. Ein Mädchen aus Norwegen, das dorthin geht.«
    Was zum Teufel machte ich da eigentlich? Worüber redete ich?
    Linda lächelte.
    »Ich lese nicht so viel«, sagte sie. »Ich weiß nicht einmal, ob ich eine richtige Autorin bin.«
    »Du, ja sicher!«
    »Aber ich erinnere mich an diesen Autorenbesuch aus Norwegen. Ich fand sie so unglaublich ambitioniert, vor allem die beiden Männer. Sie wussten so viel über Literatur.«
    »Wie hießen sie?«
    Sie holte tief Luft.
    »Der eine hieß Tore, da bin ich mir sicher. Sie kamen von Vagant .«
    »Ah, na klar«, sagte ich. »Dann waren das Tore Renberg und Espen Stueland. Ich erinnere mich, dass sie dorthin gefahren sind.«
    »Ja, stimmt genau.«
    »Das sind meine beiden besten Freunde.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Aber sie sind wie Katz und Maus. Sie können nicht mehr im selben Zimmer sein.«
    »Das heißt, du kennst jeden für sich?«
    »Ja, so könnte man es vielleicht ausdrücken.«
    »Ich fand dich auch sehr beeindruckend«, sagte sie.
    »Mich?«
    »Ja. Schon lange bevor

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