Liebenswerte Langhälse - über den artgerechten Umgang mit Gänsen
erfolgen (siehe Abschnitt „ Wenden “).
Nach dem Desinfizieren trocknen Bruteier auf einem Tortenteiler prima ab. (Foto: Marion Bohn-Förder)
Bruteier, die künstlich erbrütet werden sollen, dürfen nicht zu alt sein, höchstens zehn Tage. Ich lagere sie aber nie länger als sieben Tage und beginne dann mit der Bebrütung, da bei älteren Eiern die Schlupffähigkeit abnimmt.
Die natürliche Lagerung im Brutnest
Eier, die zur natürlichen Bebrütung im Nest gelagert werden, halten länger. Die ersten, die manchmal älter als zwei Wochen sind, können ebenso gut ausgebrütet werden wie frische. Das Geheimnis liegt hier in dem periodischen Erwärmen durch die Brutgans. Sie wärmt und wendet die Eier immer, wenn sie ein neues legt, und reibt sie dabei mit ihrem natürlichen Federfett ein. Das hilft, die Eier zu reinigen, beeinflusst die Schalendurchlässigkeit positiv und verleiht dem Ei durch das im Federfett enthaltene Lysozym einen zusätzlichen Schutzmantel. Bei unseren domestizierten Gänsen, die teilweise Ende Februar mit ihrer Eiablage beginnen, sollte man aber wegen der klimatisch ungünstigen Verhältnisse von einer natürlichen Lagerung absehen.
Reinigung
Leider fallen trotz aller Nesthygiene immer wieder einmal schmutzige Bruteier an. Wer diese künstlich erbrüten möchte, sollte sie vorher säubern, damit nicht mit dem Schmutz Bakterien in die Brutmaschine gelangen. Durch die Bruttemperatur und Luftfeuchte können sich Erreger rasant vermehren. Dringen sie durch die Schale ins Eiinnere, stirbt der Embryo ab. Zum Reinigen wird ein weiches Schwämmchen verwendet. Wurzelbürstchen oder raue Küchenschwämme sind keinesfalls geeignet, weil damit die ölige Schutzschicht des Bruteis zerstört würde und Bakterien ungehindert in das Ei eindringen könnten. Zudem verlieren die Eier ohne ihre Schutzschicht während der Bebrütung zu viel Feuchte.
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Die Reinigung sollte möglichst bald nach dem Legen erfolgen. Größere Dreckklumpen werden zunächst vorsichtig mit trockenem Sandpapier entfernt. Danach tupfe ich den Schmutz behutsam in reichlich lauwarmem Wasser ab, für jedes Ei verwende ich frisches. (Wichtig: Das Wasser muss immer wärmer sein als das Ei, damit sich der Eiinhalt nicht zusammenzieht und dadurch das Waschwasser und Bakterien durch die Schale angesaugt werden.) Nach der Reinigung werden die Eier mit Küchenpapier trocken getupft und auf ein Gitter gelegt. Ein klassischer Tortenteiler aus Kunststoff eignet sich dafür bestens. Hierauf haben die Eier eine geringe Auflagefläche, sodass die Luft um sie herum gut zirkulieren kann. Sofort im Anschluss werden die Eier desinfiziert. Geeignete Desinfektionslösung: 1 Milliliter Quatovet und 100 Milliliter heißes Wasser in einen Blumennebler geben, gut schütteln und die Eier von allen Seiten mit feinem Sprühnebel gleichmäßig benetzen. Im Anschluss müssen sie auf dem Gitter vollständig abtrocknen. Dabei einmal wenden, damit auch die Unterseite trocken wird. Danach werden sie beschriftet und eingelagert. Gewaschene und desinfizierte Gänseeier sollten keinesfalls länger als eine Woche gelagert werden. (Quatovet ist im Internet bei www.reimers.biz erhältlich.)
Kunst- oder Naturbrut?
Die Vorteile der Naturbrut liegen auf der Hand: Eine Brutgans erspart dem Züchter sehr viel Mühe und Zeit, weshalb sich immer mehr berufstätige Gänsehalter für die Naturbrut entscheiden und eine Rasse mit guten Bruteigenschaften wählen. Solche Gänse sind in der Regel gewissenhafte Brüterinnen und Führerinnen. Hier muss man sich um wenig kümmern, die Aufzucht der Gössel erledigen die Gänseeltern. Zudem werden Naturbrutgössel auch bestens sozialisiert und wachsen geborgen heran.
Doch die Naturbrut hat auch Nachteile. Nicht immer geht alles so glatt, wie man es erwartet. Der Erfolg hängt von der Witterung und von dem einzelnen Tier ab. Es gibt gewissenhafte Brüterinnen und andere, die zwar fleißig Eier legen, aber bei der Bebrütung versagen. Zu nervöse Gänse verlieren beim Schlupf ihrer Gössel manchmal die Nerven und wollen nachhelfen, indem sie die Eischale abknabbern. Das endet für den Nachwuchs nicht selten böse. Bei größeren Gelegen kommt es bei schweren Rassen während des Schlupfes auch schon einmal zu einem Verlust durch Erdrücken.
Der größte Vorteil der Kunstbrut ist sicher die Unabhängigkeit von klimatischen Gegebenheiten. Zudem wird durch mehrere Brutei-Einlagen (alle sieben Tage) verhindert, dass Bruteier zu alt werden.
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