ich so wütend, und mir war das alles so peinlich. Ich wollte nicht unverschämt sein, es ist nur so, dass ich wirklich enttäuscht war, als ich herausfand, dass Sie gar nicht Dylan sind. Ich bin sicher, Sie sind bestimmt eine sehr nette Frau, aber ichkenne Sie nicht, und es sind ja nicht nur Ihre Mails, sondern vor allem die Sachen, die ich wegen dieser Mails gemacht habe, die mir so peinlich sind. Zum Beispiel im Bett liegen und mir vorstellen, wie Dylan diese Mails an mich tippt, und mir überlegen, ob er meine letzte wohl gleich auf der Stelle beantworten wird. Und in manchen Nächten (na gut, in den meisten Nächten) habe ich mir auch noch vorgestellt, wie er diese ganzen Sachen persönlich zu mir sagt. An einem intimen Ecktisch in einem Café oder während wir diese total berühmte Straße mit dem Bogen in Paris langgehen oder an der Bushaltestelle von Ruislip Gardens. Deshalb komme ich mir so dämlich vor – das Beste, was mir seit ewigen Zeiten passiert ist, war alles nur eine Lüge. Ach, es ist so schwer zu erklären. Okay, stellen Sie sich mal vor, Sie sehen einen obdachlosen Mann, der in einem Hauseingang sitzt, und um seinen Kopf schwirren Fliegenschwärme, und sein Gesicht ist mit Staub und Schmutz beschmiert und so weiter, aber Sie rennen nicht wie alle anderen an ihm vorbei, sondern bleiben stehen und sprechen mit ihm, und dann sagen Sie ihm, dass alles wieder gut wird, weil sie haufenweise Geld haben und haufenweise Häuser und Sie ihm eine Wohnung und Geld geben wollen, damit er sein Leben in Ordnung bringen kann, damit es nie wieder ein einziger Haufen Schrott ist. Stellen Sie sich mal vor, wie glücklich er wäre und wie er aus dem schmutzigen Hauseingang aufstehen und die Straße entlanghüpfen würde zu der Adresse, die Sie ihm gegeben haben. Dabei würde er fröhliche Lieder singen, so wie dieses echt nervige Lied aus dem Zauberer von Oz , mit ganz hoher Stimme. Aber dann, wenn er dort ankommt, muss er feststellen, dass da nichts als eine alte Baustelle ist und dass es gar kein Haus und gar kein Geld gibt. Stellen Sie sich vor, wie er sich fühlen würde – noch viel schlechter als vorher, denn da hatte er ja wenigstens noch keine Hoffnung. Aber Sie haben das Allerschlimmste getan, denn Sie haben ihm Hoffnung gegeben, und dann haben Sie sie ihm wieder weggenommen. Nun, genauso fühle ich mich. Die ganze Zeit habe ich gedacht, dass Dylan wirklich – na ja, lassen wir das. Ich wollte nur, dass Sie wissen, wie mir zumute ist. Ich muss jetzt Schluss machen, denn ich habe meiner Mutter versprochen, dass ich mitdem Putzen fertig bin, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt, und bis jetzt habe ich nur die Schlafzimmer geschafft.
Hochachtungsvoll,
Georgie Harris
Von:
[email protected] An:
[email protected] Betreff: Re: Sorry – ein bisschen
Datum: Freitag, 28. Juli, 15:42
Liebe Georgie,
also, ich bin in meinem Leben ja schon mit einer ganzen Reihe von Dingen verglichen worden, aber eine alte Baustelle schlägt sie alle um Längen. Es tut mir so furchtbar leid. Das Problem ist, dass ich über meine Taten nie nachdenke, bevor ich sie begehe. Aber ich habe immer die allerbesten Absichten, das kann ich dir versichern. Lass mich dir ein Beispiel geben. Damals, als ich noch ein junges Mädchen war, was inzwischen so lange her ist, dass ich es mir kaum noch vorstellen kann, habe ich mir gern eingebildet, ein bisschen was von einer Kupplerin zu haben. Wenn ich alleinstehende Freundinnen hatte, betrachtete ich es als meine Pflicht, sie mit einem passenden Verehrer zu versorgen. Das Problem war, dass ich so sehr darauf versessen war, sie zu verkuppeln, dass ich dem Attribut »passend« manchmal nicht sonderlich viel Beachtung schenkte. Eines Sommers suchte meine damalige beste Freundin – ein Mädchen namens Anna, die gern in Marmelade getauchte Bananen aß und nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit einem Kaninchen hatte (sie hatte riesige Augen, übergroße Vorderzähne und farbloses, fellartiges Haar an den Seiten ihrer Wangen) – verzweifelt nach einem Seelenverwandten. Jeden Tag in diesem Sommer kam sie zu mir nach Hause, und wir sprachen stundenlang über den Mangel an brauchbaren Jungen in unserem Dorf, und dann warf sie sich auf mein Bett und jammerte,wir würden niemals die wahre Liebe finden. Für eine Möchtegern-Kupplerin wie mich war diese Gelegenheit einfach zu gut, um sie verstreichen zu lassen, und wie der Zufall es wollte, hatte auf der Farm meines