Lieber Dylan
ich immer wie eine Idiotin vor mich hin quasseln? Wenigstens habe ich nicht gesagt, es wäre ein zertrümmerter Kopf – LOL!! Aber es war in Ordnung, denn er kam zu mir herüber und sagte, seine Mutter hätte das Bild gemalt, und es wäre das Meer, und sie würde sich wirklich freuen, dass ich das erkannt hätte.
Wir verbrachten ungefähr eine Stunde mit der Arbeit an Bugsy Malone, und dann kam Jamies Mutter von der Arbeit nach Hause. Sie arbeitet in einem Tätowier-Studio in Ruislip Manor und entwirft Tätowierungen! Sie ist ECHT nett. Jamie hat ihr erzählt, dass mir ihr Bild gefällt, und sie hat mich ganz fest umarmt und mich Schatz genannt. Es war alles so anders als das, was ich erwartet hatte. Zuerst mal hatte ich gar nicht erwartet, dass wir zu ihm nach Hause gehen würden. Und zweitens hatte ich erwartet, dass seine Familie schrecklich sein würde. Warum, weiß ich nicht – vielleicht weil er so wehmütig lächelt? Aber seine Mum ist super, und obwohl ich seinen Vater nicht kennengelernt habe, scheint er auch echt nett zu sein. So wie seine Mutter über ihn spricht und ihn ihren Klammeraffen nennt, merkt man, dass sie ihn wirklich liebt. Jamie hat zwei ältere Brüder, aber keiner von ihnen wohnt noch zu Hause. Der eine ist verheiratet und hat zwei Kinder ungefähr in Michaelas Alter, er wohnt oben in Stevenage, und der andere zieht mit dem Rucksack durch Asien.
So, jetzt weiter. Nachdem wir also ein bisschen geprobt hatten – oh Nan, als er diesmal seinen Finger küsste und meine Nase berührte, war es, als hätte er den Kontrollknopf für die Schmetterlinge in meinem Magen gedrückt und sie auf Zeitraffer gestellt! Jedenfalls haben wir dann zu Mittag gegessen. Donna, Jamies Mum, hat uns Sandwiches mit Schinken und Würstchen und diesem echt lockeren Weißbrot gemacht. Und dann hat Jamie mich gefragt, ob ich sein Zimmer sehen möchte. Ich muss zugeben, dass mir zu diesem Zeitpunkt ein bisschen übel war. Ich war noch nie zuvor im Zimmer eines Jungen gewesen – na ja, jedenfalls nicht in dem von einem älteren Jungen, der eine solche Wirkung auf meine Wangen und meinen Magen hat. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also ging ich einfach hinter ihm nach oben, und mein Herz und die Schmetterlinge flattertenwie verrückt. Als wir oben ankamen, zeigte er mir seine Gitarren. Er hat zwei, eine blaue akustische und eine weiße elektrische, und er hat mir zwei Songs vorgespielt. Und dann haben wir uns die DVD von – oje, mir fällt der Titel nicht ein – angesehen. Ich weiß nur noch, dass der Film von einer Bande idiotischer Bankräuber handelte, die alles versauen, aber es trotzdem irgendwie schaffen, am Ende gut rauszukommen. Diesen Film anzusehen war ein bisschen so, als würde man versuchen, ein Buch zu lesen, nachdem man gerade die beste Nachricht seines Lebens erhalten hat. Man versucht, sich auf die Figuren und die Geschichte zu konzentrieren, aber sie ersticken praktisch unter einer Stimme im eigenen Kopf, die ganz andere Sachen schreit. In meinem Fall: »OH MEIN GOTT, DU SITZT MIT JAMIE PHELPS AUF EINEM BETT. DU SITZT AUF DEM BETT VON JAMIE PHELPS.« Und dann: »OH GOTT, WIR SIND UNS SO NAH, WIR BERÜHREN UNS JA FAST.« Und dann: »WIR BERÜHREN UNS!«
Es waren nur unsere Arme, die sich berührten, aber ich dachte, ich sterbe. Jetzt weiß ich, was es bedeutet, wenn in den Liebesromanen von der Mutter vom Ton-Zerstörer steht, dass »kleine elektrische Schläge direkt in Violets (oder wie immer die schmachtende Heldin heißt) intimste Zonen fuhren«. Gott sei Dank bin ich aber nicht gestorben. Noch nicht mal, als ich gesagt habe, ich müsste jetzt gehen, und er mich mit seinen großen braunen Augen ansah, mir sein Lächeln schickte und mich fragte: »Hast du Lust, heute Abend mit mir auszugehen?« Oder als er den Daumen auf meine Wange legte und so sanft wie ein Hauch darüber streichelte.
Und hier bin ich nun – zehn Minuten bevor ich ihn wiedertreffe. Meiner Mum habe ich erzählt, dass ich etwas mit Jessica unternehme. Es hat super geklappt, denn anscheinend hat Jessica den ganzen Nachmittag über versucht, mich anzurufen. Hmm, ich frage mich, warum?!! Und meine Mutter hatte ihre megagute Laune, also war sie total cool, als ich ihr sagte, dass ich weggehen will. Sie hat sogar gesagt, ich dürfte bis elf wegbleiben, denn ich hatte ihr erzählt, wirwürden ins Kino gehen. Als ich Jessica zurückrief, sagte ich zu ihr, ich könne jetzt nicht reden, weil ich gleich mit
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