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Lieber Dylan

Lieber Dylan

Titel: Lieber Dylan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Curham
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werde ich einfach mit dem Ende anfangen   – ich glaube, ich habe eine echte Verabredung! Ein »Date«! Auf Englisch ist das eine von diesen schrecklichen verschrumpelten, getrockneten Früchten, aber das meine ich nicht. Ich glaube, ich habe ein Date. Mit Jamie. Nun ja, ich denke, es hängt letzten Endes davon ab, wie man Date definiert. Aber ich habe den größten Teil des Tages mit ihm verbracht und bin jetzt unterwegs, um mich wieder mit ihm zu treffen. Denn er hat mich gefragt, ob ich heute Abend mit ihm ausgehe   – und das nennt man normalerweise ein Date, oder? Wenn ein Junge dich einlädt, dich mit ihm zu treffen, und zwar nicht, um deinen Text zu üben oder für die Schule zu lernen oder irgendwas Langweiliges in der Art. Die Sache ist aber   – es ist nicht so ein Date, wie man es in Büchern liest oder im Fernsehen sieht. Wir gehen nicht ins Kino oder Pizza essen oder so was. Und es werden auch andere Leute dabei sein, wir sind also nicht alleine. Hmm, ich glaube, ich muss eine Liste anlegen. Das rät Mum mir immer, wenn ich wegen irgendetwas in der Klemme sitze   – stell eine Liste mit allen Argumenten dafür und dagegen auf. Hier ist sie also:

    BEWEISE DAFÜR, DASS DER HEUTIGE ABEND EIN DATE IST:
    Jamie hat mich gefragt, ob ich Lust habe, heute Abend mit ihm auszugehen   – in genau diesen Worten.
    Er hat mir wieder sein schönes wehmütiges Lächeln geschickt, als er mich gefragt hat   – und er hat mit dem Daumen die Seite meines Gesichts gestreichelt.
    Ehrlich gesagt ist das einen eigenen Extra-Punkt wert   – er hat mit dem Daumen die Seite meines Gesichts gestreichelt, und es fühlte sich total romantisch an.

    BEWEISE DAFÜR, DASS DER HEUTIGE ABEND KEIN DATE IST UND DASS ICH NUR EIN BEDAUERNSWERTES DUMMCHEN BIN
    Wir gehen in den Mad Bess Wald   – nicht ins Kino oder zu Pizza Hut oder irgendwo anders hin, wo man typischerweise auf ein Date geht.
    Es werden auch andere Leute da sein   – Jamies Kumpels aus der Band und seine Freunde.
    Wir gehen zu einer »Jamming Session« am Lagerfeuer. Gehört das wirklich zu den Dingen, die man bei einem Date macht?

    Okay, also ist es am Ende vielleicht doch kein Date, aber ich gehe mit Jamie aus, und ich habe gerade den faszinierendsten Tag meinesLebens verbracht. Ich treffe mich mit ihm um acht Uhr am Kriegerdenkmal, aber erst mal muss ich dir erzählen, was heute passiert ist. Jetzt kommt also der Anfang meiner Geschichte: Als ich mich vorhin an der Bushaltestelle mit ihm getroffen habe, war mir das total peinlich. Es ist komisch, wenn man jemanden an einem anderen Ort oder in einer anderen Situation trifft als die, die man gewohnt ist, oder? Einmal, als ich etwa in Michaelas Alter war, habe ich meine Lehrerin Miss   Baldwin getroffen, als ich mit meiner Mutter und meinem Vater eislaufen war. Sie war mit einem Mann mit einem dichten braunen Bart zusammen, und sie war total geschminkt und trug goldenen Schmuck, und ich weiß noch, dass ich sah, wie sie sich am Rand der Eisbahn küssten. Ich war so schockiert, sie bei so etwas zu sehen, dass ich anfangen wollte zu weinen. Ich glaube, bis zu diesem Moment war mir noch nicht klar geworden, dass Lehrer auch ein Leben außerhalb der Schule haben. Ich nehme an, ich muss gedacht haben, sie würden sich, wenn wir alle nach Hause gegangen waren, zusammen mit den Büchern und Malkästen im Schrank verstauen. Aber wie auch immer, jedenfalls erinnere ich mich, dass es mir wirklich peinlich war, als ich sie dort traf, und genauso fühlte ich mich heute, als ich sah, wie Jamie da in seiner Jeans und seinem Kapuzen-Sweatshirt an der Bushaltestelle stand. Außerhalb der Schule und des Theater-Workshops wirkte er älter, und für den Bruchteil einer Sekunde überlegte ich, ob ich in den wartenden Bus springen und wegfahren sollte, ohne dass er mich bemerkte. Aber ich hatte keine Chance, denn bevor ich auch nur irgendwas tun konnte, hörte ich ihn rufen: »He, Blousey, was ist los?« Und dann konnte ich nicht anders, als zu lächeln, obwohl   – welche Überraschung   – meine Wangen wieder mal zu glühen begannen. Ich habe mal in einer Zeitschrift gelesen, dass man sich, wenn man vermeiden will, dass man rot wird, vorstellen muss, einem sei total eiskalt. Also habe ich mir heute, während ich auf Jamie zuging, vorgestellt, ich wäre ein nackter Eskimo, der unter einer Lawine eingeklemmt ist und ein Eis am Stiel leckt, aber es machte überhaupt keinen Unterschied. Meine Wangen brannten immer noch, als

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