Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieber Dylan

Lieber Dylan

Titel: Lieber Dylan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Curham
Vom Netzwerk:
einen Platz, sodass du alles gut sehen kannst.« Michaela sah mich mit großen Augen an. »Kommt Debbie denn auch zu Winnie Pooh?«Noch immer begriff ich nicht, was passiert war. »Nein, du Dummchen, das Stück heißt nicht Winnie Pooh, es heißt Bugsy Malone.« Michaela befreite sich zappelnd aus meinen Armen und lief hinüber zu Mum. »Es heißt nicht Bugsy Malone, stimmt’s, Mum? Es heißt Winnie Pooh.« Ich sah Angelica an, aber sie starrte nur auf ihre Hände hinunter, und dann nickte sie langsam. »Was meinst du?«, fragte ich und setzte mich ihr gegenüber an den Tisch. »Wovon redet sie denn?«
    »Daddy geht mit uns die Winnie Pooh Show in der Stadt anschauen«, sagte Michaela. »Du kommst auch mit, Georgie, wir gehen alle zusammen.« Schockiert sah ich meine Mum an. »Was soll das heißen? Heute Abend?« Wieder nickte sie. »Aber wir können doch nicht! Was ist mit Bugsy Malone?« Endlich sah Mum mich an. »Es tut mir leid«, murmelte sie. »Er hat die Karten gekauft. Ich muss gehen.« Mir war zumute, als müsste ich mich über den ganzen Tisch übergeben. »Und was ist mit mir?«, fragte ich atemlos wie ein dummes, kleines Kind. Mum sandte mir ein schwaches Lächeln. »Das geht in Ordnung. Wir haben ihm gesagt, dass du heute deine eigene Aufführung hast und nicht mitkommen kannst«, antwortete sie, als ob dadurch alles wieder gut wäre. »Aber du kommst nicht?«, fragte ich, und in meiner Kehle schwoll ein riesiger Knoten aus zurückgehaltenen Schluchzern an. Sie schüttelte den Kopf und sah wieder nach unten. Ich wollte sie anschreien. Ich wollte ihr sagen: Aber ich spiele doch eine der Hauptrollen. Ich bin auch deine Tochter, warum muss sich immer alles um Michaela und ihn drehen? Ich wollte ihr sagen: Ich hasse dich, du bist ein erbärmlicher Feigling. Aber es war, als hätten die Schluchzer in meiner Kehle ein Siegel gebildet, das nichts nach außen dringen ließ. Ich stand auf. Ich ging nach oben. Ich putzte mir die Zähne und wusch mir das Gesicht und zog mich um. Dann ging ich die Treppe wieder nach unten, und ohne Auf Wiedersehen oder sonst was zu sagen, öffnete ich die Tür und ging hinaus. »Ach, die Dame geht aus«, rief der Ton-Zerstörer mir hinterher, seine Stimme gekünstelt heiter, als ob er in Wahrheit sagen wollte: »Haha, ich habe gewonnen!« Ich ignorierte ihn und ging weiter. Ich ging weiter, bis ich in die Hauptstraße kam, wo ich versuchte, dich anzurufen. Und jetzt bin ich im Internet-Café und tippe das hier und weiß nicht, was ich machen soll.
    Ich habe mich so darauf gefreut, dass sie kommen würde, aber sie hat mich wieder enttäuscht. Weshalb hat sie überhaupt gesagt, sie kommt, wenn sie es gar nicht ernst meinte? Warum muss sie ihm am Ende immer erlauben, seinen Willen durchzusetzen? Er muss mich ja wirklich hassen, wenn er so etwas tut, oder? Wir gehen nie zusammen als Familie aus, um uns Shows anzusehen. Nie. Er wusste, heute ist mein großer Abend, und deshalb musste er losziehen und ihn ruinieren.
    Ich versuche mir vorzustellen, was du mir raten würdest, aber mein Hirn ist total leer. Ich nehme an, Oprah würde sagen, sei dankbar für das, was du hast. Nun gut, ich atme also den Duft des Kaffees hier im Internet-Café ein und versuche, so gut ich kann, dankbar zu sein, aber mir wird übel davon. Vielleicht würdest du mir sagen, die Show muss weitergehen? Und ich soll mit erhobenem Kopf losgehen und die beste Aufführung meines Lebens hinlegen? Ich glaube, du würdest mir sagen, dass ich fabelhaft bin. Ich glaube, du würdest sagen, wenn ich erlaube, dass diese Sache mir die Aufführung ruiniert, dann habe ich den Ton-Zerstörer gewinnen lassen. Und damit hättest du recht. Er mag in der Lage sein, Mum klein zu machen, aber mich kriegt er nicht unter.
    ICH BIN FABELHAFT. FABELHAFT. FABELHAFT.
    Ich mache mich jetzt auf den Weg ins Gemeindezentrum und werde dort ein bisschen unter dem Weidenbaum sitzen. Meine Gedanken rasen so schnell, dass ich irgendwo hingehen muss, wo es ruhig und friedlich ist. Aber was immer auch passiert, ich werde nicht zulassen, dass er mich besiegt, Nan, keine Sorge.
    Alles Liebe,
    Georgie xx

Teil Sechs

    Die Show geht weiter

Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Betreff: Re: Guter Morgen, schlechter Abend   ...
    Datum: Freitag, 18. August, 22:45

    Verdammt und noch mal verdammt! Warum bin ich nur nie da, wenn du mich am meisten brauchst? Es tut mir leid, dass ich nicht hier war, als du vorhin angerufen hast, ich bin mit

Weitere Kostenlose Bücher