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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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kleine Schweizer. «Nichts ist gut! Schon von alters her soll das Weib keine Geheimnisse nicht haben vor ihrem Manne, weil das ist nicht gut!»
    «Sogar sehr gut», sagte ich zu beiden und denke bei mir: So lange es meiner Sonja gelingt, mich so zu überraschen, wie jetzt mit Jakob und der Kupplungsscheibe, so lange wird unser Zusammenleben nicht in Gewohnheiten ersticken. Wer Geheimnisse hat, bleibt interessant …
     
    Es wurde ein langes und sehr schönes Frühstück. Als die Sonne schon recht hoch stand und die Schafe draußen bereits am Wiederkäuen waren, legte sich Jakob erst mal aufs Ohr. Und ich, der Hürlimann-Kupplungsscheiben-Wechsel-Assistent, bereitete nach Anweisung des Meisters alles vor für die große Operation. Säuberte die kleine Betonfläche in der Scheune, sorgte für helles Licht, indem ich die beiden Halogenstrahler aus Wohnzimmer und Bibliothek kurzerhand abbaute und in der Scheune aufstellte und dann, ja dann durfte ich, ausgestattet mit einer ausdrücklichen Sonderspezialgenehmigung vom Hürlimann-Gott höchstpersönlich, Hürlimann fahren. Zehn Meter weit. Von seinem Standplatz bis zum Operationssaal in der Scheune. Was für ein Tag!

[zur Inhaltsübersicht]
    Trennung
    Die Worte, die ich am Nachmittag dieses Tages am meisten verwendete, waren: «Aha», «verstehe», «begriffen» und «toll». Der absolute Spitzenreiter aber war das Wort «Hä?».
    Ich hatte viel zu lernen an der Seite des Hürlimann-Gottes Jakob. Die erste Lektion ließ meinen kleinen Schweizer jubeln: Ordnung! Bevor Jakob den Hürlimann auch nur mit einer Fingerspitze berührt hatte, schuf er ein Ordnungssystem. Legte lange Bretter über zwei Holzböcke: der Operationstisch. Er stellte volle Kanister mit Motorenöl, Getriebeöl, Hydrauliköl und Kühlerflüssigkeit sowie die entsprechende Anzahl leere Kanister für das alte Motorenöl, Getriebeöl, Hydrauliköl und die Kühlerflüssigkeit in Reih und Glied an die Wand. «Damit wir eine vollständige Bluttransfusion chönd mache, weisch», verkündete Dr. Jakob.
    «Aha», machte ich.
    Dann schloss er das Batterieladegerät an die Steckdose. «Für die Wiederbelebung nach dä Narkose», kommentierte er.
    «Verstehe», sagte ich.
    Dann wuchtete er Tonnen von Werkzeug von der Ladefläche seines Pick-ups und breitete es auf dem Operationstisch aus, geordnet nach Art, Verwendungszweck und Dimension. Schraubenschlüssel, Ratschen, Abzieher, Gewindeschneider, Zangen, Schraubenzieher, Schieblehren, Abisolierer, dazu Dutzende von eigenartigen Dingen, die ich nicht identifizieren, geschweige denn benennen konnte. Alles glitzerte und funkelte in meiner Scheune wie der Schatz vom Silbersee.
     
    «Mensch, Jakob», staune ich, nachdem all dies vollbracht ist. «Was du da alles mitgeschleppt hast. Aber ich hätte hier doch auch Werkzeug gehabt, wenigstens einen Teil davon.»
    «Von wo?», fragt er.
    «‹Wovon› heißt das», korrigiere ich.
    «Nein, von
wo
», beharrt er. «Von wo hascht du dein Werchzüüg? Von Baumärkten und so?»
    Ich nicke.
    «Weisch, Dieter», Jakob legt mir die Hand auf die Schulter, «ich bin z’ arm für billiges Werchzüüg.» Er sieht wohl an meinem Gesichtsausdruck, dass ich nicht kapiert habe, und setzt erklärend hinzu: «Das Baumarkt-Glump kostet zvill. Vill zvill Ärger und Zeit.»
    «Begriffen», sage ich.
    Jakob drapiert nun Dosen, Tiegel und Töpfchen mit Schmierfett, Silikon, Kontaktöl, Rostlöser, Öllöser, Teerlöser, Bremsbelagreiniger, Unterbodenreiniger und Ähnlichem neben das Werkzeug. «Fürs Facelifting nachhär», bemerkt Professor Jakob.
    «Toll.»
    Schließlich befestigen wir einen schweren Kettenzug an einem Balken über dem Operationsfeld. «Damit wir ’s Motörli herausheben können», erklärt Prof. Dr. Dr. Jakob.
    «Hä?», staune ich. «Wir müssen den ganzen Motor …?»
    «Sonst kommen wir nöd ans Getriebe ran. Wir müssen ihn ja trennen.»
    «Hä, wen? Den Getriebe?»
    «Dä Hürlimaa.» Ein strenger Blick von Jakob trifft mich.
    «Du meinst den Motor.»
    Jakob blickt ratlos nach oben und stöhnt.
    «Versteh schon», behaupte ich, «ich verstehe ja schon. Du meinst den Motor. Also den Motor vom Traktor trennen, begriffen.»
    «Ich meine
zerscht
dä Motor vom Traktor», doziert Jakob, «und
dänn
de Traktor usenand tränne.»
    «Hä?», mache ich.
    «Ja, wir müssen den Traktorvorderteil vollständig vom Hinterteil tränne, oder, also dä Vorder- quasi us em Hinterteil herausziehen, verstehst du? Usenand mache

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