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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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Strubbelfrisuren, um dann begrüßungstechnisch abermals nach Frankreich zu wechseln und unsere Häupter mit urchigen Schmatzern einzudecken.
    Schließlich habe ich mir ausreichend Gewissheit verschafft, dass es sich nicht um eine Illusion handelt, dass er wirklich und materiell da ist. Nicht in Träumen, nicht in Verdrängungen, nein, im Hier und Jetzt. Jakob, in Amerika!
    «Hat aber schon noch gedauert, bis es bei dir glüütet hät, oder?», sagt Jakob schließlich und versetzt mir als finale Aktion des Begrüßungs-Europa-Marathons in echter Brandenburger Manier einen leichten Boxhieb in die seitlichen Weichteile.
    «Gmmpf», antworte ich und lächele verlegen. «Kann man so sagen, Jakob, die Gründe erkläre ich dir später. Jetzt mach ich uns erst mal einen starken Kaffee und ein Frühstück!»
    «Guter Plan», stellt Jakob fest. «Ausladen tu ich dann nachher, ich hol nur schnell das Säckli … wart.»
    Er geht zu seinem in Würde gealterten, neben der Hofmauer geparkten schwarzen Pick-up, dessen gepflegter Lack so edel in der Morgensonne glänzt, als sei das Fahrzeug erst gestern vom Band gerollt, angelt eine weiße Plastiktüte vom Beifahrersitz und überreicht sie mir.
    «E chly Tilsiter vom Alphorn-Chäser, mit einem Grüäsli, und ein paar Servelats von Joweid-Metzger», kommentiert er.
    Ich stecke die Nase in die Tüte und sauge den Duft des Käses und der Wurst gierig ein. Servelat! Der Schweizer an sich schätzt diese altbewährte, knackwurstartige Spezialität nicht wirklich besonders hoch. Allenfalls bei Schützenfestbesuchen oder als Bergwanderungsproviant wird diese Nationalwurst – gewissermaßen als Dienst an der Tradition – verkonsumiert. Der Auslandschweizer an sich jedoch beginnt sich unweigerlich nach dieser bis dahin eher verachteten Arme-Leute-Köstlichkeit zu verzehren. Aus dem einfachen, aber psychologisch interessanten Grund, dass außerhalb der Schweiz, also fast auf der ganzen Welt, an sie nicht ranzukommen ist. Ich schnüffele noch mal am Säckli. «Mmmhh», mach ich, «super, Jakob, dass du an Servelats gedacht hast, das wird ja ein De-Luxe-Frühstück.»
    «Also, dann nämed mer’s doch jetzt ändli, das Z’morge», versetzt er und bewegt sich zielstrebig Richtung Haustür.
    «Stopp, Jakob!» Ich halte ihn am Oberarm zurück. «Besser, wir schleichen uns vom Garten her ins Haus, dann kannst du Sonja auch noch überraschen. Ihr Gesicht möchte ich sehen, wenn du da plötzlich in der Küche stehst. Du hast ihr doch vorher am Telefon nicht etwa gesagt, dass du hier bist?»
    «Vorig? Nei, da hab ich nur gfröget, öb du schon wach bischt.»
    «Super, die wird staunen, die Sonja, die haut’s glatt auf den Hintern, du!»

[zur Inhaltsübersicht]
    Konspiration
    Auf Katzensohlen schleichen wir durch die gartenseitige Tür in die Küche. Sonja steht, von uns abgewandt, am Tisch und ist gerade dabei, Schrippen in einen großen Brotkorb zu füllen.
    «Rat mal, wer da ist …», will ich ansetzen, da sehe ich es: Der Frühstückstisch ist bereits üppig gedeckt – für drei Personen!
    «Jööh, so e schöns z’ Morge», ruft Jakob. «Hoy, Sonja!»
    Statt vor Überraschung den Brotkorb fallen zu lassen, dass die Schrippen nur so purzeln, platziert ihn Sonja seelenruhig auf den Tisch, wendet sich um und umfängt Jakob in einer herzlichen Umarmung.
    «Ja, Zeit wird’s», lacht sie, «ich dachte schon, ihr kommt überhaupt nicht mehr rein und seid schon beim Hürlimann mit eurer Kupplungsscheibe.»
    Jakob presst Sonja an seinen Bauch, hebt sie hoch und dreht sich mit ihr einmal um die eigene Achse. Dann stehen die beiden nebeneinander und schauen mich mit großen Kinderaugen an.
    «Isch öppis?», fragt Jakob grinsend.
    «Ditaaaaaa … was is ’n?», macht Sonja.
    Mein Gesichtsausdruck muss dem eines Hundes gleichen, dem man den Knochen weggenommen hat.
    «Aber …», stammele ich. «Aber, Jakob, du hast doch gemeint, du hast nichts gesagt.»
    Sonja sieht ihn scharf an: «Du was gesagt?»
    «Nei», sagte Jakob zu ihr und an mich gewandt, «nei», wieder zu Sonja: «zu ihm nüüt» und zu mir: «Vorher am Telifon nüüt.»
    «Aber», machen Sonja und ich im Chor.
    «… aber», unterbricht Jakob, «aber als das Kuppligsschibli bei mir eingetroffen gsy isch, da hab ich öppis gesagt, zu Sonja.»
    «Wie?», frage ich ungläubig. «Was?»
    «Wie was?», retourniert er.
    «Was hast du ihr gesagt?»
    «Hä dänk, dass ich mit em chume. Also mit em Kuppligsschibli, zu euch. Ich komm doch

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