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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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Aufruhr. «Alles in Ordnung, Teddy!», rufe ich. Er braucht mehrere Sekunden, bis er mich lokalisiert hat und sein bleich gewordenes Gesicht langsam in meine Richtung schwenkt. «Alles gut, Teddy, es ist nur die Kupplungsscheibe.» Ich gehe auf ihn zu, packe ihn an beiden Oberarmen. «Alles … ist … gut!», suggeriere ich ihm wie ein Varieté-Hypnotiseur seinem auf die Bühne genötigten Opfer.
    «Wat’n mit dir los?» Teddy versucht rückwärts auszuweichen. «Ham se dir die Fresse versengt im UFO ? Ganz schwarz biste!»
    «Hä? Verbrannt? Nein!» Ich muss lachen. «Das ist nur Karrenschmiere, Teddy. Wir reparieren den Hürlimann, der Jakob und ich.»
    «Nu lass mir doch ma los», protestiert er und macht sich frei. «Hätt’ste ja och ma warnend wat sagen können. Da erschrickt man sich ja zu Tode, wenn man so unvorbereitet det Durcheinander sehen tut und euch Vögel dazu.» Teddy hat sich wieder im Griff. «Reparieren nennste det also, Dieter, wa? Icke nenn det ramponieren. Und wer is dette?» Er deutet mit dem Kopf in Richtung Jakob.
    «Das ist Jakob, der beste Hürlimann-Mechaniker der ganzen Schweiz.»
    «Abend», sagt Teddy und bewegt sich nun, den diversen Hürlimann-Teilen geschickt ausweichend, auf Jakob zu. «Icke bin Teddy, der zweitbeste Schafscherer von janz Deutschland.» Und schiebt nach: «Von die neuen
und
die gebrauchten Bundesländer, wohljemerkt.»
    Jakob kommt ihm entgegen. «Ah, du bist also der Teddy, der Schaf-Fachmann! Hab schon viel von dir gehört, ich bin der Jakob, freut mi.» Er strecke Teddy die Hand entgegen, doch der schlägt nicht ein, sondern stemmt seine Fäuste in die Hüften.
    «Bleib mir bloß wech mit deine Gummiflossen, det tut mir an Spital erinnern, da will ich nix am Hut haben mit.»
    «Ah so, ja, kann ich gut verstehen.» Jakob lacht gutmütig. «Ich hab’s auch nicht so mit den Herren Chirurgen.»
    «Und jetze?», will Teddy wissen und fixiert Jakob wie ein Lehrer den Jungen, der die Wandtafel beschmiert hat. «Wat haste dir denn dabei gedacht?»
    «Was meinst du?», fragt Jakob mit Unschuldsmiene.
    «Na, dette hier, det Janze. Det sieht ja aus hier wie inne Traktor-Resterampe.»
    «Na ja, so ein Hürlimann besteht halt aus ein paar tuusig Einzelteili», rechtfertigt sich Jakob.
    «Tausend? Millionen sind dette!» Teddy dreht sich, die Hände immer noch in die Hüfte gestemmt, um die eigene Achse und verschafft sich einen Überblick. «Det kannste mir nich weismachen, dass de hier noch durchblicken tust, bei all die Teile, wa!»
    «Ich hoffe schon, aber wenn morn z’ Abig der Hürlimann wieder läuft und wir finden noch ein paar Teili, wo wir vergessen haben einzubauen, dann kannst du die dann gerne als Andenken ha, oder?» Jakob zwinkert mir zu.
    Teddy starrt ihn ungläubig an. «Morgen Abend?»
    «Spätestens übermorgen», mische ich mich ein. «Sagt Jakob …»
    Teddy wendet sich zu mir. «Sacht Jakob, ja? Na, wenn der det sagen tut. Jetz sach
ich
dir mal wat: Dieser Metallhaufen wird morgen nich und übermorgen nich und überhaupt nie wieder loofen. Und fahren schon jar nich. Det war et, nu is ausgehürlimannt. Da hast ’n schweren Fehler begangen, Dieter, ’n sehr schweren Fehler, det sach
icke
dir!»
    «Ah, du bist also einer vom Fach?», schaltet sich Jakob wieder ein.
    Mir scheint, dass er sich allmählich doch leicht in seiner Mechaniker-Ehre gekränkt fühlt. «Nein, Teddy», versuche ich den drohenden Streit im Keime zu ersticken, «kein Fehler, sondern die einzige mögliche Lösung. Wenn einer diesen Traktor wieder fit machen kann, dann mein Freund Jakob. Ich vertraue ihm zu tausend Prozent.»
    «Dein Freund, wa?», fragt Teddy verwundert. «Na denn … denn mag er ja vielleicht in Ordnung sein, so als Mensch, wa. Aber eines is ooch klar: Hier, bei uns, tut man seinem Freund so was nich antun. Dett man dem sein Trecker so übel zurichten tut.» Er richtet sich wieder an Jakob. «Det haste janz richtig erkannt: Icke bin einer vom Fach! Vom Fach der Böcke und Schafe. Aber dett kann selbst ’n blinder Schäfer sehen, oder egal von welchem Fach der sein tut, ’n Blinder sieht jedenfalls, det dette» – sein Arm beschreibt einen Halbkreis über die beiden ausgeweideten Hürlimann-Hälften –, «det dette niemals nie wieder heile wird!»
    Jakob steht wie vom Donner gerührt mit offenem Mund da. Jetzt baut sich Teddy vor mir auf. «Kannst einem leid tun, Dieter, echt.» Er greift nach meiner Hand, dreht sie mit der Fläche nach oben, zieht seine

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