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Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Lieber einmal mehr als mehrmals weniger

Titel: Lieber einmal mehr als mehrmals weniger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Moor
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bis siebenhundert. Was, wenn’s mehr kostet?»
    «Dann helf ich dir aus. Ich hab ja auch noch öppis Weniges deby.»
    «Danke, Jakob.»
    «Jetzt mach dir doch kein Chopf, vilicht sind’s ja au nur 450 .» Jakob knufft mich in die Schulter und steigt voller Tatendrang aus. Er dreht sich um, steckt den Kopf zurück ins Wageninnere und verkündet: «Folgende Plan – wir bauen heute den Hürlimann komplett zusammen, bis auf d’ Vorderachse und das Lenkgestänge. Wir bocken ihn vorne uuf und stützen ihn mit Holzpaletten ab. Morn holen wir das Herzbölzli, montieren es ein, und dann zeigen wir aber den Amerikanern, was ein Hürlimaa isch!» Spricht’s, knallt die Tür zu und eilt mit Siebenmeilenschritten Richtung Scheune.

[zur Inhaltsübersicht]
    Verbrecher
    Am nächsten Morgen ließen wir den Umweg über die Werft-Leitung aus und fuhren direkt zur Dreherei. Wir fühlten uns leicht ramponiert, immerhin hatten wir schon die zweite Nacht mit «Spätschicht» hinter uns. Aber Jakob hatte darauf bestanden, das von ihm ausgerufene Timing einzuhalten. Überrascht hatte ich festgestellt, dass er unter Zeitdruck keineswegs «schneller» arbeitete, in dem Sinne, dass er hektischer oder unruhiger geworden wäre. Er ging Schrittchen für Schrittchen vor, ähnlich wie ich das auch von Teddy kannte, der scheinbar langsam arbeitete, aber erstaunlich schnell vorankam. Und Jakob blieb exakt bis zur Pingeligkeit. «Wenn wir das hier schon offen haben, dann putzen wir doch schnell noch diese Zah-Rädli, oder, so gschwind kommen wir an die nicht mehr ran.»
    Kurz, wir bauten den Hürlimann nicht nur einfach wieder zusammen, wir verpassten ihm, quasi als erwünschte Nebenwirkung der Kupplungsscheiben-Operation, auch gleich eine Wellness-Kur mit Tiefenwirkung. Wäre der gute alte Hürlimann eine Katze gewesen, er hätte geschnurrt. Gegen ein Uhr Nachts funkelte er wieder in seiner ganzen Pracht im gleißenden Licht unseres OP s und präsentierte sich als ganzer Traktor. Allerdings mit einer Menge untergeschobenem Holz, dort, wo sich eigentlich eine Vorderachse samt Rädern hätte befinden müssen.
    Ich war erschöpft ins Bett gefallen, mit freudigem Herzklopfen einerseits, wenn ich an den funkelnagelneuen Herzbolzen dachte, den wir morgen einbauen würden, anderseits beschleunigte sich mein Puls noch mehr, wenn ich mir vorstellte, wie wir womöglich in der Werft stehen würden, um beschämt zu bekennen: «Wir haben zu wenig Geld dabei …»
    Wir waren noch früher als am Vortag losgefahren. Es hatte ja geheißen «gleiche Zeit», aber wir hatten ja zusätzlich den Umweg nach Schmachthagen zu bewältigen, zum Geldautomaten, bevor wir Kurs auf die Werft nehmen konnten. Fast pünktlich, kurz nach sieben, stoppten wir den Jeep exakt neben dem Kippeneimer vor der Dreherei. Und vor Sandros Füßen.
     
    «Morgen, Jakob», begrüßt er uns. «Guäte Morgä, Sandro», sagt Jakob. Ein Handschlag wie unter alten Kumpels. Ich trete hinzu. «Dieter», stelle ich mich vor. «Jo», sagt Sandro und schüttelt mir ebenfalls die Hand.
    «Habt ihr’s anen bringen können?», fragt Jakob.
    «Aber logo doch», brummt Sandro, schnippt seine Kippe weg und dreht sich zur Tür. «Bin gleich wieder da.»
    Er kehrt mit dem alten Herzbolzen in der Hand zurück. In der anderen trägt er ein von Öl dunkel gefärbtes Putztuch. Er überreicht Jakob den alten Bolzen, dann schlägt er das Tuch auf und …
    «Wow», mache ich unweigerlich. Der neue Bolzen glänzt in der Sonne wie Silber. Auf dem dreckigen Putzlappen wirkt der massive, schlanke Titanium-Zylinder teuer. Richtig teuer. Viel teurer als 500  Euro. Auch teurer als 1000  Euro. Ich schlucke leer. Was Jakob bemerkt, jedoch falsch interpretiert.
    «Schön, hä? Da staunsch, oder?», strahlt er mich an. Dann greift er feierlich nach dem Herzbolzen, wie ein frisch gekrönter Kaiser nach dem Zepter greifen würde, und inspiziert das Werkstück mit wohlgefälligem Kennerblick.
    «Auf den Fünfhundertstel genau. Mit zweiter Nut, wie bestellt», informiert uns Sandro.
    «Guäti Arbet, erschtklassig», sagt Jakob anerkennend, fast ehrfürchtig.
    «Weißte ja noch gar nicht. Hast ’n ja noch nicht abgenommen», entgegnet der Hagere.
    «Also dänn», sagt Jakob und zaubert aus der Seitentasche seines Overalls eine Schieblehre mit Digitalanzeige; offensichtlich hat er, das Kontrollritual erwartend, sein Messgerät heute Morgen in weiser Voraussicht eingesteckt. Er nimmt Sandros Putzlappen, geht in die Hocke,

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