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Lieber Feind

Lieber Feind

Titel: Lieber Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Webster
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Knien in der Erde wühlen. Ist es nicht komisch, was für Gärtner-Instinkte der knospende Frühling sogar in den städtischsten Seelen erweckt?
    Den Morgen habe ich damit verbracht, kleine Privatgärten für jedes Kind über neun zu planen. Das große Kartoffelfeld ist verurteilt. Es ist der einzig mögliche Ort für zweiundsechzig Privatgärten. Es ist so nah, daß man es von den Nordfenstern aus beobachten kann, und doch genügend weit entfernt, daß ihre Schmutzerei nicht unseren hochgeschätzten Landschaftsrasen verdirbt. Außerdem ist die Erde gut, und sie haben etwas Aussicht auf Erfolg. Ich will nicht, daß die armen Hühner den ganzen Sommer scharren und dann am Ende keine Schätze herausholen. Um einen Ansporn zu geben, werde ich verkünden, daß die Anstalt ihre Erzeugnisse kaufen und in echtem Geld bezahlen wird, obwohl ich voraussehe, daß wir unter einem Berg von Radieschen begraben sein werden.
    Es ist mir so darum zu tun, Selbständigkeit und Initiative in diesen Kindern zu entwickeln, zwei handfeste Eigenschaften, an denen es ihnen merklich fehlt (mit Ausnahme von Sadie Kate und einigen anderen Bösen). Kinder, die genügend Geist haben, » böse zu sein, halte ich für sehr vielversprechend. Aber die, die nur aus Lahmheit brav sind, sind die Hoffnungslosen.
    Die letzten paar Tage wurden vor allem damit verbracht, den Teufel aus Punch wegzuzaubern, eine interessante Aufgabe, wenn ich meine ganze Zeit damit verbringen könnte; aber von einhundertundsieben weiteren kleinen Teufeln, die auszutreiben wären, ist meine Aufmerksamkeit schmerzlich abgelenkt.
    Das Schlimme bei diesem Leben ist, daß, was ich auch tun mag, die anderen Dinge, die ich nicht tue, aber tun sollte, mich dauernd am Rock ziehen. Es gibt keinen Zweifel darüber, daß Punchs persönlicher Teufel die Aufmerksamkeit einer ganzen Person benötigt — wenn möglich von zwei Personen —, so daß sie sich gegenseitig feien und etwas Ruhe finden könnten.
    Sadie Kate ist gerade vom Kindergarten hereingestürzt mit der Meldung, daß eins unserer Babys einen scharlachroten Goldfisch (Geschenk von Gordon) verschluckt hat. Barmherzigkeit! Was für eine Unzahl von Katastrophen in einem Waisenhaus auftreten können !
    Neun Uhr abends —
    Meine Kinder sind im Bett, und ich habe gerade eine Idee gehabt. Wäre es nicht wunderbar, wenn auch bei den menschlichen Jungen der Winterschlaf üblich wäre? Es wäre doch ganz vorzüglich, eine Anstalt zu leiten, wenn man einfach die kleinen Lieblinge am ersten Oktober in ihre Betten stopfen und bis zum zweiundzwanzigsten April dort behalten könnte.
    Ich bin, wie immer
    Eure Sallie.

24. April.
    Lieber Jervis Pendleton, Hochwohlgeboren!
    Dies soll ein Nachttelegramm ergänzen, welches ich Dir vor zehn Minuten sandte. Da fünfzig Worte nicht genügten, um Dir eine Ahnung meiner Gefühle zu übermitteln, füge ich hiermit noch tausend hinzu.
    Wie Du wissen wirst, wenn Du dies erhältst, habe ich den Farmer entlassen, und er weigert sich, sich entlassen zu lassen. Da er doppelt so groß ist wie ich, kann ich ihn nicht bis zum Tor schleifen und hinauswerfen. Er braucht eine Mitteilung des Präsidenten des Aufsichtsrats, die auf offiziellem Papier maschinengeschrieben und in kräftiger Sprache abgefaßt ist. Also, lieber Präsident des Aufsichtsrats, bitte, liefere dies alles so schnell wie möglich.
    Hier folgt die Geschichte des Vorfalls:
    Da bei meiner Ankunft noch Winter herrschte und die landwirtschaftliche Tätigkeit kaum bemerkbar war, hatte ich Robert Sterry wenig Aufmerksamkeit geschenkt, abgesehen davon, daß ich zweimal feststellte, seine Schweineställe bedürfen der Reinigung; aber heute habe ich ihn rufen lassen, um die Frühjahrsbestellung mit ihm zu besprechen.
    Sterry kam, wie erbeten, setzte sich bequem in meinem Büro hin und behielt den Hut auf dem Kopf. Ich regte so taktvoll wie möglich an, daß er ihn entfernen möge, was absolut notwendig war, weil kleine Waisenknaben dauernd mit Bestellungen herein- und herausliefen, und „im Hause Hüte ab“ unsere erste Vorschrift für männliches Benehmen ist.
    Sterry erfüllte meinen Wunsch, und versteifte sich darauf, gegen alles zu sein, was ich wünschen könnte.
    Ich ging zum Thema über, nämlich, daß der Speisezettel des John-Grier-Heims im kommenden Jahr weniger ausschließlich aus Kartoffeln bestehen soll. Dazu grunzte unser Farmer irr der Art des ehrenwerten Cyrus Wykoff, nur war es ein weniger zartes und herrenmäßiges Grunzen als das,

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