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Lieber Onkel Ömer

Titel: Lieber Onkel Ömer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ihren Bäumen »die Erde ein klein bisschen erträglicher« gemacht. Mehmet pflegte die dicke Beule auf seinem
     Kopf, sein Kumpel hatte aus Versehen nicht das Schaufenster, sondern ihn getroffen. Und Eminanim hatte wie immer zwei Kilo
     zugenommen.
    Kurz danach klingelte es an der Tür, und ich wurde von drei Polizisten abgeholt.
    »Jungs, ich hab Nedims Kopf nicht abrasiert! Ich hab wirklich nichts gegen Bayern München. Hier, schauen Sie, ich hab sogar
     immer ein Uli-Hoeneß-Autogramm bei mir in der Geldbörse«, jammerte ich im Polizeirevier.
    Der Kommissar brüllte mich an:
    »Herr Engin, wir haben eindeutige Videobeweise und Dutzende Zeugenaussagen, dass der vermummte Täter, der die Scheiben bei
     der Deutschen Bank eingeschlagen hat, aus Ihrem Wagen ausstieg. Auch die radikale Umweltschützerin, die in dem neuen Industriegebiet
     gesetzeswidrig versucht hat, Bäume zu pflanzen, stieg aus Ihrem Ford-Transit. Sogar eine der fetten türkischen Frauen, die |96| verbotenerweise mitten im Naturschutzgebiet gegrillt haben, wurde von Ihnen dort abgesetzt. So was nennt man hierzulande ›Organisiertes
     Verbrechen‹!«
    »Aber Herr Kommissar, das sehen Sie völlig falsch. Das war unser Beitrag gegen den Stellenabbau bei Ihrer Behörde. Also die
     ›1.-Mai-Solidaritäts-Aktion der Familie Engin für die Arbeiterklasse innerhalb der Polizei‹. So macht man das in der Türkei
     immer«, grinste ich und versuchte meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
    Was mir aber leider nicht gelang. Ich muss für diese gesamte »1.-Mai-Solidaritäts-Aktion der Familie Engin« 3650 Euro Strafe
     zahlen. In fünf Monatsraten. Ich gehe jetzt mal schweren Herzens die erste Rate überweisen.
     
    Lieber Onkel Ömer, ich küsse Dir, Tante Ülkü und allen Älteren in unserem schönen Dorf ganz herzlich mit großem Respekt die
     erfahrenen Hände und allen Jüngeren mit viel Liebe die hübschen, unschuldigen Augen.
    Eminanim und die Kinder grüßen Euch selbstverständlich auch und küssen den Älteren mit viel Respekt die Hände und den Jüngeren
     mit viel Liebe die Augen.
     
    Pass gut auf Dich auf, bleib gesund, iss genug Knoblauch und danke fünfmal am Tag Allah und der weisen türkischen Regierung,
     dass bei Euch in der Türkei der 1. Mai verboten ist und dass Du an diesem Tag weiterhin im Männercafé Deiner ehrlichen Arbeit
     nachgehen darfst.
     
    Dein Dich über alles liebender Neffe aus dem kalten, ungerechten Alamanya

    |97| PS: Lieber Onkel Ömer, vor einigen Tagen fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass diese Frau Ümmüyanim, schon rein optisch,
     Eminanims Tochter sein könnte. Daraufhin habe ich mir sofort meine Frau geschnappt und gefragt:
    »Eminanim, die Ümmüyanim sieht aber viel jünger aus als du. Entweder du bist zwanzig Jahre hintereinander sitzengeblieben,
     oder sie war ein Genie und hat im Alter von zwei Jahren mit dem Studium angefangen.«
    »Erstens ist sie, wie gesagt, eine Antiäidsching-Expertin und pflegt sich richtig, und zweitens ist sie bisher von Ehemännern
     verschont geblieben! Erst recht von solchen, die Osman heißen!«, meinte sie trocken.
    Lieber Onkel Ömer, eine gewisse Logik steckte schon in dieser Antwort, obwohl ich dabei nicht so gut wegkam und danach nicht
     gut schlafen konnte.
    Ich wünsche Dir aber eine angenehme Nacht! Schlaf gut!

Muttertag
    Mein lieber Onkel Ömer,
     
    wie geht es Dir, und wie geht es meiner lieben Tante Ülkü? Wie geht’s der hübschen Kuh Pembe, wie geht’s der schwarz gepunkteten
     Ziege Fatima, wie geht’s Deinem störrischen Esel Tarzan, und wie geht’s unserem guten alten Dorfvorsteher Hüsnü?
     
    Lieber Onkel Ömer, was ein Muttertag ist, weißt Du ja, denke ich mal. Schließlich hast Du ja auch irgendwann mal eine Mutter
     gehabt. Ich bin mir deshalb so sicher, weil das meine liebe Oma war. Ich musste für sie damals nichts tun, denn den Omatag
     hatte man früher noch nicht erfunden. Den Muttertag aber schon. Das ist jedes Jahr immer der zweite Sonntag im Mai. Und wie
     sollte es anders sein, natürlich haben ihn amerikanische Geschäftemacher erfunden. Gestern las ich in der Zeitung, dass auch
     in Deutschland schon 1928 ein erbitterter Kampf unter den Muttertagsgeschenkeverkäufern getobt hat. Die Blumenverkäufer, die
     Porzellanhändler, Süßwaren- und Bekleidungsgeschäfte sowie die Parfümerien machten sich gegenseitig fertig. Der Verband der
     Blumenhändler schaltete zum Beispiel große Zeitungsanzeigen mit tollen Sprüchen wie:

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